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Arbeitsrecht 2021: Alles Corona oder was?

Die Corona-Pandemie hat im vergangenen Jahr das gesellschaftliche sowie wirtschaftliche Leben gleichermaßen dominiert. Auch das bevorstehende Jahr 2021 lässt eine unverändert gravierende Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Aktivitäten und damit der ganzen Arbeitswelt erwarten. Die Politik ist daher im Wesentlichen neben der Eindämmung der Virusverbreitung damit befasst, die nachteiligen Auswirkungen der Pandemie für die Wirtschaft so weit wie möglich zu begrenzen. Die aktuell relevanten Corona-Regelungen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind nachstehend (siehe A.) zusammengefasst. Pandemie-unabhängige Neuerungen bringt das Jahr 2021 mit wenigen Ausnahmen (darunter das Arbeitsschutzkontrollgesetz, siehe B.) hingegen nicht. Wichtige Themen – Neugestaltung des Arbeitszeitgesetzes infolge der EuGH-Rechtsprechung oder Umsetzung der Whistleblower-Richtlinie – stehen zur finalen Erledigung aus (siehe C. sowie Fußnote 1).

A. COVID-19 und Arbeitsrecht

I. Kurzarbeit (was gilt in 2021?)

Auf der Grundlage des sog. Beschäftigungssicherungsgesetzes (BeschSiG) sowie der Ersten Verordnung zur Änderung der Kurzarbeitergeldverordnung und der Zweiten Verordnung über die Bezugsdauer für das Kurzarbeitergeld sind die Sonderregelungen für die Kurzarbeit im Wesentlichen verlängert worden. Im Einzelnen:

  • Die Regelung zur Erhöhung des Kurzarbeitergeldes (auf 70/77 % ab dem vierten Monat und 80/87 % ab dem siebten Monat) wird bis zum 31.12.2021 für alle Beschäftigten verlängert, deren Anspruch auf Kurzarbeitergeld bis zum 31.3.2021 entstanden ist.
  • Die Bezugsdauer für das Kurzarbeitergeld wird für Betriebe, die mit der Kurzarbeit bis zum 31.12.2020 begonnen haben, auf bis zu 24 Monate verlängert, längstens bis zum 31.12.2021.
  • Die bestehenden befristeten Hinzuverdienstregelungen werden insoweit bis zum 31.12.2021 verlängert, als dass Entgelt aus einer während der Kurzarbeit aufgenommenen geringfügig  entlohnten Beschäftigung anrechnungsfrei bleibt (vgl. § 421c Abs. 1 SGB III). Die weitergehenden Regelungen zur beschränkten Hinzuverdienstmöglichkeit über eine geringfügig entlohnte Beschäftigung hinaus wurden demgegenüber nicht verlängert.
  • Die in § 1 Kurzarbeitergeldverordnung (KugV) genannten Zugangserleichterungen zum Kurzarbeitergeld (Mindesterfordernisse, negative Arbeitszeitsalden) werden bis zum 31.12.2021 verlängert für Betriebe, die bis zum 31.03.2021 mit der Kurzarbeit begonnen haben.
  • Die vollständige Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge während der Kurzarbeit (§ 2 KugV) wird bis 30.6.2021 verlängert. Vom 1.7.2021 bis 31.12.2021 werden die Sozialversicherungsbeiträge zu 50 % erstattet, wenn mit der Kurzarbeit bis 30.6.2021 begonnen wurde.
  • Die Öffnung des Kurzarbeitergelds für Leiharbeitnehmer (§ 3 KugV) wird bis zum 31.12.2021 verlängert für Verleihbetriebe, die bis zum 31.03.2021 mit der Kurzarbeit begonnen haben.   

II. Entgeltfortzahlung wegen Krankheit/Kinderkrankengeld – Entschädigung bei Kita- und Schulschließungen

  1. Bei der Entgeltfortzahlung wegen Krankheit ergeben sich auch bei einer Erkrankung durch das Coronavirus keine Änderungen. Seit dem 19.10.2020 kann die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit bei Versicherten mit Erkrankungen der oberen Atemwege, die keine schwere Symptomatik aufweisen, wieder auch nach telefonischer Anamnese erfolgen. Die Krankschreibung gilt für bis zu sieben Tage und kann danach für weitere sieben Tage verlängert werden. Diese Ausnahmeregelung gilt zunächst bis zum 31.03.2021 und gilt im Übrigen auch, wenn ein Kind erkrankt.
  2. In der Praxis als problematisch erwiesen haben sich die Auswirkungen der regelmäßig kurzfristigen Schließungen von Schulen und Betreuungseinrichtungen sowie der Anordnung von Quarantänemaßnahmen gegenüber betreuungsbedürftigen Personen. Denn zum einen sind die Urlaubsansprüche der betreuenden Personen – zumeist Eltern – endlich, zum anderen hilft ein Verweis auf § 616 BGB – so er nicht ohnehin vertraglich ausgeschlossen ist – zumeist nicht weiter, da sich der Vergütungsanspruch nach dieser Vorschrift auf eine „verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit“ beschränkt und somit bei einer zweiwöchigen Schließung oder Quarantäne nicht anwendbar ist. Ausgehend hiervon hat der Gesetzgeber den bestehenden Entschädigungsanspruch für erwerbstätige Personen nach § 56 Abs. 1a IfSG für Fälle ausgeweitet, in denen eine Betreuung erforderlich wird, weil aus Gründen des Infektionsschutzes Schul- oder Betriebsferien angeordnet oder verlängert werden oder die Präsenzpflicht in einer Schule aufgehoben wird. Die Entschädigung beträgt 67 % des Nettoeinkommens und wird für bis zu zehn Wochen, im Fall von alleinerziehenden Personen für bis zu 20 Wochen, gewährt. Die Zahlung ist dabei auf einen monatlichen Höchstbetrag von 2.016 Euro begrenzt.
  3. Dem sich im Rahmen des andauernden Lockdown unverändert stellenden Problem der Vereinbarkeit von Arbeit, Home-Schooling und Kinderbetreuung begegnet der Gesetzgeber darüber hinaus mit dem geänderten § 45 Abs. 2a SGB V (siehe Fußnote 2). Danach gilt im Einzelnen für gesetzlich Versicherte Folgendes:
  • Das sog. Kinderkrankengeld ist auch dann zu zahlen, wenn arbeitende Eltern in der derzeitigen Corona-Phase ihre Kinder im Alter bis 12 Jahre aufgrund geschlossener Schulen und Kitas oder Aussetzung des Präsenzunterrichts zu Hause betreuen müssen.
  • Der Anspruch besteht auch dann, wenn die Kinder gesund sind, aber deren Betreuung notwendig ist, weil Betreuungseinrichtungen und Schulen aus Gründen des Infektionsschutzes geschlossen sind, ihr Betreten verboten, die Präsenzpflicht aufgehoben oder die Kinderbetreuung eingeschränkt ist. Eltern müssen die Betreuungsnotwendigkeit z.B. durch eine Bescheinigung der Einrichtung nachweisen.
  • Der Anspruch gilt auch für Eltern von Kindergartenkindern, wenn die Einrichtung im Notbetrieb ist und eine Betreuung nicht mehr sicherstellen kann.
  • Die Zahlung, die ansonsten je Elternteil für 10 Tage je Jahr von der Krankenkasse gewährt wird, wird für maximal 20 Tage je Elternteil und Jahr oder 40 Tage für Alleinerziehende geleistet.
  • Die Krankenkasse erstattet 90% des Nettoentgeltes ohne Deckelung, bemessen auf die Beitragsbemessungsgrenze. Der Anspruch auf Kinderkrankengeld ist damit deutlich höher als der Entschädigungsanspruch nach § 56 Abs. 1a IfSG, allerdings zeitlich begrenzt.
  • Das Kinderkrankengeld können auch Eltern beantragen, die theoretisch im Homeoffice arbeiten könnten. Voraussetzung ist, dass es im Haushalt keine andere Person gibt, die das Kind betreuen könnte.
  • Der Anspruch gilt rückwirkend ab dem 05.01.2021. Bei Inanspruchnahme ruht für beide Elternteile der Anspruch nach § 56 IfSG, wenn ein Elternteil Kinderkrankengeld beansprucht.

III. Keine Entschädigung bei vermeidbarer Reise in ein Risikogebiet

Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 3 IfSG erhalten Beschäftigte, die sich nach der Rückkehr von einer vermeidbaren Reise in ein bereits zum Zeitpunkt der Abreise eingestuftes Risikogebiet in Quarantäne begeben müssen, keinen Anspruch auf Entschädigung. Insofern sind allerdings stets die jeweils geltenden Einreiseverordnungen der Länder zu beachten. So hat etwa das Land Nordrhein-Westfalen die Quarantänepflichten nach der Rückreise aus einem Risikogebiet – mit Ausnahme von Großbritannien und Südafrika – nicht unerheblich gelockert (vgl. Corona-Einreiseverordnung vom 20.12.2020).

IV. Homeoffice

Arbeitnehmer haben unverändert keinen Anspruch darauf, ihre Arbeitsleistung im Homeoffice zu erbringen. Da gleichwohl viele Beschäftigte während der Pandemie von zu Hause arbeiten, können Mitarbeiter nach der Ergänzung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG für jeden Kalendertag der Jahre 2020 und 2021, an dem sie ausschließlich zu Hause arbeiten, einen Betrag von fünf Euro als Werbungskosten geltend machen. Dies ist auf 120 Tage pro Jahr und damit auf maximal 600 Euro gedeckelt. Der entsprechende Betrag wird bei der Steuerberechnung vom steuerpflichtigen Einkommen abgezogen, wodurch sich die Steuerlast reduziert. Zu beachten ist jedoch, dass diese Homeoffice-Pauschale – wie die Pendlerpauschale – zu den Werbungskosten zählt, für die allen Steuerzahlern ohnehin pauschal ein Betrag in Höhe von 1.000 EUR angerechnet wird. Erst soweit die Werbungskosten einschließlich der Homeoffice-Pauschale den vorgenannten Betrag übersteigen, macht sich die Neuregelung somit „im Geldbeutel“ bemerkbar.

V. Impfung

Impfungen können Teil der arbeitsmedizinischen Vorsorge sein (§ 6 Abs. 2 Satz 3 ArbMedVV). Nach dem Impfstart in Deutschland zum Jahresende 2020 drängt sich die Frage nach einer Impfpflicht auf.

1. Impfpflicht?

Das Masernschutzgesetz bestimmt, dass bestimmte Personengruppen verpflichtet sind, über einen ausreichenden Impfschutz gegen Masern zu verfügen (§ 20 Abs. 8 IfSG). Ein durchsetzbarer Impfzwang geht damit zwar nicht einher, allerdings dürfen Personen ohne Impfung bzw. einen entsprechenden Immunitätsnachweis nicht beschäftigt werden (§ 20 Abs. 9 Satz 6 IfSG, siehe Fußnote 3). Ferner erlaubt § 20 Abs. 6 IfSG es dem BMG, eine Rechtsverordnung mit einer Impfpflicht zu erlassen, wenn eine übertragbare Krankheit mit klinisch schweren Verlaufsformen auftritt und mit ihrer epidemischen Verbreitung zu rechnen ist. Ungeachtet dessen wird ein Arbeitgeber den mit einer Impfung verbundenen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit und das allgemeine Persönlichkeitsrecht weder kraft Direktionsrecht noch auf arbeitsvertraglicher Basis oder auf Grundlage einer Betriebsvereinbarung bzw. eines Tarifvertrags einseitig durchsetzen können.

2. Mittelbare Impfpflicht?

Arbeitgeber könnten geneigt sein, „Impfverweigerer“ arbeitsrechtlich zu sanktionieren oder geimpfte Mitarbeiter zu bevorzugen. Arbeitsrechtliche Sanktionen bis hin zu einer personenbedingten Kündigung werden jedoch allenfalls dann in Betracht kommen, wenn ähnlich wie im Rahmen der Masernimpfung (§ 20 Abs. 9 Satz 6 IfSG) ein tatsächliches oder faktisches Beschäftigungsverbot besteht, der Beschäftigte die Vorlage entsprechender Nachweise nachhaltig verweigert und keine alternativen Beschäftigungsmöglichkeiten in Betracht kommen. Die Bevorzugung freiwillig Geimpfter erscheint hingegen im Grundsatz zulässig. Ein Diskriminierungstatbestand nach dem AGG ist bislang nicht berührt. Die Politik prüft derzeit aber gesetzliche Maßnahmen, um Ungleichbehandlungen von Nicht-Geimpften und Geimpften durch die Privatwirtschaft zu begegnen.

3. Fragerecht

Der Arbeitgeber darf Arbeitnehmer nach einer entsprechende Impfung nur befragen, sofern die Kenntnis vom Impfstatus für die Durchführung des Arbeitsverhältnisses zwingend erforderlich ist, der Schutz der Beschäftigten und sonstigen Personen also nicht anderweitig sichergestellt werden kann (vgl. § 9 Abs. 2 lit. b DSGVO iVm. § 26 Abs. 1, 3 BDSG). Die Abfrage des Impfstatus ist nach Maßgabe von § 23a IfSG ausdrücklich zulässig für bestimmte Einrichtungen des Gesundheitswesens (siehe § 23 Abs. 3 IfSG). Ob darüber hinaus auch in anderen Geschäftsbereichen entsprechende Abfragen vorgenommen werden dürfen, wird im juristischen Schrifttum zwar diskutiert, jedoch überwiegend allenfalls in sehr engen Grenzen angenommen.

VI. Betriebsratsarbeit

Bis zum 30.06.2021 verlängert sind die die Sonderregelungen des § 129 BetrVG für die Betriebsratsarbeit. Danach können Sitzungen der Arbeitnehmervertretungen einschließlich Beschlussfassungen unverändert durch Video- und Telefonkonferenz erfolgen, wenn sichergestellt ist, dass Dritte vom Inhalt der Sitzung keine Kenntnis nehmen können. Gleiches gilt für die Einigungsstelle und den Wirtschaftsausschuss.

Das LAG Berlin-Brandenburg hat in dem Kontext festgestellt, dass die Nutzung dieser Möglichkeiten allein als zusätzliche Option neben die hergebrachte Durchführung von Sitzungen unter physischer Anwesenheit der Teilnehmer vor Ort tritt, ein grundsätzlicher Vorrang der Durchführung als Telefon- oder Videokonferenz aus der Vorschrift hingegen nicht hergeleitet werden könne (siehe Fußnote 4). Allerdings wird man in Einzelfällen eine Verpflichtung hierzu annehmen müssen, sofern

  • die Möglichkeit besteht, die für die Sitzung angesetzten Tagesordnungspunkte im Rahmen einer solchen Konferenz durchzuführen und
  • anderenfalls ein unkalkulierbares Risiko für Infektionen bestünde – etwa weil die Sitzung nicht unter Einhaltung der Hygienemaßnahmen durchgeführt werden kann.

Führt der Betriebsrat in solch einem Fall gleichwohl eine Sitzung unter physischer Anwesenheit durch, zu der ggf. sogar noch Dritte eingeladen werden (etwa seitens der Gewerkschaft), und führt dies zu Infektionen unter den Beteiligten, wird man Schadensersatzansprüche nicht ausschließen können. Ob § 129 BetrVG durch die geplante Neuregelung im Betriebsrätestärkungsgesetz abgelöst wird, bleibt abzuwarten.

B. Neuregelungen

Neben der (teilweisen) Abschaffung des Solidaritätszuschlags werden Arbeitsverhältnisse von den zum Jahresbeginn üblichen steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Änderungen betroffen, darunter

  • Änderung der Beitragsbemessungsgrenzen und Bezugsgrößen in der Sozialversicherung;
  • Anhebung des durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes in der gesetzlichen Krankenversicherung auf 1,3 Prozent,
  • Erhöhung des Umlagesatzes für das Insolvenzgeld auf 0,12 Prozent,
  • Erhöhung der Entfernungspauschale sowie Sachbezugswerte.

Aus arbeitsrechtlicher Sicht sind im Übrigen – abgesehen von den „Corona-Sonder­regelungen“ – nur wenige Neuerungen zu beachten:

I. Mindestlohn

Auf den Beschluss der Mindestlohnkommission wurde der gesetzliche Mindestlohn zum Jahresbeginn zunächst auf EUR 9,50 brutto je Zeitstunde angehoben. Weitere Erhöhungen folgen:

Zeitraum

Mindestlohn je Stunde

01.01.2021 – 30.06.2021

  9,50 Euro

01.07.2021 – 31.12.2021

  9,60 Euro

01.01.2022 – 30.06.2022

  9,82 Euro

01.07.2022 – 31.12.2022

10,45 Euro

II. Brexit

Britische Staatsangehörige, die 2021 nach Deutschland einreisen, können nach § 26 Abs. 1 Beschäftigungsverordnung n.F. jede Beschäftigung unabhängig von einer Qualifikation und vom Sitz des Arbeitgebers ausüben. Die Bundesagentur für Arbeit muss zustimmen. Die Einreise ist nach § 41 Abs. 1 der Aufenthaltsverordnung n.F. auch dann visumfrei möglich, wenn ein längerfristiger Aufenthalt in Deutschland geplant ist, z. B. zu Erwerbszwecken.

III. Arbeitsschutzkontrollgesetz

Im Bereich der Schlachtung, Zerlegung und Fleischverarbeitung darf in Deutschland kein Fremdpersonal mehr in Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern eingesetzt werden. Der Einsatz von Werkvertrags- und Leiharbeitnehmern ist seit Jahresbeginn 2021 nach dem Arbeitsschutzkontrollgesetz verboten. Das Gesetz regelt, dass Fleischbetriebe in ihrem Kerngeschäft Schlachtung, Zerlegung und Fleischverarbeitung keine Werkvertrags- oder Leiharbeiter (für diese gilt das Verbot ab dem 01.04.2021) mehr beschäftigen dürfen. Für die Leiharbeit gibt es eine auf drei Jahre befristete Ausnahmeregelung: Auf der Grundlage eines Tarifvertrages ist es möglich, Auftragsspitzen in der Fleischverarbeitung (aber nicht beim Schlachten und Zerlegen) durch Leiharbeiter aufzufangen.  Bei Verstößen drohen Bußgelder. Zu beachten ist ferner die Pflicht zur elektronischen Arbeitszeiterfassung; die Höchstbußgelder bei Arbeitszeitverstößen sind von 15.000 Euro auf 30.000 Euro verdoppelt. Die Behörden werden zudem künftig öfter Arbeitsschutzkontrollen in Betrieben durchführen und es werden – über den Bereich der Fleischwirtschaft hinaus – Mindestanforderungen für Gemeinschaftsunterkünfte festgelegt. Untragbare Zustände in Sammelunterkünften soll es auch in anderen Branchen nicht mehr geben.

C. Was kommt im Jahr 2021 noch?

Für das „Superwahljahr“ 2021 ist nicht wirklich mit der Verabschiedung neuer Arbeitsgesetze zu rechnen. Die aktuellen Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Großen Koalition von CDU/CSU/SPD über die Corona-Impfstrategie sind unverkennbares Signal, dass der Wahlkampf, v.a. für die Bundestagswahl im September, eingeläutet ist.

I. Arbeitszeit Homeoffice

Nachdem der Referentenentwurf des Bundesarbeitsministers frühzeitig durch den Widerstand aus dem Bundeskanzleramt gestoppt wurde, liegt nunmehr ein Gesetzesentwurf vor, der indes keinen Anspruch des Arbeitnehmers auf einen Heimarbeitsplatz normiert. Vielmehr stipuliert der Entwurf die aus dem TzBfG bekannte Kommunikation zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber durch Anzeige von Wunsch und fristgemäße Annahme oder Ablehnung des Arbeitnehmerbegehrens. Daneben normiert der Entwurf eine gesetzliche Definition, schließt Lücken im Unfallversicherungsschutz und enthält ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats zu Einführung und näheren Ausgestaltung. Weiterhin sollen Arbeitgeber bei Arbeitnehmern, die regelmäßig im Homeoffice arbeiten, verpflichtet werden, die Arbeitszeit täglich zu erfassen. Angesichts der massiven Vorbehalte aus der Wirtschaft und Arbeitgebervertretungen wird der Entwurf in seiner jetzigen Form in der laufenden Legislaturperiode wohl kaum durchgesetzt werden.

II. Arbeitszeitgesetz

Obwohl das juristische Schrifttum die aufsehenerregende Entscheidung des EuGH vom 14.05.2019 (C-55/18) zur Arbeitszeiterfassung nahezu einhellig als Appell an die Mitgliedstaaten verstanden hat, dass Arbeitgeber aus Gründen des Arbeitsschutzes verpflichten werden sollen, ein objektives, verlässliches und zugängliches System zur Erfassung der täglichen Arbeitszeit einzuführen, ist bis auf einen, auf den Vorschlag von Prof. Bayreuther zurückgehenden Vorschlag des BMAS zur Neuformulierung von § 16 ArbZG von gesetzgeberischen Aktivtäten zur Anpassung des Arbeitszeitgesetzes wenig zu vernehmen. Daran wird sich in diesem Jahr vermutlich nichts ändern.

III. Whistleblower

Bis Dezember 2021 hat die Bundesrepublik Deutschland Zeit, die europäische Richtlinie  zum Schutz von Whistleblowern umzusetzen. Zwingend zu regeln sind unter anderem ein verpflichtendes Meldesystem für Unternehmen ab 50 Beschäftigten und Schutz- und Unterstützungsmaßnahmen für Whistleblower.

IV. Betriebsrätestärkungsgesetz

Das BMAS hat im Dezember 2020 den Entwurf eines Betriebsrätestärkungsgesetzes veröffentlicht. Neben der Ausweitung des vereinfachten Wahlverfahrens auf Betriebe bis 200 Mitarbeitern und der Hinzuziehung von Sachverständigen beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz sowie von Informations- und Kommunikationstechnik im Betrieb sieht der Entwurf die Einführung eines Mitbestimmungsrechts bei der Ausgestaltung mobiler Arbeit vor. Die öffentlich bekannt gewordenen Stimmen aus der CDU/CSU-Fraktion lassen aber keinen Zweifel daran, dass der Gesetzesentwurf mit dem gegenwärtigen Inhalt das Gesetzgebungsverfahren nicht erfolgreich durchlaufen wird.

 

Fußnoten

 

1) Umfassende und bei Bedarf jeweils aktualisierte Informationen sowie Antworten auf immer wieder gestellte Fragen (FAQ) erhalten Sie zu fast allen Rechtsgebieten und den verschiedenen Hilfsprogrammen (Zuschüsse, Darlehen) auf den Internetseiten der Bundesregierung (z.B. BMAS, BMWi, BMF, BMFSFJ) sowie der Landesregierungen und Kommunen, der Finanzverwaltung (z.B. Bayerisches Landesamt für Steuern), der Sozialversicherungsträger (z.B. GKV-Spitzenverband, Krankenkassen), der Bundesagentur für Arbeit, der Wirtschafts- und Berufsverbände (z.B. Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Bundessteuerberaterkammer) sowie der Gewerkschaften (z.B. DGB). Siehe ferner die Hinweise auf www.stotax-portal.de/stotax-portale/ unter „Aktuelle Meldungen“, „eNews Steuern“ und „Brennpunktthema: Corona“.

2) Der Deutsche Bundestag hat am 14.01.2021 den Kabinettsbeschluss beraten und angenommen. Der Bundesrat hat der Verdopplung der Kinderkrankengeld-Tage am 18.01.2021 zugestimmt.

3) Die gesetzliche Regelung liegt dem BVerfG zur Überprüfung vor. Im Eilverfahren hatte das Gericht (Beschluss 11.05.2020 – 1 BvR 469/20) die Rechtmäßigkeit bejaht.

4) LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 24.08.2020 – 12 TaBVGa 1015/20, ArbRB 2020, 373

 

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