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Tod des Alleingesellschafter-Geschäftsführers – Wie geht es weiter?

Sind der alleinige Geschäftsführer einer GmbH und alle in die Gesellschafterliste eingetragenen Gesellschafter verstorben, kann ein Notgeschäftsführer zur Wiederherstellung der Handlungsfähigkeit der GmbH bestellt werden.

Hintergrund: Tod des alleinigen Geschäftsführers und aller Gesellschafter

Eine GmbH hatte zwei Gesellschafter, von denen einer zugleich der alleinige Geschäftsführer der Gesellschaft war. Beide Gesellschafter verstarben kurz nacheinander. Weil die Erben der verstorbenen Gesellschafter zu diesem Zeitpunkt nicht in die Gesellschafterliste eingetragen waren (und damit nicht als Gesellschafter galten), konnten diese keinen neuen Geschäftsführer bestellen; eine neue Gesellschafterliste durften sie aber auch nicht einreichen. Gleichzeitig gab es keinen anderen Geschäftsführer, der die neue Gesellschafterliste hätte einreichen können. Einer der Erben beantragte daraufhin beim Amtsgericht, zum Notgeschäftsführer der GmbH bestellt zu werden. Das Amtsgericht wies den Antrag zurück, woraufhin der Erbe die vom OLG Köln zu entscheidende Beschwerde einlegte.

Das Urteil des OLG Köln vom 27.06.2019 (Az. 18 Wx 11/19)

Das OLG Köln gab der Beschwerde statt. Wenn der alleinige Geschäftsführer einer GmbH und alle in die Gesellschafterliste eingetragenen Gesellschafter verstorben seien, könne ein Notgeschäftsführer bestellt werden. Die Kompetenzen des Notgeschäftsführers könnten auf das Notwendige – die Einreichung einer neuen Gesellschafterliste und die Einberufung einer Gesellschafterversammlung zur Bestellung eines neuen Geschäftsführers – beschränkt werden.

Anmerkung

Als Gesellschafter einer GmbH gilt nach § 16 GmbHG nur, wer in die Gesellschafterliste eingetragen ist. Wenn ein Gesellschafter verstirbt, ist vom Geschäftsführer unverzüglich eine neue Gesellschafterliste zum Handelsregister einzureichen, in die der oder die Erbe(n) als neue Gesellschafter eingetragen sind. Verstirbt in einer GmbH einer von mehreren Gesellschaftern, der gleichzeitig der alleinige Geschäftsführer war, bedeutet das: die übrigen (in die Gesellschafterliste eingetragenen) Gesellschafter können durch Gesellschafterbeschluss einen neuen Geschäftsführer bestellen, der sich um die Einreichung einer aktualisierten Gesellschafterliste kümmert.

Schwierig wird es, wenn alle in der Gesellschafterliste aufgeführten Gesellschafter und alle Geschäftsführer verstorben sind. Denn dann besteht eine Blockade: ohne Geschäftsführer kann keine neue Gesellschafterliste eingereicht werden; gleichzeitig können die Erben mangels formeller Legitimation durch die Gesellschafterliste aber auch keinen neuen Geschäftsführer wählen. Dieses Problem besteht vor allem dann, wenn der einzige Gesellschafter einer GmbH stirbt, der gleichzeitig der alleinige Geschäftsführer ist. Wie das Urteil des OLG Köln zeigt, kann eine solche Blockade aber auch bei Mehrpersonen-GmbHs entstehen, wenn nach dem Versterben eines Gesellschafters nicht direkt eine neue Gesellschafterliste hinterlegt wird und später die übrigen Gesellschafter ebenfalls versterben. Auch mit Blick hierauf sollten GmbH-Geschäftsführer die Pflicht zur unverzüglichen Einreichung einer neuen Gesellschafterliste bei ohne Mitwirkung eines Notars erfolgten Änderungen (z.B. durch Tod eines Gesellschafters oder Einziehung eines Geschäftsanteils) ernst nehmen.

Auflösen kann man die Pattsituation bei Versterben aller Gesellschafter und Geschäftsführer – wie das OLG Köln bestätigt hat – durch die Bestellung eines Notgeschäftsführers, der als solcher auch in das Handelsregister eingetragen wird. Hierfür ist ein Antrag beim Registergericht am Sitz der GmbH erforderlich, der insbesondere durch die Erben, darüber hinaus aber auch durch Gesellschaftsgläubiger oder Behörden gestellt werden kann. Bei der Auswahl des Notgeschäftsführers ist das Registergericht frei und insbesondere nicht an Vorschläge des Antragstellers gebunden. Sachlich wird die Rechtsstellung des Notgeschäftsführers (im Innenverhältnis) auf die notwendigsten Maßnahmen beschränkt – im vorliegenden Fall waren dies die Einreichung einer neuen Gesellschafterliste und die Einberufung einer Gesellschafterversammlung zur Bestellung eines neuen Geschäftsführers. Die Notgeschäftsführung endet, sobald ein „normaler“ Geschäftsführer bestellt ist.

Eine Alternative zur Notgeschäftsführung können umfassende Vollmachten von GmbH-Gesellschaftern für den oder die Erben sein. Wenn diese die (postmortale) Ausübung von Gesellschafterrechten aus den Geschäftsanteilen verstorbener Gesellschafter ausdrücklich zulassen, können die Erben auf Grundlage der Vollmacht einen neuen Geschäftsführer bestellen, der die aktualisierte Gesellschafterliste zum Handelsregister einreichen kann. En gerichtliches Bestellungsverfahren kann den Beteiligten damit erspart werden. Von den Registergerichten wird dieser Weg jedoch nur bei eindeutigen postmortalen Vollmachten für die spezifische Gesellschaftsbeteiligung akzeptiert. Auch insofern zeigt sich daher wieder: bei der Verzahnung von Erb- und Gesellschaftsrecht ist eine sorgfältige Gestaltung unumgänglich.

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