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Rechtliche Neuerungen 2020

Auf Unternehmen und Unternehmer kommen 2020 wieder einige rechtliche Neuerungen zu. Hier geben wir Ihnen einen Überblick:

Incoterms 2020

Mit den Incoterms 2020 werden die von der Internationalen Handelskammer herausgegebenen typischen Vertragsklauseln im Warenhandel nach zehn Jahren auf den neuesten Stand gebracht. Neben kleineren Anpassungen enthalten die Incoterms 2020 mit „DPU“ (Delivered at Place unloaded) auch eine neue Klausel, die die bisherige Klausel „DAT“ (Delivered at Terminal“) ablöst. Beide Klauseln beinhalten die Entladepflicht am Lieferort.

Mindestlohn

Zum 1. Januar 2020 wurde der gesetzlichen Mindestlohns von EUR 9,19 pro Stunde auf EUR 9,35 angehoben. Diese (moderate) Erhöhung kann erhebliche Konsequenzen haben: Konnte ein 450-Euro-Jobber bislang 49 Stunden in einem Monat in sozialversicherungsfrei arbeiten, bleiben seit dem Jahresbeginn nur noch 48 Stunden. Bei Verträgen, die die Grenze von EUR 450 voll ausschöpfen, sollte also der Beschäftigungsumfang angepasst werden. Anderenfalls droht die Sozialversicherungspflicht.

Mindestvergütung für Auszubildende

Im Berufsbildungsgesetz wurde zum 1. Januar 2020 eine Untergrenze für die Vergütung von Auszubildenden festgelegt. Im ersten Lehrjahr muss ein Auszubildender künftig mindestens EUR 550 pro Monat erhalten; in den folgenden Lehrjahren erhöht sich das Salär jeweils um 18%, 35% und 40%. Die Untergrenze wird außerdem in den kommenden drei Jahren schrittweise auf EUR 620 monatlich angehoben. Von der Neuregelung profitieren allerdings nur Auszubildende, die ihre Berufsausbildung nach dem Jahreswechsel beginnen; für die Älteren genießen die Ausbilder Bestandsschutz.

Fachkräfteeinwanderungsgesetz

Ab März 2020 gelten in Deutschland neue Regeln für die Einwanderung von Fachkräften. Zu den zentralen Neuregelungen gehört die Vereinheitlichung des Fachkräftebegriffs: Hochschulabsolventen und Beschäftigte mit qualifizierter Berufsausbildung sind für Zwecke der Einwanderung künftig gleichgestellt. Weiter entfallen mit der Novelle die sog. Vorrangprüfung sowie die Begrenzung auf Mangelberufe. Künftig wird also nicht mehr überprüft, ob eine freie Stelle vorrangig mit einem deutschen oder EU-Bewerber besetzt werden könnte, oder ob die Fachkraft sich auf eine Stelle in einem besonders vom Fachkräftemangel betroffenen Berufszweig bewirbt.

Digitale Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

Ein zentraler Baustein des dritten Bürokratieentlastungsgesetzes ist die Abschaffung der „gelben Zettel“ bei Krankmeldungen. Künftig kann der Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen gesetzlich versicherter Arbeitnehmer elektronisch bei den Krankenversicherern abrufen. Das Verfahren ist ab Anfang 2021 verpflichtend. Unternehmen sollten also im Laufe des Jahres ihre Systeme und Abläufe entsprechend überprüfen und umstellen.

Grundstücksübertragungen

Eigentlich sollte das Jahressteuergesetz 2019 eine Reform des Grunderwerbssteuergesetzes enthalten; diese ist jedoch einstweilen verschoben. Nach wie vor ist geplant, die Grunderwerbssteuer häufiger als bislang auch dann zu erheben, wenn nicht ein Grundstück, sondern eine ein Grundstück haltende Gesellschaft übertragen wird. Derzeit wird die Steuer nur fällig, wenn innerhalb von fünf Jahren 95% der Anteile einer solchen Gesellschaft übertragen werden; künftig sollen 90% der Anteile innerhalb von zehn Jahren genügen.

EEG-Umlage: Strom 2020 teurer

Stromkunden in Deutschland müssen sich in diesem Jahr auf höhere Energiekosten einstellen. Die Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) soll 2020 um 5,5% auf 6,756 Cent je Kilowattstunde steigen. Für einen durchschnittlichen Haushalt mit vier Personen und 3.500 Kilowattstunden Jahresverbrauch dürften die Stromkosten damit um knapp 13 Euro im Jahr steigen.

Harmonisierung des Umsatzsteuerrechts

Zum 1. Januar 2020 wurden die sog. Quick Fixes der EU in das deutsche Umsatzsteuerrecht überführt, die eine Vorstufe einer umfassenden Neugestaltung des europäischen Mehrwertsteuersystems bilden. Dadurch wurde (u.a.) eine zentrale Lücke bei der Umsatzbesteuerung von Konsignationslieferungen geschlossen. Bislang wurden Lieferungen und Entnahmen auf der Grundlage des nationalen Rechts (und damit uneinheitlich) besteuert. Künftig sehen die nationalen Regelungen einheitliche Voraussetzungen dafür vor, wann die grenzüberschreitende Zwischenschaltung eines Konsignationslager als innergemeinschaftliche Lieferung anzusehen ist.

Manipulationsschutz bei Kassensystemen

Seit dem 1. Januar 2020 müssen sämtliche elektronischen Kassensysteme über eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung verfügen, die gewährleistet, dass die digitalen Grundaufzeichnungen eines Kassensystems vollständig und unverändert sind; bestehende Kassen müssen binnen dreier Jahre nachgerüstet werden. Bei Verstößen drohen Bußgelder von bis zu EUR 25.000. Weiter sind Unternehmen, die ein elektronisches Kassensystem verwenden, verpflichtet, dies der zuständigen Finanzbehörde bis zum 31. Januar 2020 zu melden. Flankiert werden die Neuerungen von der Befugnis zu einer sog. Kassen-Nachschau. Die Finanzbehörden können künftig auch außerhalb einer Außenprüfung die Ordnungsmäßigkeit der Aufzeichnungen und Buchungen von Kasseneinnahmen und -ausgaben überprüfen.

Belegausgabepflicht

Weiter gilt seit dem 1. Januar 2020 eine Belegausgabepflicht. Alle Anwender elektronischer Kassensysteme sind künftig verpflichtet, ihrem Vertragspartner bei jedem aufzeichnungspflichtigen Geschäftsvorfall einen Kassenbeleg zur Verfügung zu stellen. Eine generelle Befreiung für bestimmte Geschäftsvorfälle (z.B. für Zahlungen unterhalb eines bestimmten Betrags) sieht das Gesetz nicht vor. Allerdings können die Finanzbehörden im Einzelfall oder für bestimmte Fallgruppen Erleichterungen vorsehen. Sofern die Belegausgabe z.B. zu erheblichen Warteschlangen führen wird, können Unternehmen einen entsprechenden Befreiungsantrag stellen.

Verpackungsgesetz: Die erste Vollständigkeitserklärung wurde fällig

Seit Januar 2019 gilt in Deutschland das neue Verpackungsgesetz. Wer gefüllte Verpackungen in Umlauf bringt, die nach Gebrauch bei einem privaten Endverbraucher typischerweise als Abfall anfallen, muss für deren Rücknahme und Verwertung in einem Rücknahmesysteme sorgen. Jeweils zum 15. Mai eines Jahres müssen Unternehmen eine sog. Vollständigkeitserklärung abgeben, mit der sie sämtliche im Vorjahr in den Verkehr gebrachten Verpackungen anzeigen. Diese Erklärung wird erstmalig zum 15. Mai 2020 fällig. Bei Verstößen drohen Bußgelder von bis zu EUR 200.000.

Plastiktüten-Verbot ab 2020

Das Bundeskabinett hat einen Gesetzentwurf zum Plastiktüten-Verbot verabschiedet, das voraussichtlich in der ersten Jahreshälfte 2020 in Kraft treten wird. Davon betroffen sind leichte Kunststofftragetaschen. Vom Verbot ausgenommen sind sogenannte Hemdchenbeutel für Obst und Gemüse sowie stabilere Tragetaschen ab einer Wandstärke von 50 Mikrometern.

Compliance

Der „Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Unternehmenskriminalität“ des Bundesjustizministeriums ist die Reaktion der Politik auf verschiedene Wirtschaftsskandale, nicht zuletzt auf die Dieselthematik. Das Sanktionsrecht für Unternehmen soll erheblich verschärft und der Bußgeldrahmen drastisch angehoben werden. Noch ist nichts entschieden; aber das Gesetzgebungsverfahren gibt bereits genügend Anlass, die Compliance-Organisation von Unternehmen auf den Prüfstand zu stellen. Denn nur wer sich redlich um die Einhaltung von Recht und Gesetz bemüht hat – und das entsprechend dokumentieren kann –, darf bei einem Verstoß auf Milde hoffen.

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