jan henning martens gesellschaftsrecht h.jpgjohanna hennighausen gesellschaftsrecht h.jpg

Sind für Ansprüche gegen einen Handelsvertreter die Zivil- oder Arbeitsgerichte zuständig?

Werden Ansprüche gegen einen Handelsvertreter gerichtlich geltend gemacht, stellt sich die Frage nach der Zuständigkeit der Gerichte: Ist der Handelsvertreter als  Arbeitnehmer zu qualifizieren, sind die Arbeitsgerichte zuständig; andernfalls die Zivilgerichte. Maßgebend für die Einordnung als selbständiger Handelsvertreter oder unselbständiger Arbeitnehmer sind die Umstände des Einzelfalls. Dies hat zuletzt das OLG München (Beschl. v. 09.12.2019, Az. 7 W 1470/19) entschieden.

Abgrenzung zwischen Arbeitnehmer und Handelsvertreter

Die Entscheidung ist ein weiteres Beispiel für die Bedeutung der Unterscheidung von unselbständigem Arbeitnehmer und selbständigem Handelsvertreter. So unterstehen nur Arbeitnehmer dem Schutz des Arbeitsrechts.  Der Handelsvertreter kann sich hingegen grundsätzlich nicht auf die gesetzlichen Regelungen des Sozialversicherungs- und Arbeitsrechts berufen. Aus diesem Grund werden Streitigkeiten im Fall einer Selbständigkeit des Handelsvertreters auch nicht vor den Arbeitsgerichten, sondern vor den ordentlichen Gerichten geführt.

Ein weiterer wichtiger Unterschied ist der Ausgleichsanspruch gem. § 89b HGB nach Beendigung des Vertragsverhältnisses. Nur der Handelsvertreter (und nicht der Arbeitnehmer) kann eine Ausgleichszahlung vom Unternehmer verlangen.

Die Abgrenzung zwischen einem selbständigen Handelsvertreter und einem unselbständigen Angestellten im Außendienst ist in der Praxis jedoch oftmals problematisch. Hintergrund ist, dass das Bundesarbeitsgericht für die notwendige „Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls“ lediglich grobe Anhaltspunkte bietet. Klar ist jedoch, dass formale Aspekte – wie z.B. die Bezeichnung des Vertrages als Arbeitsverhältnis, die Vereinbarung einer erfolgsabhängigen Provision oder der Verweis auf Grundsätze des Arbeitsrechts bzw. des Handels- oder Gewerberechts – für die Abgrenzung kaum von Bedeutung sind.

Entscheidend ist vielmehr, wie die Parteien den Vertrag praktisch umsetzen und inwieweit eine Weisungsgebundenheit zwischen den Parteien besteht: Erstrecken sich Weisungen insbesondere auch auf Lage und Dauer der Arbeitszeiten, liegt der Status als abhängiger Arbeitnehmer nahe – umgekehrt schließt die freie Arbeitszeitgestaltung die Arbeitnehmereigenschaft aber nicht aus. Auf der anderen Seite sind das unternehmerische Risiko, eigene Arbeitsmittel sowie die Beschäftigung eigener Arbeitnehmer gewichtige Indizien für eine Selbständigkeit.

Angesichts der weitreichenden Folgen der Einordnung als Arbeitnehmer oder Selbständiger und der teilweisen vagen Abgrenzungskriterien sollten Unternehmer bei der Beschäftigung von Handelsvertretern (und auch von Beratern) sowohl bei der Formulierung der vertraglichen Pflichten als auch deren Umsetzung darauf achten, dass eine Scheinselbständigkeit vermieden wird.

Kontakt > mehr