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Haftung bei Firmenfortführung: Löschungsvoraussetzungen unrichtiger Handelsregistereintragung

Erwerber eines Handelsgeschäfts haften bei Fortführung des betriebenen Geschäfts unter der bisherigen Firma grundsätzlich für die Altverbindlichkeiten des früheren Inhabers (mögliche Ausnahmen: Verkauf des Handelsgeschäfts in der Insolvenz oder lediglich markenähnliche Verwendung der früheren Firma). Dieser gesetzlich vorgesehenen Haftung kann durch die Eintragung eines entsprechenden Haftungsausschlusses in das Handelsregister, der die Mitteilung an jeden einzelnen Vertragspartner ersetzt, entgangen werden. Unrichtig eingetragene Tatsachen hat das Registergericht grundsätzlich zu löschen. Mit der Frage, wann eine zu löschende Unrichtigkeit gegeben ist und welche Rolle die Verursachungsbeiträge der beteiligten Personen hierbei spielen, hatte sich das OLG Hamm (Beschluss vom 03.03.2020 – 27 W 21/20) kürzlich zu befassen.

Das Gericht stellte zunächst klar, dass die Richtigkeit einer Eintragung im Zeitpunkt der Entscheidung über die Löschung beurteilt werden müsse – eine rückwirkende Betrachtung habe nicht stattzufinden. Vor diesem Hintergrund sei eine Unrichtigkeit dann gegeben, wenn eine im Handelsregister eingetragene Tatsache an einem wesentlichen Mangel kranke. Ein solcher wesentlicher Mangel könne in Gestalt einer sachlichen Unrichtigkeit, oder eines verfahrensrechtlichen Fehlers gegeben sein – letzterer sei per se jedoch nur bei zwingend einzutragenden Tatsachen (so genannten „konstitutiven“ Eintragungen) relevant.

Keine Rolle bei der Beurteilung der Unrichtigkeit spielt hingegen die Verantwortlichkeit für die unrichtige Eintragung. So war im der Entscheidung zugrundeliegenden Fall irrelevant, dass die Handelsregistereintragung den Inhalt der Anmeldung der Beteiligten formal korrekt wiedergeben hatte, die Anmeldung an sich, für deren Inhalt die beteiligten Personen verantwortlich waren, kurioserweise aber nicht den im Rahmen des Vertrags zur Übertragung des Handelsgeschäfts getroffenen Vereinbarungen entsprach. Hierauf hatten die Beteiligten nach erfolgter Handelsregistereintragung zunächst ohne Erfolg hingewiesen. Das OLG Hamm betonte hingegen, dass auch Eintragungen, die im Widerspruch zu den ihnen zugrundeliegenden (gesellschafts-)vertraglichen Vereinbarungen und Beschlüssen stünden, zwingend zu löschen seien. Behauptete Widersprüche zwischen dem Registerinhalt und den zugrundeliegenden Verträgen habe das Registergericht gegebenenfalls  zu prüfen.

Die Notwendigkeit und Bedeutung einer Korrekturmöglichkeit von Handelsregistereintragungen ergibt sich aus Funktion und rechtlicher Bedeutung des Handelsregisters als mit Abstand wichtigster Quelle für Unternehmensinformationen in Deutschland. So sieht das deutsche Recht vor, dass sich Kaufleute auf die Richtigkeit des Inhalts des Handelsregisters verlassen dürfen – und zwar selbst dann, wenn der eingetragene Inhalt objektiv unrichtig ist. Welche Folgen ein unrichtiges Handelsregister haben kann, zeigt sich beispielsweise im Falle einer unrichtig eingereichten GmbH-Gesellschafterliste: Hier droht dem zu Unrecht nicht eingetragenen Gesellschafter der Verlust seiner Anteile durch gutgläubigen Erwerb eines Dritten vom zu Unrecht eingetragenen Gesellschafter (zu den Handlungsmöglichkeiten des betroffenen Gesellschafters).

Während eine Gesellschafterliste nur zum Handelsregister eingereicht und dann veröffentlicht wird, sind manche Tatsachen zwingend zur Eintragung durch das Registergericht anzumelden. Ein Beispiel hierfür ist der dem vorliegenden Fall zugrundeliegende Haftungsausschluss des Erwerbers eines Handelsgeschäfts. Dieser entfaltet gegenüber Gläubigern grundsätzlich keine Rechtswirksamkeit, bis die Eintragung in das Handelsregister erfolgt ist. Selbst wenn sich Verkäufer und Erwerber über einen Haftungsausschluss zugunsten des Erwerbers einig sind, kann die rechtswirksame Umsetzung des Vereinbarten somit noch an der Handelsregistereintragung scheitern. Auch dies zeigt, dass die richtige Vertragsgestaltung von höchster Wichtigkeit ist – insbesondere bei haftungsrelevanten Vereinbarungen.

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