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Anlasslose Einreichung einer vervollständigten Gesellschafterliste

Eine Gesellschafterliste kann nur dann ohne besonderen Anlass zum Handelsregister eingereicht werden, wenn die hinterlegte Gesellschafterliste die Transparenzanforderungen des § 40 GmbHG nicht erfüllt.

Zum Sachverhalt

Nach § 40 GmbHG ist eine neue Gesellschafterliste zu hinterlegen, wenn es zu Änderungen in den Personen der Gesellschafter oder dem Umfang ihrer Beteiligung gekommen ist. Das OLG Düsseldorf entschied, dass im Einzelfall die Hinterlegung einer Gesellschafterliste auch ohne eine solche Änderung möglich ist – dies allerdings nur in besonderen Konstellationen. Der Entscheidung lag dabei der folgende Sachverhalt zugrunde:

In die Gesellschafterliste einer GmbH war ihr Alleingesellschafter einer GmbH als Inhaber aller fünf Geschäftsanteile eingetragen. Die Gesellschafterliste war allerdings schon älter und enthielt deswegen noch keine Nummerierung der Geschäftsanteile und auch keine Angaben zur prozentualen Beteiligung pro Geschäftsanteil. Im Jahr 2019 verkaufte und übertrug der Gesellschafter einen Geschäftsanteil an eine Erwerberin. Um klarzustellen, welcher Geschäftsanteil von der Übertragung erfasst war, wurde als Anlage zum Anteilskaufvertrag eine Gesellschafterliste entworfen, in der zu Informationszwecken erstmals eine Nummerierung der Geschäftsanteile und Angaben zur prozentualen Beteiligung erfolgten. Sonstige Änderungen erfolgten nicht: als Inhaber der Anteile war weiter nur der Alleingesellschafter ausgewiesen und auch die Nennbeträge der Geschäftsanteile blieben gleich. Diese Gesellschafterliste wurde von dem beurkundenden Notar elektronisch beim Handelsregister eingereicht. Kurz darauf reichte er außerdem eine weitere Gesellschafterliste beim Handelsregister ein, in der neben dem bisherigen Alleingesellschafter dann auch die neue Mitgesellschafterin ausgewiesen war.

Das Registergericht hinterlegte allerdings nur die zweite Gesellschafterliste. Hinsichtlich der vom Notar zuerst eingereichten Gesellschafterliste verweigerte es die Hinterlegung. Über die hiergegen gerichtete Beschwerde des Notars entschied das OLG Düsseldorf.

Der Beschluss des OLG Düsseldorf vom 15.05.2020 (Az. I-3 Wx 70/19)

Das OLG Düsseldorf wies die Beschwerde des Notars zurück. Über die Frage, ob ohne eine Veränderung in den Personen der Gesellschafter bzw. dem Umfang ihrer Beteiligung die zunächst eingereichte Gesellschafterliste (mit bis dahin fehlender Nummerierung und Prozentangabe) hätte hinterlegt werden müssen, musste das Gericht allerdings nicht entscheiden. Zwar ließ das Gericht durchklingen, dass es dies angesichts einer im April ergangenen Entscheidung desselben Senats für möglich hält. Weil während des laufenden Beschwerdeverfahrens aber die zweite Gesellschafterliste (nach der Anteilsübertragung) mit allen nach § 40 GmbHG erforderlichen Angaben beim elektronischen Handelsregister hinterlegt worden sei, komme es auf die Frage, ob die erste Gesellschafterliste hätte hinterlegt werden müssen, nicht an. Denn sobald im elektronischen Handelsregister eine Gesellschafterliste hinterlegt sei, in der alle nach § 40 GmbHG erforderlichen Angaben enthalten sind, scheide die anlasslose Einreichung einer Gesellschafterliste in jedem Fall aus.

Anmerkung

Wenn es bei einer GmbH zu Änderungen in den Personen der Gesellschafter oder dem Umfang ihrer Beteiligung gekommen ist, ist durch den Geschäftsführer oder – wenn an der Änderung ein Notar mitgewirkt hat (z.B. bei einer Anteilsübertragung) – den Notar eine neue Gesellschafterliste elektronisch zum Handelsregister einzureichen (§ 40 GmbHG). Die neue Gesellschafterliste muss nach § 40 GmbHG und der Gesellschafterlistenverordnung (GesLV) die folgenden Pflichtangaben enthalten: Vor- und Nachname, Geburtsdatum und Wohnort der Gesellschafter, Nennbeträge und laufende Nummern der Geschäftsanteile sowie Angaben zur prozentualen Beteiligung der Gesellschafter am Stammkapital (je Geschäftsanteil und insgesamt).

Lange Zeit war unklar, ob und unter welchen Voraussetzungen eine neue Gesellschafterliste auch ohne eine vorangegangene Änderungen in den Personen der Gesellschafter bzw. dem Umfang ihrer Beteiligung eingereicht werden darf. Nun hat das OLG Düsseldorf mit der vorliegenden Entscheidung vom 15.05.2020 und der kurz vorher ergangenen Entscheidung vom 17.04.2020 (Az. 3 Wx 57/20) gleich mehrfach zu dieser Frage Stellung genommen. Zunächst stellte es klar, dass eine anlasslose Einreichung jedenfalls für Gesellschafterlisten in Betracht kommt, die bislang nur in Papierform beim Handelsregister hinterlegt sind. Auf diese Weise könne die Gesellschaft eine sonst bestehende Pflicht zur Meldung ihrer wirtschaftlich Berechtigten (d.h. insbesondere Gesellschafter mit mehr als 25% der Anteile oder Stimmrechte) an das Transparenzregister vermeiden. Diese Meldepflicht entfällt nämlich nur, wenn sich die wirtschaftlich Berechtigten aus einer elektronisch hinterlegten Gesellschafterliste ergeben.

Mit seinem Beschluss vom 15.05.2020 geht das OLG Düsseldorf noch einen Schritt weiter. Zum einen kommt für das Gericht die anlasslose Einreichung einer Gesellschafterliste nicht nur in Betracht, wenn bislang lediglich eine Papierliste hinterlegt ist. Vielmehr scheint auch bei bereits elektronisch abrufbaren Gesellschafterlisten die anlasslose Einreichung einer neuen Gesellschafterliste möglich, wenn die bisherige Liste nicht alle Pflichtangaben enthält. Zum anderen macht das Gericht klar, dass die anlasslose Einreichung eine Ausnahme ist und bleiben soll. Sobald eine Gesellschafterliste elektronisch hinterlegt ist, die den Transparenzanforderungen vollständig gerecht wird, scheidet also eine (weitere) anlasslose Einreichung aus.

Für die Praxis bedeutet das: GmbHs, deren Gesellschafterlisten nur in Papierform vorliegen oder noch nicht alle Pflichtangaben nach § 40 GmbHG/der GesLV enthalten, können auch ohne besonderen Anlass eine neue Gesellschafterliste elektronisch beim Handelsregister einreichen. Dies ist insbesondere dann zu empfehlen, wenn andernfalls gegenüber dem Transparenzregister eine Meldepflicht über die wirtschaftlich Berechtigten besteht. Nach der aktuellen Rechtsauffassung des Bundesverwaltungsamts können zwar auch „unvollständige“ elektronische Gesellschafterlisten, bei denen (nur) die erforderlichen Prozentangaben fehlen, eine Meldepflicht gegenüber dem Transparenzregister ausschließen, solange alle sonstigen Pflichtangaben (Namen, Zuordnung der Gesellschafter zu konkreten Geschäftsanteilen etc.) in der Gesellschafterliste vermerkt sind. Gerade wenn sich diese Auffassung zukünftig ändern sollte, ist es aber sinnvoll, statt einer dann erforderlichen Meldung zum Transparenzregister eine aktuelle elektronische Gesellschafterliste mit allen Pflichtangaben (also auch den Prozentangaben) beim Handelsregister einzureichen. Die Hinterlegung einer aktuellen Gesellschafterliste in elektronischer Form und mit allen Pflichtangaben nach § 40 GmbHG kann aber auch darüber hinaus Klarheit im Rechtsverkehr über die Anteilsinhaberschaft schaffen und damit sinnvoll sein (z.B. im Vorfeld von Anteilsveräußerungen). Die aktuelle Entscheidung des OLG Düsseldorf scheint derartige anlasslose Maßnahmen zum „Update“ einer Gesellschafterliste und zur Anpassung der Liste an die in § 40 GmbHG aufgestellten Erfordernisse für zulässig zu erachten. Wenn es allerdings schon eine elektronisch hinterlegte Gesellschafterliste mit allen Pflichtangaben gibt oder eine solche noch vor der „Korrekturliste“ hinterlegt wird, kann eine anlasslos eingereichte Gesellschafterliste aber in keinem Fall hinterlegt und ein entsprechender Eintragungsantrag zurückgewiesen werden.

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