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Schutz gegen unrichtige Handelsregistereintragung nach Geschäftsführer-Abberufung

Will sich ein GmbH-Geschäftsführer gegen seine (unberechtigte) Abberufung zur Wehr setzen, ist schnelles Handeln geboten. Andernfalls droht die Eintragung der Abberufung in das Handelsregister. Der Geschäftsführer muss dann aufwendig seine Wiedereintragung in das Handelsregister verlangen und gegebenenfalls klageweise durchsetzen. Bis eine Wiedereintragung erfolgt, kann ein längerer Zeitraum verstreichen – wenn zwischenzeitlich ein weiterer (wirksamer) Abberufungsbeschluss ergangen ist, wird dieses Begehren zudem erfolglos bleiben. Dies zeigt eine Entscheidung des KG Berlin vom 10.09.2020 (Az. 22 W 66/19).

Hintergrund: Keine Korrektur des Handelsregisters für falsche Eintragung einer Geschäftsführer-Abberufung in der Vergangenheit

Hintergrund des vom KG Berlin entschiedenen Falls war die Auseinandersetzung zwischen einer GmbH und ihrem Geschäftsführer. Der Geschäftsführer war von seinem Amt abberufen und die Abberufung in das Handelsregister eingetragen worden. Der zugrunde liegende Abberufungsbeschluss war allerdings nichtig, was später auch gerichtlich festgestellt wurde. Der Geschäftsführer begehrte daraufhin vom Handelsregister, seine Abberufung als Geschäftsführer zu löschen. In der Zwischenzeit war allerdings ein weiterer (diesmal wirksamer) Abberufungsbeschluss ergangen. Deswegen verweigerte das Registergericht die Wiedereintragung als Geschäftsführer – aus Sicht des KG Berlin zu Recht. Das Gericht stellte fest, dass die Löschung einer unwirksamen Geschäftsführer-Abberufung nicht mehr begehrt werden könne, wenn es zum Zeitpunkt des Löschungsbegehrens einen weiteren, wirksamen Abberufungsbeschluss gegeben habe und das Handelsregister damit im Ergebnis zutreffend sei. Diese Auffassung ist richtig und nachvollziehbar. Das Handelsregister soll (in erster Linie) Auskunft über die aktuellen Rechtsverhältnisse der dort eingetragenen Gesellschaften geben. Der Rechtsverkehr soll sich Kenntnis darüber verschaffen können, wer die betroffenen Gesellschaften als Geschäftsführer vertritt und ob es insofern Beschränkungen (Gesamtvertretungsbefugnis, Verbot des Insichgeschäfts nach § 181 BGB usw.) gibt. Wenn eine Registereintragung nur in der Vergangenheit unrichtig war, aber inzwischen inhaltlich zutreffend ist, gibt es also keinen Grund für eine Korrektur des Handelsregisters.

Schlussfolgerung: Schnelle Reaktion auf Abberufung des Geschäftsführers

Das Urteil des KG Berlin zeigt, dass schnelles Handeln bei Gesellschafter- und Geschäftsführerstreitigkeiten wichtig ist. Hätte der betroffene Geschäftsführer zeitnah auf seine (unwirksame) Abberufung reagiert, wäre diese vielleicht gar nicht erst in das Handelsregister eingetragen worden. Eine bloße Klage gegen den Abberufungsbeschluss hätte dafür aber ebenso wenig ausgereicht wie die Information an das Registergericht, dass er den Abberufungsbeschluss für unwirksam hält. Der Geschäftsführer, der sich gegen seine Abberufung wehrt, kann aber gegebenenfalls Maßnahmen im einstweiligen Rechtsschutz veranlassen. Mittels einstweiliger Verfügung können der Gesellschaft beispielsweise die Anmeldung der Geschäftsführerabberufung zum Handelsregister untersagt oder die Rechte des Geschäftsführers (z.B. auf Zutritt zu den Geschäftsräumen oder Einblick in bestimmte Unterlagen) vorläufig gesichert werden. Ein Vorgehen im einstweiligen Rechtsschutz kann für einen abberufenen Geschäftsführer also wichtige Rechtspositionen vorläufig sichern. Auch dem Geschäftsführer im Fall des KG Berlin hätte ein Vorgehen im einstweiligen Rechtsschutz möglicherweise geholfen.

Umgekehrt können die GmbH oder ihre Gesellschafter darauf angewiesen sein, die Abberufung eines Geschäftsführers zeitnah abzusichern. Sie können beispielsweise im Wege der einstweiligen Verfügung vorläufig die Ausübung der Geschäftsführungsbefugnisse untersagen oder beschränken, Zutrittsverbote aussprechen oder die Einsicht in Unterlagen verweigern.

Ob ein Vorgehen im einstweiligen Rechtsschutz sich lohnt und Aussicht auf Erfolgt hat, hängt vom Einzelfall ab. Dabei spielt es insbesondere eine Rolle, wer klagt (Fremd- oder Gesellschafter-Geschäftsführer, Gesellschafter, GmbH), welche einstweilige Regelung begehrt wird (Einsicht, Zutritt etc.) und – bei einem Vorgehen des Geschäftsführers – ob der Abberufungsbeschluss anfechtbar oder nichtig ist.

Exkurs: Einstweiliger Rechtsschutz bei Einziehung von Geschäftsanteilen

Eine ähnliche Problematik, die das KG Berlin ebenfalls angesprochen hat, stellt sich beim Ausschluss von Gesellschaftern bzw. der Einziehung oder Zwangsabtretung ihrer Geschäftsanteile. Da nur die in die elektronisch beim Handelsregister hinterlegte Gesellschafterliste eingetragenen Personen als Gesellschafter gelten (§ 16 GmbHG), schafft die Hinterlegung einer neuen Gesellschafterliste Fakten. Selbst wenn der Ausschließungs- oder Einziehungsbeschluss unwirksam war, verliert der Gesellschafter seine Gesellschafterrechte in dem Moment, in dem die neue Gesellschafterliste beim Handelsregister hinterlegt wird. Bis zur gerichtlichen Entscheidung über die Wirksamkeit des Ausschließungs-, Einziehungs- oder Zwangsabtretungsbeschlusses verliert er damit seine Einflussmöglichkeiten auf die Gesellschaft; zudem besteht die Gefahr, dass „seine“ Geschäftsanteile gutgläubig von einem Dritten erworben werden. Um dies zu vermeiden, muss der Gesellschafter gegebenenfalls neben der Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage gegen den Ausschließungs-, Einziehungs- oder Zwangsabtretungsbeschluss im Wege der einstweiligen Verfügung sicherstellen, dass schon gar keine neue Gesellschafterliste beim Handelsregister eingereicht oder hinterlegt wird.

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