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Anfechtung der Besicherung von Gesellschafterdarlehen

Auch nach der neuen Rechtslage ist eine anfängliche Stellung von Sicherheiten für Gesellschafterdarlehen in der Insolvenz der Gesellschaft anfechtbar und vom Gesellschafter zurückzugewähren, da das Bargeschäftsprivileg in diesen Fällen nicht anwendbar ist.

Hintergrund

Der Kläger ist Gesellschafter der später insolventen Aktiengesellschaft (Gesellschaft) und gewährte dieser ein Darlehen. Das Darlehen wurde im Mai 2017 an die Gesellschaft ausgezahlt. Kurz darauf wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft eröffnet. Mit der Klage begehrt der Gesellschafter von dem beklagten Insolvenzverwalter die Auszahlung des Erlöses aufgrund der Verwertung von Sicherungsrechten. Denn nach Ansicht des Klägers, seien ihm zur Absicherung seines Rückzahlungsanspruchs aus dem Darlehen die unbeschränkten Nutzungsrechte an einer durch die Gesellschaft hergestellten Software in unanfechtbarer Weise übereignet worden. Der Erlös aus der Verwertung dieser Softwarerechte sei daher an den Kläger auszukehren.

Das Urteil des OLG Düsseldorfs vom 10.10.2019, Az. 12 U 8/19

Das OLG Düsseldorf hat die Klage entgegen der Vorinstanz vollständig abgewiesen. Denn die Bestellung der Sicherheit sei in anfechtbarer Weise erfolgt. Dies führe dazu, dass dem Kläger kein Anspruch auf den Verwertungserlös zustehe. Die Bestellung einer Sicherheit für ein Gesellschafterdarlehen ist nach § 135 Abs. 1 Nr. 1 InsO anfechtbar, wenn diese innerhalb der letzten zehn Jahre vor Antragsstellung vorgenommen wurde. Diese Voraussetzungen seien vorliegend gegeben. Die Anfechtung sei auch nicht ausnahmsweise ausgeschlossen. Denn das sog. Bargeschäftsprivileg greife bei Anfechtung der Besicherung eines Gesellschafterdarlehens nicht.

Anmerkung

Mit dem (noch nicht rechtskräftigen) Urteil wird die Klärung noch bestehender Unsicherheiten hinsichtlich der Anfechtbarkeit der (anfänglichen) Besicherung von Gesellschafterdarlehen vorangetrieben. Bereits im Februar vergangenen Jahres hatte der BGH für die alte – bis zum 04.04.2017 geltende – Rechtslage entschieden, dass das Bargeschäftsprivileg nicht bei Sicherung von Forderungen aus Gesellschafterdarlehen (oder von gleichgestellten Forderungen) greife. Das OLG Düsseldorf hat nun nachgelegt und auch für die seit 05.04.2017 geltende Rechtslage festgehalten, dass hier nichts anderes gelte.

Die Anfechtung ermöglicht es dem Insolvenzverwalter Leistungen (insbes. Zahlungen), die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens getätigt wurden (unter bestimmen Voraussetzungen), vom Leistungsempfänger zurückzuverlangen. Dies führt in der Regel dazu, dass Vertragspartner davon Abstand nehmen, mit einem krisenbefallenen Unternehmen weiterhin Geschäfte zu tätigen; denn sie müssten befürchten die erhaltenen Zahlungen im Insolvenzfall zurückzuzahlen. Um dem entgegenzutreten und ein krisenbefallenes Unternehmen nicht vollständig vom Markt auszugrenzen, lässt das Gesetz eine Ausnahme zu und schließt die Anfechtbarkeit aus, sofern bei der Leistung die Voraussetzungen für das sog. Bargeschäft eingehalten wurden. Für Leistungen an Gesellschafter – seien es Zahlungen, aber gerade auch die Gewährung von Sicherheiten – soll diese Ausnahme nicht gelten. Denn die Anfechtbarkeit von Leistungen an Gesellschafter ist insbesondere Ausdruck des Nachrangs von Gesellschafterforderungen im Insolvenzfall und dient dem Gedanken, dass ein Gesellschafter seine Finanzierungsverantwortung nicht vollständig auf die Gesellschaftsgläubiger abwälzen können soll. Und zwar auch dann nicht, wenn ein Gesellschafter eigentlich nur bereit war, ein Darlehen unter Gewährung ausreichender Sicherheiten zu geben.

Gesellschafter eines krisenbefallenen Unternehmens sollten dieses Risiko künftig bei jeglichen Finanzierungsentscheidungen beachten. Denn im Zweifel fällt der Gesellschafter auch bei einer Finanzierung durch Darlehensgewährung trotz Sicherheit voll aus. Es ist davon auszugehen, dass der BGH dies und damit das Urteil des OLG Düsseldorf bestätigt.

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