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Abweichungen vom Musterprotokoll bei GmbH-Gründung im vereinfachten Verfahren

Eine GmbH kann in einfach gelagerten Fällen mit besonders wenig Aufwand auf Grundlage eines Musterprotokolls gegründet werden (sog. vereinfachtes Verfahren). Abweichungen vom Musterprotokoll sind nicht erlaubt, wenn von den Vorteilen der Mustergründung profitiert werden soll. Dies hat das OLG Stuttgart mit Beschluss vom 07.07.2020 (Az. 8 W 188/20) bestätigt und klargestellt, dass dies auch für die Regelung zum Gründungsaufwand gilt.

Hintergrund: GmbH-Gründung im vereinfachten Verfahren

Mit dem Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen („MoMiG“) vor mehr als 12 Jahren wurde im GmbH-Recht die Möglichkeit geschaffen, eine GmbH oder eine Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) in einem besonders schnellen Verfahren zu gründen (sog. vereinfachtes Verfahren, § 2 Abs. 1a GmbHG). Damit sollte die deutsche GmbH im internationalen Kontext, insbesondere im Vergleich mit Gesellschaften wie der englischen Limited, an Attraktivität gewinnen.

Die GmbH-Gründung im vereinfachten Verfahren erfolgt auf Grundlage eines notariell zu beurkundenden Musterprotokolls (Anlage zu § 2 Abs. 1a GmbHG). Dabei handelt es sich um eine Art Lückentext, in das nur noch die Details zu Firma, Sitz, Unternehmensgegenstand, Stammkapital, Gesellschafter, Geschäftsführerbestellung (zulässig ist nur die Bestellung eines Geschäftsführers, der zwingend von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit ist) und Gründungsaufwand einzutragen sind. Die Mustergründung erfordert daher nur wenig Aufwand und fasst die für die Gründung erforderlichen Unterlagen (Gründungsurkunde, Satzung, Gesellschafterliste) in einer Urkunde zusammen. Weil dies auch für den Notar weniger Arbeit bedeutet, ist die Mustergründung günstiger als die „normale“ Gründung.

Nachteil: Wenig Flexibilität bei Verwendung des Musterprotokolls

Das Musterprotokoll ist praktisch. Es hat aber einen wesentlichen Nachteil: Von den Vorgaben im Musterprotokoll darf nicht abgewichen werden (§ 2 Abs. 1a S. 3 GmbHG). Über das Musterprotokoll hinausgehende Regelungen oder Abweichungen hiervon sind nicht möglich. Zulässig sind nur die Eintragungen in freigelassenen Lücken, rein sprachliche Abweichungen (z.B. eine Umstellung der Wörter) und beurkundungsrechtlich gebotene Ergänzungen (z.B. Einschübe zur Identitätsfeststellung oder zur Vorbefassung des Notars). Alle anderen Änderungen führen dazu, dass es sich um eine „normale“ GmbH-Gründung handelt und die hierfür geltenden Vorschriften (Pflicht zur Einreichung einer separaten Gesellschafterliste, höhere Notarkosten usw.) eingehalten werden müssen. So war es auch in dem vom OLG Stuttgart entschiedenen Fall (Az. 8 W 188/20), in dem die Regelung zum Gründungsaufwand verändert worden war. Die Gründungsgesellschafterin hatte dort die vorgegebene Formulierung („Die Gesellschaft trägt die mit der Gründung verbundenen Kosten bis zu einem Gesamtbetrag von 300 €, höchstens jedoch bis zum Betrag ihres Stammkapitals.“) abgekürzt. Das Registergericht beanstandete dies. Die hiergegen gerichtete Beschwerde blieb ohne Erfolg. Das OLG Stuttgart stellte klar, dass der Wortlaut des Musterprotokolls auch beim Gründungsaufwand nicht verändert werden dürfe (und zwar selbst dann nicht, wenn die Streichung sich materiell auf die tatsächliche Kostenverteilung zwischen Gesellschaft und Gesellschafterin überhaupt nicht auswirke).

Praxistipp: Keine Abweichungen bei der GmbH-Gründung im vereinfachten Verfahren

Die Gründung auf Grundlage des Musterprotokolls ist für einige Standardfälle eine gute Wahl; dies gilt gerade für die Gründung von Einpersonen- oder Vorratsgesellschaften. Für alle anderen Fälle, d.h. vor allem bei der Gründung von Mehrpersonengesellschaften, dürfte die „normale“ GmbH-Gründung weiterhin der beste Weg sein. Denn nur dort können die Interessen und Bedürfnisse der Gesellschafter auf den auf den Einzelfall zugeschnitten geregelt und die Satzung entsprechend flexibel gestaltet werden.

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