stephanie mayer arbeitsrecht p 1.jpg

Gesamtbetriebsratssitzung kann trotz Corona als Präsenzsitzung durchgeführt werden

Der Arbeitgeber darf eine geplante Präsenzsitzung des Gesamtbetriebsrats nicht wegen gesteigerten Corona-Risikos untersagen. Dies gilt insbesondere, wenn geheim durchzuführende Wahlen anstehen, die nicht in Form einer Video- oder Telefonkonferenz durchgeführt werden können, entschied das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg am 24.08.2020 in einem Eilverfahren (Az: 12 TaBVGa 1015/20). Abgelehnt wurde indes der Antrag auf eine generelle Erlaubnis von Präsenzsitzungen.

Sachverhalt

Der Arbeitgeber betreibt Rehabilitationskliniken. Das Unternehmen hatte gegenüber dem bei ihm gebildeten Gesamtbetriebsrat Präsenzsitzungen verboten und auf die Durchführung der Sitzungen als Video- bzw. Telefonkonferenz verwiesen. Zur Begründung hat der Arbeitgeber auf Risiken durch das überregionale Zusammentreffen der Betriebsräte aufgrund der COVID-19-Pandemie verwiesen. Diese seien im Hinblick auf die Gefahr einer Verbreitung der Erkrankung in den Kliniken nicht hinnehmbar.

Der Gesamtbetriebsrat hat sich gegen die Untersagung gewandt und an der geplanten Durchführung der Sitzung des Gesamtbetriebsrats als Präsenzveranstaltung festgehalten. Er hat diesbezüglich darauf hingewiesen, dass die am Veranstaltungsort geltenden gesetzlichen Maßgaben zum Infektionsschutz eingehalten würden.

Das LAG hat entschieden, dass die geplante Präsenzsitzung vom Arbeitgeber hinzunehmen ist. Gegen diese Entscheidung ist im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes kein weiteres Rechtsmittel gegeben.

Entscheidungsgründe

Das Landesarbeitsgericht hat entschieden, die geplante Präsenzsitzung sei vom Arbeitgeber hinzunehmen. Nach dem Betriebsverfassungsgesetz entscheide der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats über die Einberufung der Sitzung und damit den Sitzungsort. Zudem könne der Gesamtbetriebsrat für die konkret anstehende Sitzung nicht auf eine nach § 129 BetrVG mögliche Sitzung in Form einer Video- oder Telefonkonferenz verwiesen werden, weil geheim durchzuführende Wahlen anstünden, was im Rahmen einer Video- oder Telefonkonferenz nicht möglich sei.

Nach der am Veranstaltungsort derzeit geltenden Corona-Kontakt- und Betriebsbeschränkungsverordnung sei die Durchführung der Gesamtbetriebsratssitzung zulässig. Die trotz zu erwartender Beachtung der Verhaltensvorgaben verbleibende Risikosteigerung berechtige den Arbeitgeber nicht zur Untersagung der Sitzung als Präsenzveranstaltung.

Ob hier für zukünftige Sitzungen, insbesondere solche ohne anstehende Wahlen und abhängig von der Entwicklung des Infektionsgeschehens etwas Anderes gelten könne, hat das Landesarbeitsgericht offen gelassen. Es müsse stets im Einzelfall abgewogen werden. Deshalb wurde ein Antrag des Gesamtbetriebsrats zurückgewiesen, der auf eine generelle Erlaubnis von Präsenzsitzungen zielte.

Hinweise für die Praxis

Diese Entscheidung zeigt, dass auch oder gerade in Zeiten der Corona-Pandemie generelle Lösungen ausgeschlossen sind und jeweils der konkrete Einzelfall bewertet werden muss. Auch eine solche Sondersituation führt nicht dazu, dass grundlegende betriebsverfassungsrechtliche Bestimmungen wie die geheime Wahl ausgehebelt werden können. Es sind aber die jeweils geltenden aktuellen Bestimmungen zu beachten, die vorliegend eingehalten werden konnten.

Kontakt > mehr