andreas imping arbeitsrecht 1.jpgnadja schmidt vertriebsrecht.jpg

Befristung eines Arbeitsvertrages wegen vorübergehenden Arbeitsbedarfs

Das BAG hat mit Urteil vom 21.08.2019 (Az.: 7 AZR 572/17) entschieden, dass die Übernahme eines zeitlich begrenzten Projekts, für dessen Erledigung das vorhandene Stammpersonal nicht ausreicht, einen vorübergehenden Beschäftigungsbedarf nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG begründen kann. Damit hat das BAG seine bisherige Rechtsprechung bestätigt.

Sachverhalt

Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund Befristung am 31.12.2015 geendet hat.

Nachdem zwischen den Parteien bereits eine Vorbeschäftigung bestanden hatte, wurde die Klägerin vom beklagten Freistaat Thüringen mehrfach befristet bis zum 31.12.2015 beschäftigt. Die Klägerin war beim Thüringer Landesverwaltungsamt eingesetzt und ausschließlich mit Verwaltungsaufgaben im Zusammenhang mit Fördermaßnahmen befasst. Ab dem 01.07.2015 ging die Zuständigkeit auf ein anderes Amt über. Das Thüringer Landesverwaltungsamt blieb für die vor dem 01.07.2015 bewilligten Vorhaben zuständig.

Die Klägerin war der Auffassung, dass die Befristung zum 31.12.2015 unwirksam sei, da sie nicht durch einen Sachgrund gerechtfertigt sei.

Das Arbeitsgericht gab der Klage statt. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Revision der Klägerin führte zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht.

Entscheidungsgründe

Nach Auffassung des BAG sei das Landesarbeitsgericht mit einer rechtsfehlerhaften Begründung zu dem Ergebnis gelangt, die Befristung des letzten Arbeitsvertrags der Parteien zum 31.12.2015 sei durch den Sachgrund des nur vorübergehenden Bedarfs an der Arbeitsleistung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG gerechtfertigt.

  • Nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG liege ein sachlicher Grund für die Befristung eines Arbeitsvertrags vor, wenn der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht. Ein vorübergehender Beschäftigungsbedarf in dem Betrieb oder der Dienststelle könne sowohl durch einen vorübergehenden Anstieg des Arbeitsvolumens im Bereich der Daueraufgaben des Arbeitgebers entstehen als auch durch die Übernahme eines Projekts oder einer Zusatzaufgabe, für deren Erledigung das vorhandene Stammpersonal nicht ausreicht, oder daraus, dass sich der Arbeitskräftebedarf künftig verringern wird.
  • Der Arbeitgeber könne sich zur sachlichen Rechtfertigung eines befristeten Arbeitsvertrags auf eine Tätigkeit in einem zeitlich begrenzten Projekt nur dann berufen, wenn es sich bei den im Rahmen des Projekts zu bewältigenden Aufgaben um eine auf vorübergehende Dauer angelegte und gegenüber den Daueraufgaben des Arbeitgebers abgrenzbare Zusatzaufgabe handelt.

    Daueraufgaben des Arbeitgebers seien Tätigkeiten, die im Rahmen seiner unternehmerischen Ausrichtung ständig und im Wesentlichen unverändert anfallen.

    Um Zusatzaufgaben handele es sich hingegen, wenn die Tätigkeiten entweder nur unregelmäßig – z.B. nur aus besonderem Anlass – ausgeführt werden oder sie mit unvorhersehbaren besonderen Anforderungen in Bezug auf die Qualifikation des benötigten Personals verbunden sind und sie deshalb keinen vorhersehbaren Personalbedarf sowohl in quantitativer Hinsicht als auch in Bezug auf die Qualifikation des benötigten Personals verursachen.
  • Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Verwaltungsaufgaben im Rahmen der Förderprojekte sei eine gegenüber den Daueraufgaben des Beklagten abgrenzbare Zusatzaufgabe, halte einer Überprüfung nicht stand. Die Verwaltung eines Förderprogramms könne dann zu den Daueraufgaben gehören, wenn derartige Verwaltungsaufgaben im Rahmen von Förderprogrammen ständig und im Wesentlichen unverändert anfallen und einen auf längere Zeit planbaren Personalbedarf mit sich bringen.

Hinweise für die Praxis

Das BAG bestätigt seine bisherige Rechtsprechung. Die Befristung eines Arbeitsvertrages kann nicht auf § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG gestützt werden, wenn an der Beschäftigung des Arbeitnehmers tatsächlich ein Dauerbedarf besteht. Die Frage, ob Dauer- oder Zusatzaufgaben vorliegen, führt in der Praxis jedoch oftmals zu Abgrenzungsschwierigkeiten. Im Bereich der Daueraufgaben kann der Arbeitgeber jedenfalls nicht auf eine Befristung zurückgreifen, wenn er diese Aufgaben künstlich in „Projekte“ aufteilt (BAG, Urteil vom 23.01.2019 – 7 AZR 212/17). Der Sachgrund setzt voraus, dass im Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist, dass für eine Beschäftigung des befristet eingestellten Arbeitnehmers über das vorgesehenen Vertragsende hinaus kein dauerhafter betrieblicher Bedarf mehr besteht. Hierüber hat der Arbeitgeber eine Prognose zu erstellen, der konkrete Anhaltspunkte zugrunde liegen müssen (BAG, Urteil vom 16.01.2018 – 7 AZR 21/16).

Wenn der Arbeitnehmer geltend machen will, dass die Befristung eines Arbeitsvertrages rechtsunwirksam ist, z.B. wegen eines fehlenden Sachgrundes oder nicht eingehaltener Schriftform nach § 14 Abs. 4 TzBfG, so muss er innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrages Entfristungsklage beim Arbeitsgericht erheben, vgl. § 17 TzBfG. Andernfalls gilt die Befristung von Anfang an als wirksam (BAG, Urteil vom 16.04.2003 – 7 AZR 119/02).

Kontakt > mehr