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Aufhebung der Einstellung eines Arbeitnehmers nach § 101 Satz 1 BetrVG

Wird ein Arbeitnehmer aufgrund der ihm übertragenen Personalverantwortung in mehrere Betriebe eingegliedert, ist die Zustimmung aller Betriebsräte bei der Einstellung erforderlich. Der Gesamtbetriebsrat ist hierfür nicht zuständig. Das hat das BAG mit Beschluss vom 22.10.2019 – 1 ABR 13/18 entschieden.

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten über die Aufhebung einer Einstellung.

Die Arbeitgeberin, bei der ein Gesamtbetriebsrat besteht, erbringt an drei Betrieben IT-Dienstleistungen. Sie stellte einen Arbeitnehmer ein, nach dessen Arbeitsvertrag der Dienstort der Betrieb der Arbeitgeberin in M war. Der Arbeitnehmer war sowohl für die im Betrieb M tätigen Arbeitnehmer als auch für die in H tätigen Mitarbeiter personalverantwortlich. Seine Aufgaben nahm er tageweise in M und in H wahr, wobei er lediglich in M über ein eigenes Büro verfügte.

Der für den Betrieb M gebildete Betriebsrat stimmte der Einstellung des Arbeitnehmers zu. Den für den Betrieb H gebildeten Betriebsrat beteiligte die Arbeitgeberin nicht.

Der Betriebsrat aus H hatte in dritter Instanz vor dem Bundesarbeitsgericht Erfolg.

Entscheidungsgründe

Das BAG stellte zunächst klar, dass der Gesamtbetriebsrat nicht zuständig sei. Dieser sei durch die begehrte Entscheidung nicht unmittelbar in seiner betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsstellung betroffen. Dem Gesamtbetriebsrat könne nach § 50 Abs. 1 Satz 1 BetrVG nur die Behandlung solcher Angelegenheiten zugewiesen sein, die das Gesamtunternehmen oder mehrere Betriebe betreffen. Eine etwaige Einstellung des Arbeitnehmers in den Betrieb H betreffe jedoch nicht mehrere Betriebe, sondern nur diesen Betrieb. Soweit der Arbeitnehmer gleichzeitig auch in den Betrieb in M eingestellt wurde, obliege die Wahrnehmung des dadurch begründeten Zustimmungsrechts dem dortigen Betriebsrat. Es handele sich daher nicht um eine, sondern um zwei unterschiedliche zustimmungspflichtige Maßnahmen.

Jedoch habe neben dem Betriebsrat in M auch der Betriebsrat in H der Einstellung zustimmen müssen. Denn die für eine Einstellung erforderliche Eingliederung in die Betriebsorganisation erfordere nicht, dass der Arbeitnehmer seine Arbeiten auf dem Betriebsgelände oder innerhalb der Betriebsräume verrichtet. Zudem setze die für eine Einstellung iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG notwendige Eingliederung in die Betriebsorganisation nicht voraus, dass der Arbeitnehmer seine Arbeiten zu bestimmten Zeiten im Betrieb verrichten muss oder dort über ein eigenes Büro verfügt. Entscheidend sei vorliegend, dass der Arbeitnehmer aufgrund seiner Funktion Arbeitnehmern im Betrieb H fachlich und disziplinarisch weisungsbefugt sei und damit - mittelbar - auch auf die dortigen Arbeitsabläufe oder -inhalte Einfluss nehmen könne.

Hinweise für die Praxis

Der vom BAG entschiedene Fall zeigt, dass ein Arbeitnehmer, der in einem Betrieb eingegliedert ist, zugleich durch die Wahrnehmung von Vorgesetztenfunktion auch in einem weiteren Betrieb des Arbeitgebers eingegliedert sein kann. Dem Betriebsverfassungsgesetz lässt sich nicht entnehmen, dass eine Einstellung iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG nicht gleichzeitig in mehreren Betrieben möglich sein kann (vgl. BAG 12.06.2019 - 1 ABR 5/18, Rn. 24). Der Arbeitgeber sollte daher dafür sorgen, in solchen Fällen unabhängig vom arbeitsvertraglich vereinbarten Dienstort die Zustimmung aller Betriebsräte für die Einstellung einzuholen.

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