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Variable Vergütung für den Vorstand?

Vorstandsdienstverträge können mit Blick auf die Vorstandsvergütung weitgehend frei gestaltet werden. Insbesondere können umfassende Freiwilligkeitsvorbehalte selbst dann vereinbart werden, wenn es sich beim Dienstvertrag um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt.

Hintergrund: Vereinbarung von Sonderleistungen im Vorstandsdienstvertrag

Der Kläger war zunächst als Arbeitnehmer bei einer Aktiengesellschaft angestellt. Später wurde er zum Vorstand der Gesellschaft bestellt und hierfür ein Vorstandsdienstvertrag mit ihm abgeschlossen. Sowohl der ursprüngliche Arbeitsvertrag als auch der Vorstandsdienstvertrag sahen neben einem Festgehalt die Möglichkeit zur Zahlung eines Bonus vor. Der Vorstandsdienstvertrag stellte dabei ausdrücklich klar, dass der Bonus, über den der Aufsichtsrat zu beschließen hatte, in jedem Fall freiwillig sei und auf seine Zahlung kein Rechtsanspruch bestehe.

Der Kläger erhielt sowohl während seiner Zeit als Arbeitnehmer der Gesellschaft als auch als Vorstand in mehreren aufeinanderfolgenden Jahren Bonuszahlungen. 2011 kündigte er jedoch sein Dienstverhältnis mit der Beklagten und legte sein Vorstandsamt nieder. Anschließend klagte er gegen die Gesellschaft auf Zahlung eines Bonus für das Jahr 2011 und hatte damit – zunächst – Erfolg. Die Gesellschaft ging dagegen jedoch zuletzt mit der Revision beim BGH vor.

Das Urteil des BGH vom 24.09.2019 (Az. II ZR 192/18)

Die Revision der Gesellschaft war erfolgreich: die Zahlungsklage des Klägers wurde vollständig abgewiesen. Der BGH sah dabei den Vorstandsdienstvertrag als Allgemeine Geschäftsbedingungen an. Er kam jedoch selbst bei Zugrundelegung des danach geltenden strengen Maßstabs für die Wirksamkeit von Vertragsklauseln zu dem Ergebnis, dass der Kläger keinen Anspruch auf Zahlung eines konkreten Bonus und nicht einmal einen Anspruch auf eine Entscheidung des Aufsichtsrats darüber habe, ob überhaupt ein Bonus zu zahlen sei. Auch aus der Zahlung von Boni in den vorangegangenen Jahren ließen sich, so der BGH, solche Ansprüche nicht herleiten.

Anmerkung

Der Vorstand einer Aktiengesellschaft ist kein Arbeitnehmer. Daher ist er mit Blick auf seinen Anstellungs-/Dienstvertrag häufig auch weniger geschützt als ein Arbeitnehmer, was auch das Urteil des BGH zeigt. Denn anders als die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung, die Freiwilligkeitsvorbehalte für zielbezogene Boni in Arbeitsverträgen regelmäßig als unangemessene Benachteiligung und daher als unwirksam einstuft, sind nach dem BGH derartige Vorbehalte in Vorstandsdienstverträgen nicht zu beanstanden. Auch eine betriebliche Übung begründet aus Sicht des BGH keinen Anspruch auf Bonuszahlungen (so wie es in der arbeitsrechtlichen Rechtsprechung der Fall ist), sondern stellt allenfalls eine Auslegungshilfe für den Vorstandsdienstvertrag dar. Dies gilt selbst dann, wenn die vertraglichen Regelungen als Allgemeine Geschäftsbedingungen anzusehen sind und daher einer besonders strengen Wirksamkeitskontrolle unterliegen.

Dies zeigt: Bei der Gestaltung von Vorstandsdienstverträgen besteht nach wie vor eine große Gestaltungsfreiheit auch und gerade bei den Vergütungsregeln. So kann beispielsweise die Zahlung eines Bonus für den Vorstand in das Ermessen des Aufsichtsrats gestellt und insofern ein umfassender Freiwilligkeitsvorbehalt wirksam vereinbart werden. Dies gilt selbst dann, wenn der Dienstvertrag mehrfach verwendet werden soll und es sich daher um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt. Es sollte aber bei aller Gestaltungsfreiheit bei Verträgen mit Vorstandsmitgliedern von Aktiengesellschaften auch nicht vergessen werden, dass andere Punkte weniger flexibel sind (z.B. die Regelungen zur ordentlichen Kündigung des Dienstverhältnisses). Bei der Gestaltung von Vorstandsdienstverträgen sollte daher von allen Beteiligten einige Sorgfalt auf die Formulierung des Vertrags und – mit Blick auf das Entstehen einer betrieblichen Übung, die jedenfalls für die Auslegung des Vertrags bedeutsam ist – dessen tatsächliche Umsetzung verwendet werden. Wenn vor Abschluss des Vorstandsdienstvertrags bereits ein Arbeitsvertrag bestand, sollte im Übrigen auch dieser Umstand bei der Gestaltung unbedingt berücksichtigt werden. Andernfalls kann es zu ungewollten Überraschungen kommen, wenn nach Ende der Vorstandstätigkeit der Arbeitsvertrag wieder auflebt und für diesen plötzlich sehr viel strengere Wirksamkeitsanforderungen gelten als für den bis dahin anwendbaren Vorstandsdienstvertrag. Zuletzt gilt es, die Formalia zu beachten: Für den Abschluss von Vorstandsdienstverträgen ist gemäß § 112 AktG (allein) der Aufsichtsrat zuständig.

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