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Anpassung der Regeln zur virtuellen Hauptversammlung 2021

Klassische, also physische Hauptversammlungen von Aktiengesellschaften sind in Zeiten von Corona selbst bei kleinerem Aktionärskreis auf absehbare Zeit nicht möglich. Der Gesetzgeber hat das Problem im Frühjahr 2020, während der ersten „Corona-Welle“, frühzeitig erkannt und mit dem „Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der Covid-19-Pandemie (COVID-19-GesR-G)“ für Aktiengesellschaften die Möglichkeit einer (rein) virtuellen Hauptversammlung eingeführt. Die virtuelle Hauptversammlung wurde von der Praxis sehr gut angenommen und hat die Saison der Aktionärstreffen im Jahr 2020 geprägt. Die ursprünglich bis zum Jahresende 2020 befristeten Erleichterungen wurden kürzlich per Verordnung bis zum 31. Dezember 2021 verlängert.

Der Gesetzgeber hat dabei einige Kritik aus der Praxis zum Anlass genommen, überschaubare Änderungen zu beschließen. Am 17. Dezember 2020 hat der Bundestag das „Gesetz zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Anpassung pandemiebedingter Vorschriften im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins- und Stiftungsrecht sowie im Miet- und Patentrecht“ beschlossen. Bereits am 18. Dezember 2020 hat das Gesetz den Bundesrat passiert (BR-Drucks. 761/20). Die Änderungen zur virtuellen Hauptversammlung sollen zwei Monate nach der – aktuell noch ausstehenden Verkündung – im Gesetzesblatt in Kraft treten.

Die Änderungen im Überblick:

  • Den Aktionären muss bei einer virtuellen Hauptversammlung ein „Fragerecht“ und nicht nur eine „Fragemöglichkeit“ im Wege der elektronischen Kommunikation eingeräumt werden (vgl. § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 COVID-19-GesR-G n.F.).
  • Bisher konnte der Vorstand nach pflichtgemäßem, freiem Ermessen entscheiden, welche Fragen er wie beantwortet. Das Ermessen bezog sich damit sowohl auf das „Ob“ als auch das „Wie“ der Beantwortung. Zudem konnte er vorgeben, dass Fragen bis spätestens zwei Tage vor der Versammlung im Wege elektronischer Kommunikation einzureichen sind. Nunmehr hat der Vorstand kein Ermessen mehr zum Ob, sondern „nur“ noch zum Wie der Beantwortung von Fragen (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 2 HS. 1 COVID-19-GesR-G n.F.). Er kann weiterhin Fragen und deren Beantwortung zusammenfassen. Darüber hinaus wurde die Frist zur Einreichung von Fragen auf einen Tag verkürzt (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 2 HS. 2 COVID-19-GesR-G n.F.).
  • Anträge oder Wahlvorschläge von Aktionären in der virtuellen Hauptversammlung sind so zu behandeln, als würden sie in dieser (nochmals) gestellt. Mit der Änderung wird, wie der Rechtsausschuss ausführt, eine von vielen Unternehmen in den Hauptversammlungen des Jahres 2020 praktizierte Vorgehensweise in die gesetzliche Regelung übernommen, die häufig als „Fiktionslösung“ bezeichnet wird. Sie trägt der Tatsache Rechnung, dass eine – nach allgemeiner Meinung erforderliche – (nochmalige) Antragstellung „in“ der Versammlung nicht möglich ist, wenn den elektronisch teilnehmenden Aktionären (§ 118 Absatz 1 Satz 2 AktG) kein Antragsrecht gewährt wird oder den Aktionären die Stimmrechtsausübung lediglich im Wege der elektronischen Briefwahl ermöglicht wird. Erforderlich ist indes, dass der betroffene Aktionär seine Legitimation nachgewiesen und sich zu der Versammlung ordnungsgemäß angemeldet hat, da dies auch die Voraussetzungen dafür wären, dass er in der Präsenzversammlung einen Antrag stellen könnte.

Fazit

Die punktuellen Änderungen sind weitgehend zu begrüßen. Insbesondere die Regelung zur bereits praktizierten „Fiktionslösung“ bei Aktionärsanträgen schafft Klarheit. Die Verkürzung der Einreichungsfrist für Fragen auf nur noch einen Tag ist kritisch zu sehen: den Aktionären ist mit einer ausreichend vorbereitete und ggf. detailliertere Antwort wohl mehr gedient; eine interaktive Generaldebatte fand in 2020 und wird vermutlich auch in 2021 ohnehin nicht stattfinden.

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