hendrik thies gesellschaftsrecht h.jpgtina bieniek gesellschaftsrecht h.jpg

Wettbewerbsverbot für den GmbH-Minderheitsgesellschafter

Wettbewerbsverbote für GmbH-Minderheitsgesellschafter sind nur in engen Grenzen zulässig, nämlich nur dann, wenn sie die betroffene GmbH wesentlich beeinflussen können. Dies ruft ein aktuelles Urteil des OLG Stuttgart in Erinnerung. Wettbewerbsverbote sollten dementsprechend stets sorgfältig geprüft und gestaltet werden.

Hintergrund

Die Beklagten waren Gesellschafter der Klägerin, einer GmbH, und hielten an dieser 13% bzw. 26% der Geschäftsanteile. Sie waren außerdem Prokuristen der Klägerin und hatten mit dieser jeweils Anstellungsverträge abgeschlossen. Die Satzung der Klägerin sah ein Wettbewerbsverbot für alle Gesellschafter (unabhängig von der Höhe ihrer Beteiligung) vor.

Nach einer Weile der Zusammenarbeit kündigten die Beklagten ihre Anstellungsverträge mit der Klägerin. Sie arbeiteten von diesem Zeitpunkt an für eine Konkurrenzgesellschaft, zu der infolgedessen auch mehrere Geschäftspartner der Klägerin als Kunden wechselten. Kurz darauf kündigten die Beklagten dann auch entsprechend der Satzung ihre Gesellschafterstellung bei der Klägerin auf das Ende des folgenden Jahres.

Die Klägerin klagte daraufhin gegen die Beklagten u.a. auf Unterlassung von Wettbewerb bis zum Ausscheiden der Beklagten als Gesellschafter (d.h. bis zum Ablauf des folgenden Jahres) sowie auf Schadensersatz für die – nach Auffassung der Klägerin – unter Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot begründeten Geschäfte mit den ehemaligen Kunden der Klägerin. Vor dem Landgericht blieb die Klage erfolglos.

Die Entscheidung des OLG Stuttgart vom 07.03.2019 (Az. 14 U 26/16)

Auch die Berufung der Klägerin vor dem OLG Stuttgart hatte keinen Erfolg. Das Gericht entschied, dass das in der Satzung der Klägerin vereinbarte Wettbewerbsverbot unwirksam sei , weil die Beklagten als Minderheitsgesellschafter ohne Sonderrechte die Klägerin jedenfalls nach Beendigung ihres Anstellungsverhältnisses in keiner Weise kontrollieren und damit auch nicht von innen her zugunsten ihrer eigenen Konkurrenztätigkeit aushöhlen könnten.

Praxishinweis: Achtung bei Wettbewerbsverboten für Minderheitsgesellschafter

Die meisten GmbH-Satzungen enthalten Wettbewerbsverbote für die Gesellschafter – und zwar in den verschiedensten Ausgestaltungen, was den sachlichen, zeitlichen und personellen Umfang angeht. Dies ist im Grunde nachvollziehbar, da die Gesellschafter untereinander und gegenüber der Gesellschaft zur Treue und gegenseitigen Rücksichtnahme verpflichtet sind und es dem zuwiderlaufen würde, wenn einer der Gesellschafter der Gesellschaft durch seine Konkurrenztätigkeit schadet.

Gleichwohl gibt es Grenzen, die bei der Formulierung von Wettbewerbsverboten zu berücksichtigen sind. Denn weil Wettbewerbsverbote einerseits die Berufsausübungsfreiheit der Gesellschafter einschränken und andererseits den Wettbewerb auf dem Markt beeinflussen, müssen sie sich an wettbewerbsrechtlichen Vorschriften (§ 1 GWB) ebenso wie am allgemeinen Grundsatz der Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) messen lassen. Generell gilt dabei: Wettbewerbsverbote sind zulässig, wenn sie erforderlich sind, um eine Aushöhlung der Gesellschaft und ihre Ausschaltung als Wettbewerber von innen her zu vermeiden. Im vom OLG Stuttgart entschiedenen Fall waren diese Voraussetzungen (jedenfalls nach Beendigung des Anstellungsverhältnisses) nicht erfüllt, weil die Beklagten als Minderheitsgesellschafter ohne Sonderrechte die Klägerin nicht zugunsten ihrer Tätigkeit in der Konkurrenzgesellschaft beeinflussen konnten.

Für GmbHs und ihre Gesellschafter bedeutet dies: Achtung bei der Formulierung von Wettbewerbsverboten! Dies gilt besonders dann, wenn Minderheitsgesellschafter betroffen sind; Wettbewerbsverbote sind in diesen Fällen regelmäßig nur wirksam, wenn der Minderheitsgesellschafter die Gesellschaft relevant beeinflussen kann (z.B. über Sonderrechte wie Vetorechte oder Mehrstimmrechte oder eine besondere Mitarbeit in einer personalistisch geprägten Gesellschaft). Darüber hinaus müssen sich Wettbewerbsverbote auch räumlich, sachlich und zeitlich in einem (mit Blick auf die konkrete Gesellschaft) angemessenen Rahmen bewegen. So wäre beispielsweise ein weltweites Wettbewerbsverbot für den Gesellschafter einer nur regional tätigen Gesellschaft unwirksam oder könnte dem Gesellschafter eines Bauunternehmens im Regelfall nicht verboten werden, sich im Kunsthandel zu betätigen. Ein Wettbewerbsverbot sollte daher in jedem Einzelfall genau geprüft und formuliert werden. Es sollte außerdem geprüft werden, ob die Interessen der Gesellschaft auch durch ein milderes Mittel (z.B. durch Kundenschutzklauseln) ausreichend geschützt werden können und ein solches daher vorzugswürdig sein könnte.

Das Urteil des OLG Stuttgart ruft unabhängig davon in Erinnerung: auch ohne Wettbewerbsverbot dürfen die (Minderheits- und Mehrheits-)Gesellschafter einer GmbH nie treuwidrig Geschäfte der GmbH an sich ziehen. Dies war im vorliegen entschiedenen Fall jedoch nicht gegeben.

Kontakt > mehr