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Wen verklagt man bei Unrichtigkeit der GmbH-Gesellschafterliste?

Die zum Handelsregister einzureichende Gesellschafterliste ist von essenzieller Bedeutung für die Frage, wer in einer GmbH Gesellschafterrechte ausüben darf. So gilt gegenüber der Gesellschaft nur derjenige als Gesellschafter, der als solcher in der Gesellschafterliste aufgeführt wird (sog. Legitimationswirkung der Gesellschafterliste, § 16 Abs. 1 GmbHG). Auch Dritte können sich beim Erwerb von Anteilen seit 2008 unter gewissen Voraussetzungen darauf verlassen, dass sie GmbH-Anteile vom eingetragenen Gesellschafter als Verfügungsberechtigtem erwerben (§ 16 Abs. 3 GmbHG, gutgläubiger Erwerb). Weist eine GmbH-Gesellschafterliste unrichtige Tatsachen auf, besteht daher ein erhebliches Interesse des benachteiligten Gesellschafters daran, dass die Gesellschaft eine korrigierte Liste beim Handelsregister einreicht. Um dieses Ziel zu erreichen, kann der benachteiligte Gesellschafter dem KG Berlin zur Folge direkt die Gesellschaft verklagen.

Hintergrund

Die Klägerin war ursprünglich Gesellschafterin der Beklagten, einer GmbH. Sie übertrug ihre Geschäftsanteile unter der Bedingung der Vorlage einer vorformulierten Bürgschaftserklärung an einen Dritten. Nach vermeintlicher Erfüllung dieser Bedingung wurde vom beurkundenden Notar eine korrigierte Gesellschafterliste beim Handelsregister eingereicht, die den Dritten als neuen, alleinigen Gesellschafter der Beklagten auswies. Aufgrund einer erst nachträglich entdeckten Abweichung der vorgelegten zur vorformulierten Bürgschaftserklärung war die Klägerin jedoch in der Folgezeit der Auffassung, dass die Bedingung für die Übertragung ihrer Geschäftsanteile nicht eingetreten und sie daher noch Gesellschafterin der Beklagten sei.

Nachdem der Dritte eine „richtige“, vorformulierte Bürgschaftserklärung vorgelegt hatte, war der Rechtsstreit erledigt. Das Gericht verurteilte die Klägerin aber zur Tragung der Kosten des Verfahrens. Diese Entscheidung begründete es damit, dass die Gesellschaft nicht die richtige Beklagte gewesen sei, weshalb die Klage – wenn sie nicht für erledigt erklärt worden wäre – hätte abgewiesen werden müssen. Zudem, so das Gericht, hätte die Klägerin vor Klageerhebung gegen die Gesellschaft zunächst einen Rechtsstreit gegen den Dritten als Erwerber der Anteile führen müssen. Hiergegen wandte sich die Klägerin mit der sofortigen Beschwerde.

Der Beschluss des KG Berlin vom 10.07.2019, Az. 2 W 16/19

Das für das Beschwerdeverfahren zuständige KG Berlin hob die Kostenentscheidung auf. Zur Begründung verwies das Gericht darauf, dass die Gesellschaft die richtige Beklagte gewesen sei.

Eine vorherige Klärung des Streits um die Inhaberschaft der Geschäftsanteile zwischen der Klägerin und dem Erwerber der Anteile sei gesetzlich nicht erforderlich. Auch das Erfordernis einer Klage gegen ein Organ der Gesellschaft, beispielsweise den Geschäftsführer, statt gegen die Gesellschaft selbst, sei mit dem Wesen der GmbH nicht vereinbar. So sei das bei einer GmbH maßgebliche Verhältnis dasjenige zwischen den Gesellschaftern und der Gesellschaft. Demzufolge müsse auch der Anspruch eines Gesellschafters auf Korrektur der Gesellschafterliste in diesem Verhältnis – also gegen die Gesellschaft als Beklagte – verfolgt werden können.

Anmerkung

Einem zu Unrecht nicht (mehr) in die GmbH-Gesellschafterliste eingetragenen Gesellschafter stehen primär zwei Handlungsmöglichkeiten zur Verfügung: Zum einen kann er die Zuordnung eines Widerspruchs zur unrichtigen Gesellschafterliste im Handelsregister verlangen. Dieser ist fortan für jedermann bei Abrufen der Gesellschafterliste einsehbar. Der Widerspruch schützt den benachteiligten Gesellschafter zum Beispiel vor einem gutgläubigen (d.h. wirksamen) Erwerb „seines“ Anteils durch einen Dritten vom „falschen“ eingetragenen Gesellschafter.

Ein solcher Widerspruch gibt dem benachteiligten Gesellschafter allerdings nicht seine Gesellschafterrechte zurück. Dies kann durch die Klage auf Einreichung einer korrigierten Gesellschafterliste – mithin die zweite Handlungsmöglichkeit – erreicht werden. Nach dem KG Berlin ist richtiger Klagegegner für eine solche Klage immer die Gesellschaft selbst und beispielsweise nicht deren Geschäftsführer. Dies ist folgerichtig, da (neben dem jeweils beteiligten Notar) der Geschäftsführer zwar die Pflicht zur Einreichung einer Gesellschafterliste hat, er diese Pflicht aber allein in seiner Eigenschaft als Gesellschaftsorgan für die Gesellschaft wahrnimmt.

Dass eine Klage auf Einreichung einer korrigierten Gesellschafterliste nicht zuerst gegen den begünstigten, „falschen“ Gesellschafter zu richten ist, entspricht nicht nur dem Gebot der Prozessökonomie, sondern ergibt sich auch aus einer Parallele zum Aktienrecht, wo die Klagemöglichkeit gegen die Gesellschaft explizit geregelt ist (§ 67 Abs. 2 AktG). Je nach Fallgestaltung und Interessenlage kann es sich aber anbieten, den eingetragenen Gesellschafter in den Prozess einzubeziehen (so genannte „Streitverkündung“); er kann aber auch dem Rechtsstreit freiwillig beitreten, um die Gesellschaft zu unterstützen (so genannte „Nebenintervention“). Ungeklärt ist in diesem Kontext, ob der eingetragene Gesellschafter – sofern ihm nicht „aktiv“ der Streit verkündet und er damit unfreiwillig in den Rechtsstreit einbezogen wird – Anspruch darauf hat, von der Gesellschaft über den Prozess frühzeitig informiert zu werden, um dann die Möglichkeit der Nebenintervention wahrnehmen zu können. Ein solcher Informationsanspruch zugunsten des eingetragenen Gesellschafters könnte sich aus der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht ergeben.

Unabhängig davon zeigt der Fall, dass auf die Formulierung der Bedingungen in Anteilskaufverträgen (und die Prüfung deren Eintritts) erhebliche Sorgfalt zu verwenden ist.

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