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Lektoren und Übersetzer wissenschaftlicher Texte sind in der Künstlersozialkasse zu versichern

Auch freie Lektoren und Übersetzer wissenschaftlicher Texte üben eine publizistische Tätigkeit aus und sind deshalb in der Künstlersozialkasse (KSK) zu versichern. Dies hat das Bundessozialgericht (BSG) in seinem Urteil vom 04.06.2019 entschieden (Az. B 3 KS 2/18 R).

Sachverhalt

Die Klägerin war als examinierte Theologin unter anderem wissenschaftlich an einer Universität sowie als selbstständige Lektorin und Redakteurin tätig. Am 26.09.2011 meldete sie die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit als Publizistin bei der beklagten Künstlersozialkasse an. Sie gab dabei an, ihre selbständige Tätigkeit teile sich auf die Bereiche Grafik Design/Layout mit etwa 5%, Schriftstellerin mit etwa 10%, wissenschaftliche Autorin mit etwa 10%, Lektorat und Übersetzungen von Literatur mit etwa 70% sowie Lektorat/Übersetzungen Nicht-Literatur von bis zu 5% auf.

Die Beklagte lehnte die Feststellung der Künstlersozialversicherungspflicht der Klägerin insbesondere mit dem Argument ab, orthografische und grammatikalische Korrekturen seien keine publizistischen Tätigkeiten im Sinne des Künstlersozialversicherungsgesetzes (KSVG). Bei der Übersetzung wissenschaftlicher Texte stehe die Kreativität des Übersetzers hinter der des Schöpfers des Werks deutlich zurück, da diese Texte keine vom Original abweichenden Neuformulierungen erlaubten, sodass auch dies keine publizistischen Tätigkeiten seien.

Das Sozialgericht folgte der Argumentation der Beklagten nicht und stellte die Künstlersozialversicherungspflicht der Klägerin fest; die Berufung der Beklagten blieb ebenso erfolglos, wie die anschließende Revision der Beklagten zum BSG.

Entscheidungsgründe

Wie die Vorinstanzen sah auch das BSG die Künstlersozialversicherungspflicht der Klägerin als gegeben an. Das Gesamtbild der Tätigkeit der Klägerin werde durch publizistische Tätigkeiten geprägt. Der Lektorenberuf gehöre regelmäßig zu den publizistischen Berufen im Sinne des KSVG. Ein genereller Ausschluss des Lektorats für wissenschaftliche Texte sei nicht gerechtfertigt. Insbesondere sei im Hinblick auf den eigenschöpferischen Gehalt der Tätigkeit kein grundsätzlicher Unterschied zum stilistischen Lektorat erkennbar. Auch bei Übersetzungen sei eine Differenzierung zwischen belletristischer und wissenschaftlicher Literatur grundsätzlich nicht angezeigt. Übersetzungen von Literatur in diesem weit gefassten Sinn gehörten in der Regel – und so auch im entschiedenen Fall – zu den publizistischen Tätigkeiten.

Hinweis für die Praxis

Das Urteil des BSG bezieht selbstständige Lektoren und Übersetzer in den Schutz der Künstlersozialversicherung mit ein. Es hat aber auch für Unternehmer Bedeutung, die nicht nur gelegentlich Selbständige mit Lektorentätigkeiten oder Übersetzungen beauftragen, um deren Werke oder Leistungen für Zwecke ihres eigenen Unternehmens wirtschaftlich zu nutzen, d.h. um im Zusammenhang mit deren Nutzung Einnahmen zu erzielen. Denn solche Unternehmer sind nach § 24 KSVG zur Zahlung der sogenannten Künstlersozialabgabe an die Künstlersozialkasse verpflichtet. Nach § 27 KSVG muss der abgabepflichtige Unternehmer spätestens bis zum 31. März des Folgejahres der Künstlersozialkasse die beitragspflichtigen Entgelte des Vorjahres melden. Wird die Meldepflicht nicht erfüllt, droht dem Unternehmer ein Bußgeld.

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