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Kündigung wegen Verbreitung fremdenfeindlicher Bilder über WhatsApp

Das Arbeitsgericht Mainz hat mit Urteil vom 15.11.2017 (Az.: 4 Ca 1240/17) entschieden, dass das Versenden fremdenfeindlicher Bilder in einem WhatsApp-Gruppenchat unter Kollegen kein tauglicher Kündigungsgrund ist.

Sachverhalt

Der Kläger war bei der beklagten Stadt im gemeindlichen Kontroll- und Vollzugsdienst tätig. Er kam täglich in Kontakt mit ausländischen Mitbürgern und war u.a. auch an Abschiebungen beteiligt. Mit einigen seiner Kollegen unterhielt der Kläger unter der Bezeichnung „die Souveränen“ eine geschlossene WhatsApp-Gruppe, innerhalb derer über die privaten Smartphones der Teilnehmer sowohl dienstliche als auch private Informationen ausgetauscht wurden. Einer der Kollegen des Klägers offenbarte gegenüber dem Arbeitgeber ein Chat-Protokoll. Auf diese Weise erhielt die beklagte Stadt Kenntnis darüber, dass der Kläger innerhalb der Gruppe Bilder mit rechtsextremem Bezug verschickt hatte. Sie kündigte das Arbeitsverhältnis fristlos und hilfsweise ordentlich aus personenbedingten Gründen.

Entscheidungsgründe

Das Arbeitsgericht Mainz hat die von der beklagten Stadt wegen mangelnder Verfassungstreue ausgesprochene Kündigung für unwirksam erklärt. Der Argumentation, das Verhalten des Klägers stehe im Widerspruch zu den Grundprinzipien der demokratischen Grundordnung, weshalb eine Weiterbeschäftigung im Kontroll- und Vollzugsdienst unzumutbar sei, schloss sich die 4. Kammer nicht an. Zwar stelle der Beitrag des Klägers im Rahmen des Chats einen wichtigen Grund im Sinne von § 626 BGB dar und sei an sich geeignet, sogar eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Jedoch stehe die Vertraulichkeit des Chats der Wirksamkeit der Kündigung entgegen. Dies folge aus dem grundrechtlich verbrieften allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Klägers.

Hinweis für die Praxis

Das Bundesarbeitsgericht hatte in seiner Entscheidung vom 10.12.2009 (2 AZR 534/08) über eine Kündigung wegen ehrverletzender Äußerungen zu entscheiden. Anlass dieser Kündigung war ein Gespräch zwischen drei Organisationsleiterinnen eines Versicherungsunternehmens, in welchem eine der Kolleginnen sich den anderen beiden gegenüber ehrverletzend über den Bezirksleiter des Unternehmens und direkten Vorgesetzten geäußert hatte. Zum Leidwesen der Betroffenen behandelten ihre Kolleginnen die Äußerung nicht als vertraulich, sondern gaben sie an den Arbeitgeber weiter. Das BAG sah die daraufhin angesprochene Kündigung als unwirksam an. Es bekräftigte zwar, dass ehrverletzende Äußerungen über den Arbeitgeber sowie Vorgesetzte und Kollegen an sich eine Kündigung rechtfertigen können. Aber auch in diesem Fall berücksichtigte das BAG die Umstände, unter denen die Klägerin ihre Äußerungen getätigt hatte, und nahm an, die Klägerin habe sich auf die Vertraulichkeit des Wortes verlassen dürfen. Entlang dieser Leitentscheidung hat nun auch das Arbeitsgericht Mainz der Vertraulichkeit der Privatsphäre des Klägers in der vorliegenden Entscheidung den entscheidenden Stellenwert eingeräumt. Durch den geschlossenen Teilnehmerkreis der WhatsApp-Gruppe und aufgrund der Tatsache, dass der Chat über die privaten Mobiltelefone der Teilnehmer unterhalten wurde, ist die Situation in der Tat mit dem höchstrichterlich entschiedenen Sachverhalt vergleichbar – auch wenn das Ergebnis befremdlich anmuten mag.

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