Gleichberechtigung: Unzulässigkeit von Geschlechterklauseln in Gesellschaftsverträgen
Männer und Frauen sind nach Artikel 3 Abs. 2 Grundgesetz (GG) gleichberechtigt. Niemand darf wegen seines Geschlechtes benachteiligt oder bevorzugt werden (Artikel 3 Abs. 3 GG). Diese heutzutage selbstverständlichen Grundsätze zeigen sich im Wirtschaftsleben etwa bei Stellenanzeigen, die sich – gekennzeichnet durch den Zusatz (m/w/d) – gleichermaßen an Männer, Frauen und inter-/transsexuelle Personen richten müssen. Dies war bekanntlich nicht immer so. Relikte der Auffassung, dass Männer für das Berufsleben generell besser geeignet sind, schlummern heute noch – häufig unbemerkt – in den Schubladen vieler traditionsreicher Familienunternehmen. In manchen alten Gesellschaftsverträgen findet sich etwa die Regelung, dass nur Söhne der Gesellschafter in die Gesellschaft eintreten können und Töchter von der Rechtsnachfolge ausgeschlossen sind – unabhängig von ihrer Qualifikation.
Der österreichische Oberste Gerichtshof (OGH) hat nun klargestellt (Az. 6 Ob 55/18h), dass derartige, ausschließlich nach dem Geschlecht differenzierende Nachfolgeregelungen in Gesellschaftsverträgen sittenwidrig und nichtig sind, da hierdurch der Zugang zur Ausübung einer unternehmerischen Tätigkeit in unzulässiger Weise eingeschränkt wird. Dies gilt explizit nicht nur für künftige Verträge, sondern auch für Altverträge.
Die Entscheidung des OGH könnte auch für das deutsche Recht Vorbildcharakter haben. Zwar ist der Vertragsfreiheit allgemein eine hohe Bedeutung beizumessen. Dennoch werden „diskriminierende“ Nachfolgeregelungen in Gesellschaftsverträgen zunehmend restriktiver beurteilt, da sie nicht nur den konkreten Erblasser, sondern das gesamte Unternehmen als Dauerzustand betreffen. Ob der (generelle) Ausschluss weiblicher Abkömmlinge danach einer gerichtlichen Prüfung standhielte, ist fraglich. Nachfolgeklauseln, die ein bestimmtes Mindestalter oder eine bestimmte Qualifikation voraussetzen, sind hingegen unbedenklich. Bei seit Jahrzehnten bestehenden Gesellschaftsverträgen sollte immer mal wieder überprüft werden, ob die Nachfolgeregelungen noch zeitgemäß sind.
30. Oktober 2019