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EuGH: Karfreitagsregelung für alle österreichischen Arbeitnehmer!

Der EuGH hat am 22.01.2019 (C-193/17) entschieden, dass ein Arbeitnehmer in Österreich, der keiner Kirche angehört, dieselben Rechte auf einen arbeitsfreien Karfreitag haben muss, wie die protestantischen und alt-katholischen Arbeitnehmer.

Sachverhalt

Nach dem österreichischen Arbeitsruhegesetz („ARG“) ist der Karfreitag für Angehörige bestimmter Kirchen als Feiertag zu gewähren, der die Ansprüche auf Entgelt unberührt lässt und darüber hinaus zusätzliche Entgeltansprüche für diejenigen schafft, die trotz des gesetzlich geregelten Feiertags, Arbeit leisten.

Der Kläger ist bei der Beklagten, einer privaten Detektei in Österreich, tätig und keiner Kirche zugehörig. Er war der Meinung, ihm sei das Feiertagsentgelt in diskriminierender Weise vorenthalten worden, als er am Karfreitag für die Beklagte tätig wurde. Erstinstanzlich wurde die Klage zunächst abgewiesen; in zweiter Instanz jedoch abgeändert. Der Oberste Gerichtshof (Österreich) legt dem EuGH nun die Frage zur Entscheidung vor, ob das Diskriminierungsverbot der Grundrechte-Charta der nationalen Regelung des ARG entgegensteht und sofern dies der Fall ist, ob diese nicht zum Schutz der freien Religionsausübung gerechtfertigt ist und welche Konsequenzen der Arbeitgeber zu tragen hat – dabei stand in Frage, ob hieraus eine Gleichbehandlung zu den Angehörigen der relevanten Kirchen oder vielmehr eine grundsätzliche Nichtanwendung der Feiertagsregelung folgt.

Entscheidungsgründe

Zunächst stellte der EuGH fest, dass aus der Regelung zum Karfreitag, mit Bezug auf Angehörige bestimmter Kirchen, eine Benachteiligung aller Arbeitnehmer folgt, die keiner oder einer in der Regelung nicht genannten Kirche angehören. Die relevanten Arbeitnehmergruppen sind nach dem EuGH auch miteinander vergleichbar, da sich die Begünstigung ausschließlich auf die Voraussetzung der formalen Angehörigkeit und gerade nicht auf die tatsächliche Erfüllung religiöser Pflichten am Karfreitag stützt. Der Feiertags“zuschuss“ ist rein finanzieller Natur und untrennbar von der Gewährung des Feiertags am Karfreitag, ganz gleich, ob eine religiöse Verpflichtung oder Feierlichkeit wahrgenommen wird. Als Folge hat der Arbeitgeber auch allen anderen Arbeitnehmern den Feiertag zu gewähren respektive die Zusatzvergütung zu zahlen. Zwar sei nach ständiger Rechtsprechung aus den unionsrechtlichen Richtlinien keine Pflicht oder ein Recht für den Einzelnen abzuleiten, sondern vielmehr die nationalen Gerichte verpflichtet, die Regelungen unionskonform auszulegen. Solange der Gesetzgeber aber keine nationalen Bestimmungen für wiederherstellende Maßnahmen erlassen hat, obliegt es den Arbeitgebern dafür zu sorgen, dass ihre Arbeitnehmer eine Gleichbehandlung erfahren.

Praxishinweis

Die Entscheidung hat für Deutschland, aufgrund der durchweg für alle örtlichen Arbeitnehmer geltenden Feiertagsregelungen keine erheblichen Auswirkungen. Sie zeigt aber die Reichweite der europäischen Grundsätze und der damit verbundenen Rechte des Einzelnen. Der EuGH legt den Arbeitgebern die Wahrung dieser Rechte und der Freiheiten der Union in die Hände und zwar für den Zeitraum, bis der nationale Gesetzgeber selbst geeignete Maßnahmen zur Gleichberechtigung erlassen hat. Dies stärkt den Grundsatz der Gleichberechtigung für den Einzelnen, verschiebt jedoch das Risiko deutlich vom Gesetzgeber in die Wirtschaft. In unserem Nachbarland wird als Folge dieser Entscheidung nun diskutiert, welches Opfer gebracht werden muss – den Feiertagszuschuss in Gänze oder aber einen anderen Feiertag anstelle des Karfreitags zu streichen.

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