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Baurecht: Bei Schadensersatz Ja zu fiktiven Mangelbeseitigungskosten

Für einen sogenannten Begleitschaden kann trotz der neuen Rechtsprechung des BGH der Schadenersatz nach wie vor nach den fiktiven Mangelbeseitigungskosten berechnet werden (LG München, Urt. v. 09.11.2018, Az. 2 O 11810/16).

Der Fall

Der Kläger beauftragte ein Unternehmen mit der Reinigung einer Glasfassade als Werkleistung. Die Reinigung als solche ist zwar mangelfrei erfolgt, allerdings wurde die Glasfassade während der Durchführung der Arbeiten großflächig verkratzt. Der Auftraggeber argumentiert, die Erneuerung der Fassade würde rund 29.000 Euro kosten, und verlangt Schadenersatz in dieser Höhe. Er erhält ihn vom LG München auch zugesprochen.

Die Folgen

In drei Entscheidungen aus dem Jahr 2018 (Az. VII ZR 46/17, Az. VII ZR 173/16 und Az. VII ZR 71/15) hat der BGH seine frühere Rechtsprechung aufgegeben und entschieden, dass der Auftraggeber, der einen Mangel nicht beseitigt, seinen Schadenersatz nicht mehr nach dem berechnen darf, was die (fiktive) Beseitigung des Mangels kosten würde. Es kommt dann vielmehr auf einen Vermögensvergleich des Bauwerks mit und ohne den Mangel an. Der BGH begründet dies damit, dass der Mangel des Werkes zunächst nur ein Leistungsdefizit ist. Dabei können die Kosten für die Mangelbeseitigung deutlich höher liegen als der Wert der fehlerhaften Leistung an sich. Für den Fall, dass die Mangelbeseitigung nicht durchgeführt wird, entsteht eine Überkompensation, die nicht gerechtfertigt ist. Das Landgericht München hat nun klargestellt, dass dieser Rechtsgedanke nicht anzuwenden ist, wenn es um den Anspruch auf Ersatz eines Begleitschadens geht. In dem hier entschiedenen Fall war die Leistung selbst nicht mangelhaft, denn die Fassade war ja gereinigt. Der Schaden ist damit nicht als Folge einer mangelhaften Leistung, sondern vielmehr während der – mangelfrei ausgeführten – Arbeiten entstanden. In dem konkreten Fall kann auch ein Wert dafür bemessen werden, was die Wiederherstellung der Glasfassade kosten wird. Nach diesem Betrag kann der Schadenersatz bemessen werden.

Was ist zu tun?

Der BGH selbst hat bereits angedeutet, dass sein Rechtsgedanke auch auf die Minderung des Werklohns anzuwenden sei. Warum soll der Gedanke dann nicht auch auf die Frage des Begleitschadenersatzes zutreffen? Die grundlegenden Gerechtigkeitserwägungen des BGH lassen sich nämlich auch hier anführen: Denn was ist, wenn der Kläger die zerkratzten Scheiben nicht reparieren lässt und sich stattdessen an dem Geld erfreut? Es steht zu hoffen, dass die Entscheidung des LG München zur weiteren Klarstellung Berufung und Revision nach sich zieht. Dann hätte der BGH Gelegenheit, seinen spannenden Rechtsgedanken zu präzisieren. Bis dahin ist die Entscheidung des LG München eine wichtige Facette, an der aber Zweifel angebracht sind.

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