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Aufgabenverteilung unter GmbH-Geschäftsführern auch ohne schriftliche Dokumentation wirksam

Die Gesellschafter einer GmbH können in einer separaten, schriftlichen Geschäftsordnung unter anderem die konkrete Verteilung von Geschäftsführungsaufgaben regeln (so genannte „Ressortzuständigkeit“). Eine derartige Aufgabenverteilung ist dem BGH zur Folge aber auch wirksam, wenn sie nicht schriftlich dokumentiert wird. Die Ressortzuständigkeit befreit die Geschäftsführer hierbei jedoch nicht von ihrer Verantwortung als Gesamtorgan. Vielmehr bleibt jeder Geschäftsführer unabhängig von seinem Ressort zur laufenden Kontrolle aller grundlegenden Angelegenheiten des Unternehmens verpflichtet.

Hintergrund

Der Beklagte, ein Geschäftsführer einer GmbH, hatte trotz Zahlungsunfähigkeit der GmbH weiterhin Zahlungen aus dem Gesellschaftsvermögen vorgenommen. Vom Kläger, dem zuständigen Insolvenzverwalter, daraufhin gerichtlich auf Rückzahlung in Anspruch genommen, begründete der Beklagte die Zahlungen damit, dass er von der Zahlungsunfähigkeit nichts gewusst habe. So habe diese Angelegenheit nicht seinen internen Aufgabenbereich betroffen. Für finanzielle Angelegenheiten sei vielmehr sein Mitgeschäftsführer zuständig gewesen. Da aus seiner Sicht keine Anzeichen für die Zahlungsunfähigkeit bestanden hätten, habe auch keine verstärkte Nachforschungspflicht seinerseits hinsichtlich der finanziellen Lage der GmbH bestanden. Die Zahlungen seien ihm daher nicht vorwerfbar.

Das zuständige Landgericht wies die Klage auf Rückzahlung eines Teils der geleisteten Summe ab. Auf die Berufung des Klägers hin, wurde der Beklagte zweitinstanzlich zur Zahlung einer vergleichsweise geringen Summe verurteilt. Hiergegen wandte sich der Kläger erneut, diesmal mit der Revision zum BGH.

Das Urteil des BGH vom 06.11.2018, Az. II ZR 11/17

Die Revision hatte Erfolg. Zwar betonte der BGH, dass eine wirksame Begrenzung des Verantwortungsbereichs durch Vereinbarung einer Ressortzuständigkeit vorliegend gegeben gewesen sei, da eine solche weder schriftlich, noch ausdrücklich vereinbart werden müsse. Jedoch bliebe trotz einer solchen Ressortzuständigkeit die Gesamtverantwortung der Geschäftsführer für alle übergeordnet wichtigen Angelegenheiten der Gesellschaft bestehen.

Grundsätzlich – so der BGH – sei maßgeblich, dass die Arbeitsteilung auf Geschäftsführungsebene eine ordnungsgemäße Erledigung aller Geschäftsführungsaufgaben durch hierfür fachlich und persönlich geeignete Personen sicherstelle. Die Aufgabenverteilung sei mangels gesetzlicher Formerfordernisse auch dann wirksam, wenn sie nicht verschriftlicht wäre – es genüge insofern, dass die Aufteilung der Arbeit zweifelsfrei geklärt sei. In keinem Fall reiche die Aufgabenverteilung jedoch so weit, dass sich Geschäftsführer von ihrer gesetzlich vorgesehenen Gesamtverantwortung unter Verweis auf ihre Unzuständigkeit für Ressorts ihrer Mitgeschäftsführer freizeichnen könnten. Diese Gesamtverantwortung erfordere unter anderem, dass die Geschäftsführer stets dafür Sorge tragen, über die wirtschaftliche und finanzielle Situation der GmbH informiert zu sein. Konkret ergebe sich hieraus auch eine Pflicht des einzelnen Geschäftsführers zur Überwachung seiner/s Mitgeschäftsführer/s. Die Verantwortlichkeit eines Geschäftsführers für Fehler seines Mitgeschäftsführers entfalle nur dann, wenn der Fehler auch bei ordnungsgemäßer Überwachung des Mitgeschäftsführers nicht hätte erkannt werden können. Dieser Nachweis sei dem Beklagten im vorliegenden Fall jedoch nicht gelungen.

Anmerkung

Die Vereinbarung einer Ressortzuständigkeit gehört gerade bei größeren GmbHs zur alltäglichen Praxis. Sie dient auch den Interessen einer GmbH, da hierdurch eine effektive Bearbeitung einzelner Aspekte durch persönlich und fachlich qualifizierte Personen sichergestellt wird. Dass eine derartige Aufgabenverteilung auch ohne explizite, schriftliche Vereinbarung wirksam sein kann, begegnet keinen Bedenken. So ist das Risiko, dass sich ohne Schriftformerfordernis im Streitfall die Mitglieder der Geschäftsführung wechselseitig auf ihre Unzuständigkeit berufen könnten, für ihre zivilrechtliche Haftung unbeachtlich. Dies folgt aus dem zweiten Kernaspekt des Urteils: So stellt der BGH erneut klar, dass trotz Vereinbarung einer Ressortzuständigkeit die Gesamtverantwortung des Geschäftsführers für die ordnungsgemäße Führung der Geschäfte der GmbH fortbesteht. Auch dem ist uneingeschränkt zuzustimmen. So soll Geschäftsführern gerade nicht die Möglichkeit eröffnet werden, sich durch eine bestimmte Aufgabenverteilung der Haftung zu entziehen – schließlich dient die Aufgabenverteilung nicht der rechtlichen, sondern allein der tatsächlichen Entlastung des einzelnen Geschäftsführers.

GmbH-Geschäftsführer sollten sich daher bei Verteilung einzelner Aufgabenbereiche bewusst sein, dass hiermit zwar eine tatsächliche Entlastung, nicht aber eine Haftungsbegrenzung einhergeht. Vielmehr besteht neben der praktischen Verantwortung des einzelnen Geschäftsführers für sein Ressort in haftungsrechtlicher Hinsicht eine Gesamtverantwortung für alle Bereiche der Geschäftsführung.

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