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Schriftliche Geltendmachung eines Anspruchs zur Wahrung von Ausschlussfristen

Selbst wenn Zahlungsansprüche in der Höhe (noch) nicht konkretisiert sind – wie es bspw. bei leistungsabhängigen Bonuszahlungen im Falle abweichender Auffassung von Mitarbeiter und Vorgesetztem zur Leistung des Mitarbeiter der Fall ist – muss der vermeintliche Anspruchsinhaber seine Forderung zumindest dem Grunde nach geltend machen und seinen Anspruch auf arbeitgeberseitige Bestimmung der Höhe einfordern. Andernfalls verfallen diese Ansprüche im Rahmen einer vertraglich vereinbarten Ausschlussfrist. Das hat das Bundesarbeitsgericht („BAG“) mit Urteil vom 17. April 2019 (Az.: 5 AZR 331/18) entschieden.

Sachverhalt

Der Kläger war als Leiter im Bereich (Anwendungs-)Technik bei der Beklagten beschäftigt. Neben seinem Grundgehalt sah der Arbeitsvertrag vom 20. Februar 2012 die Zahlung einer jährlichen leistungsabhängigen Prämie in Höhe von EUR 15.000 vor, die bis zum 31. März des Folgejahres gezahlt werden sollte. Ferner war eine Ausschlussfristenregelung vereinbart, die zur Wahrung eines Anspruchs in ihrer ersten Stufe eine schriftliche Geltendmachung gegenüber der anderen Partei vorsah. Im Falle einer Ablehnung des Anspruchs bzw. sofern die andere Partei sich nicht innerhalb von zwei Wochen dazu erklärt haben sollte, verfalle der Anspruch, wenn er innerhalb weiterer drei Monate nach der Ablehnung nicht gerichtlich geltend gemacht wurde. Ab dem Jahr 2014 hatte der Kläger keine Prämie mehr erhalten. Im November 2015 übergab der Kläger dem Geschäftsführer der Beklagten eine Liste mit Themen, über die ein Gespräch stattfinden sollte. Dort aufgeführt war auch die Zahlung von „Tantiemen“ für die Jahre 2014 und 2015. Das Gespräch zwischen den Parteien fand zwar statt, führte aber letztlich zu keinem Ergebnis. Mit seiner Klage im Februar 2017 verlangte der Kläger die Zahlung der Prämien für die Jahre 2014 und 2015. Die Ansprüche seien nicht verfallen, da die Ausschlussfristenregelung unwirksam sei und sich die Beklagte nach Treu und Glauben hierauf nicht berufen könne. Schließlich sei es die Beklagte gewesen, die ihn immer wieder hingehalten habe. Im Übrigen sei die Ausschlussfrist aufgrund der Vergleichsverhandlungen mit der Beklagten gehemmt gewesen. Die Beklagte wendete dagegen ein, der Kläger habe wegen schlechter Leistung keinen Anspruch auf eine Prämie und etwaige Ansprüche seien zudem durch die Ausschlussfrist verfallen. Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht hatten die Klage abgewiesen. 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Arbeitnehmers vor dem BAG hatte keinen Erfolg. Die Ansprüche des Klägers waren mangels rechtszeitiger Geltendmachung bereits aufgrund der vertraglichen Ausschlussfristenregelung verfallen.

Der Kläger war nach Ansicht des Fünften Senats auch nicht an der Geltendmachung gehindert gewesen, weil eine Leistungsbestimmung zuvor durch Urteil hätte getroffen werden müssen. Auch ohne Kenntnis der genauen Höhe seines Anspruchs, habe der Kläger zumindest seinen Anspruch auf arbeitgeberseitige Bestimmung gegenüber der Beklagten dem Grunde nach geltend machen können und müssen, um die Ausschlussfrist zu wahren. Die Ausschlussfrist sei schließlich nicht dahingehend konkretisiert, als dass die Höhe des Anspruchs bei Geltendmachung habe beziffert werden müsse. Die dem Sachverhalt zugrunde liegende Ausschlussfristenregelung war laut BAG auch nicht unwirksam. Sie hielt einer AGB-Kontrolle, insbesondere mit Blick auf einen etwaigen Überraschungseffekt und einer Intransparenz stand. Durch das erst nach Abschluss des Arbeitsvertrags verabschiedete Mindestlohngesetz, sei die Klausel auch nicht wegen fehlender Bezugnahme auf Mindestlohnansprüche intransparent geworden. Der Kläger habe die Frist zur außergerichtlichen Geltendmachung nicht gewahrt. Für eine ordnungsmäßige Geltendmachung müsse der Anspruchsinhaber unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass er Inhaber einer Forderung ist, auf deren Erfüllung er besteht. Dies setze eine hinreichend deutliche Bezeichnung mit einer Darstellung der Höhe und des Zeitraums voraus. Eine Auflistung von Gesprächsthemen erfülle diese Anforderungen nicht.

Die Beklagte habe sich im Übrigen auch nicht treuwidrig auf die Ausschlussklausel berufen, da sie den Kläger nicht von der Einhaltung der Ausschlussfrist abgehalten habe. Selbst wenn dies der Fall gewesen wäre, hätte der Kläger irgendwann selbst erkennen müssen, dass die Beklagte der Forderung nicht nachkommen werde, sodass er spätestens dann habe seinen Anspruch geltend machen müssen. Eine analoge Anwendung des § 203 Satz 1 BGB zur Hemmung der Verjährung bei schwebenden Vergleichsverhandlungen sei nicht möglich. Wenngleich vorliegend bereits keine Vergleichsverhandlungen angenommen werden konnten, wäre eine analoge Bewertung der Ausschlussfrist bzgl. der außergerichtlichen Geltendmachung nicht möglich gewesen. Eine Analogie könne lediglich zur Ausschlussfrist bzgl. einer gerichtlichen Geltendmachung gebildet werden, da diese auf einen vom Verjährungsrecht zur Verfügung gestellten Tatbestand zur Hemmung Bezug nimmt (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Daher sei eine Ähnlichkeit von Funktion und faktischer Wirkung nur für die gerichtliche Geltendmachung gegeben und entsprechend lediglich auf diese Fristenregelung anzuwenden. Diese Parallele ergebe sich nicht für die außergerichtliche Geltendmachung.

Fazit

Nachdem sich das BAG bereits vielfach mit der Wirksamkeit von Ausschlussregelungen beschäftigt hat, scheinen nunmehr die Anforderungen an die ordnungsgemäße Geltendmachung in den Fokus zu rücken. Diese Entscheidung hat damit erhebliche Relevanz für jedermann, da sie sowohl Arbeitgeber als auch die Arbeitnehmer betrifft – unabhängig ob im laufenden oder bereits beendeten Arbeitsverhältnis. Das BAG besinnt sich in den vorliegenden Fragestellungen auf den Sinn und Zweck der Ausschlussfristenregelung. Danach sollen die Parteien nach Ablauf der vertraglich vereinbarten Ausschlussfrist nicht mehr mit der Geltendmachung eines Anspruchs der anderen Partei rechnen müssen und dadurch Rechtssicherheit erfahren. Dem aber würde es widersprechen, wenn eine Partei die Möglichkeit habe, die Frist zu umgehen. So liegt es letztlich am Anspruchsinhaber, seine Forderung deutlich und zielführend zu kommunizieren. Zur Anwendung verjährungsrechtlicher Vorschriften zur Fristenhemmung stellt das BAG mit Bezugnahme auf die bisherige Rechtsprechung klar, dass eine analoge Anwendung der Fristhemmung nur für die Einhaltung der gerichtlichen Geltendmachung möglich ist, da sich nur in dieser Konstellation eine erforderliche Parallele in Funktion und Wirkung aufzeige.

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