Dr. Christoph Fingerle, Fachanwalt für Arbeitsrecht

Sachgrundlos zeitbefristeter Arbeitsvertrag, Verlängerung und Vertragsänderung

Die Verlängerung eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrages führt grundsätzlich zu einem unbefristeten Arbeitsverhältnis, wenn sie in einer Vertragsurkunde gemeinsam mit Änderungen des Arbeitsvertrages erfolgt. Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg (Urteil vom 24.07.2019, 4 Sa 22/19) hat sich mit einem Fall befasst, in dem der Arbeitgeber zeitgleich, jedoch in gesonderter Urkunde, zum einen eine Verlängerungsvereinbarung, zum anderen eine Änderungsvereinbarung ohne die Bedingung einer Verknüpfung vorgelegt hatte.

Sachverhalt

Zwischen den Arbeitsvertragsparteien bestand ein sachgrundlos zeitbefristetes Arbeitsverhältnis. Vor dem Ende der Befristung legte der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zeitgleich, jedoch in gesonderter Urkunde, einmal eine Verlängerungsvereinbarung, einmal eine Änderungsvereinbarung vor. Eine Verknüpfung der beiden Vereinbarungen dahingehend, dass ohne eine Unterzeichnung der Änderungsvereinbarung der befristete Arbeitsvertrag nicht verlängert werde, bestand nicht. Der Arbeitnehmer hat zeitgleich am 20. Februar 2017 sowohl die Verlängerungsvereinbarung als auch die Änderungsvereinbarung unterzeichnet und an den Arbeitgeber zurückgereicht.

Mit dem Ende des verlängerten Befristungszeitraums am 31. Dezember 2017 hat sich der Arbeitgeber auf das Ende des Arbeitsverhältnisses infolge Befristung berufen.

Dagegen hat der Arbeitnehmer fristgerecht Klage erhoben und sich unter anderem mit der Argumentation gegen die Befristung gewandt, es habe nicht lediglich eine Verlängerung des befristeten Arbeitsvertrages vorgelegen, sondern mit der Verlängerung sei zugleich eine Änderung des Arbeitsvertrages einhergegangen, sodass der Neuabschluss eines befristeten Arbeitsvertrages vorliege. Da ein Sachgrund im Sinne des § 14 Abs. 1 TzBfG dafür nicht vorgelegen habe, sei die Befristung gemäß § 16 Abs. 1 TzBfG rechtsunwirksam.

Das Arbeitsgericht Reutlingen hat mit Urteil vom 26. Juni 2018 (2 Ca 226/17) die Klage abgewiesen. Gegen dieses Urteil hat der Arbeitnehmer Berufung eingelegt.

Entscheidungsgründe

Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Arbeitnehmers zurückgewiesen.

Die Vereinbarung vom 6./20. Februar 2017  habe lediglich die Befristungsdauer „verlängert“. Der zeitgleich zustande gekommene Änderungsvertrag vom 20. Februar 2017 habe nicht dazu geführt, dass die Verlängerung als Neuabschluss eines Arbeitsvertrages behandelt werden müsste mit der Folge, dass dieser Neuabschluss gem. § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG wegen einer Zuvorbeschäftigung nicht mehr sachgrundlos möglich gewesen wäre und somit die Befristung mangels Sachgrund iSv. § 14 Abs. 1 TzBfG gem. § 16 Abs. 1 TzBfG unwirksam wäre.

Eine Verlängerung iSd. § 14 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz TzBfG setze voraus, dass sie noch während der Laufzeit des zu verlängernden Vertrages schriftlich vereinbart und nur die Vertragsdauer geändert werde, nicht aber die übrigen Arbeitsbedingungen. Anderenfalls liege der Neuabschluss eines befristeten Arbeitsvertrages vor, der nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG ohne Sachgrund unzulässig ist, da zwischen den Parteien bereits ein Arbeitsverhältnis bestanden hat.

Allerdings könnten die Parteien anlässlich der Verlängerung Anpassungen des Vertragstextes an die zum Zeitpunkt der Verlängerung geltende Rechtslage vornehmen. In diesen Fällen werde nämlich nur der zum Zeitpunkt der Verlängerung ohnehin bereits geltende Vertragsinhalt in der Urkunde dokumentiert.

Ebenso zulässig und befristungsrechtlich nicht von Bedeutung sei die Aufnahme von Arbeitsbedingungen in das Vertragswerk, auf die der befristet beschäftigte Arbeitnehmer (hätte die Befristung nicht bestanden) einen Anspruch gehabt hätte. Dies folge bereits aus dem Diskriminierungsverbot für befristet beschäftigte Arbeitnehmer in § 4 Abs. 2 Satz 1 TzBfG, das eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung des befristet beschäftigten Arbeitnehmers gegenüber einem unbefristet beschäftigten Arbeitnehmer untersagt.

Der Arbeitnehmer solle bei der Entscheidung über die Verlängerung des nach § 14 Abs. 2 Satz 1 1. Halbsatz TzBfG befristeten Arbeitsverhältnisses davor geschützt werden, dass der Arbeitgeber dessen Fortsetzung davon abhängig macht, dass der Arbeitnehmer geänderte Arbeitsbedingungen akzeptiert oder dass er durch das Angebot anderer Arbeitsbedingungen zum Abschluss eines weiteren sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrages veranlasst wird. Die Vorschrift diene nicht nur einem Flexibilisierungsinteresse des Arbeitgebers, sondern schütze die Entschlussfreiheit des Arbeitnehmers gegenüber der angebotenen Verlängerung seines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags. Der für den Arbeitnehmer bestehende Entscheidungsfreiraum gewährte in Frage gestellt, wenn der Arbeitgeber die Vertragsfortsetzung mit einem privatautonom gestalteten Angebot zur Vertragsänderung verbindet. Der vom Gesetzgeber geschützte Entscheidungsfreiraum des Arbeitnehmers erfordere daher, eine gleichzeitig mit der Veränderung des Beendigungszeitpunkts vorgesehene Vertragsänderung aufgrund eines privatautonom ausgestalteten Angebots des Arbeitgebers nicht als Verlängerung iSd. § 14 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz TzBfG anzusehen.

Dagegen sei die Entscheidungsfreiheit des Arbeitnehmers in Bezug auf die Verlängerung des sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrages nicht betroffen, wenn die Vereinbarung neuer Arbeitsbedingungen nicht mit der Entscheidung über die Vertragsverlängerung im Zusammenhang steht.

Hinweise für die Praxis

Nach der vom Gericht dargestellten Zielsetzung des Gesetzes ist in der Tat die zeitgleiche Vorlage einer Vereinbarung zur Verlängerung und einer getrennten Vereinbarung zu inhaltlichen Änderung des Arbeitsvertrages dann befristungsrechtlich unproblematisch, wenn auch tatsächlich keine Verbindung zwischen beiden Vereinbarungen von Seiten des Arbeitgebers hergestellt wird.

Dies gilt freilich ebenso und erst recht, wenn zunächst eine Verlängerung und im zeitlichen Anschluss daran eine Inhaltsänderung vereinbart wird.

Entsprechend der gefestigten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kommt aus Arbeitgebersicht eine Verlängerung bei gleichzeitig inhaltlicher Änderung des Arbeitsvertrages in einem Vertragsdokument nicht in Betracht, weil damit ein unbefristetes Arbeitsverhältnis begründet wird.

Unter dem Gesichtspunkt, dass der Arbeitnehmer bei der Entscheidung über die Verlängerung des nach § 14 Abs. 2 Satz 1 1. Halbsatz TzBfG befristeten Arbeitsverhältnisses davor geschützt werden soll, dass der Arbeitgeber dessen Fortsetzung davon abhängig macht, dass der Arbeitnehmer geänderte Arbeitsbedingungen akzeptiert, ist aus Sicht des Arbeitgebers auch davon abzuraten, in zeitlich nahem Zusammenhang mit einer Verlängerungsvereinbarung zuvor eine Änderungsvereinbarung hinsichtlich der Arbeitsvertragskonditionen zu treffen.

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