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Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten für Klagen aus einem Geschäftsführeranstellungsvertrag

Das LAG Köln hat mit Beschluss vom 28.10.2019 (Az.: 9 Ta 158/19) entschieden, dass ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang im Sinne des § 2 Abs. 3 ArbGG gegeben sein kann, wenn der Geschäftsführeranstellungsvertrag aus demselben Grund gekündigt wird wie das ruhende Arbeitsverhältnis. Das Arbeitsgericht ist dann insoweit gemäß § 2 Abs. 3 ArbGG ebenfalls zuständig.

Sachverhalt

Der Kläger war bei der Beklagten auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages als Bereichsleiter Personal beschäftigt. Nach einigen Jahren wurde der Kläger gemäß einem Geschäftsführeranstellungsvertrag für die Dauer von drei Jahren zu einem (Mit-)Geschäftsführer bestellt. Der Arbeitsvertrag des Klägers sollte während dieser Zeit ruhen.

Nachdem die Beklagte das aktuell ruhende Arbeitsverhältnis zum nächstmöglichen Termin kündigte, widerrief der Aufsichtsrat kurze Zeit später die Bestellung des Klägers zum Geschäftsführer. Der Geschäftsführeranstellungsvertrag des Klägers wurde ebenfalls gekündigt und die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer in das Handelsregister eingetragen.

Mit seiner beim Arbeitsgericht eingereichten Klage wandte sich der Kläger gegen die Kündigung seines Arbeits- und Geschäftsführeranstellungsverhältnisses.

Auf die Rechtswegrüge der Beklagten hat das Arbeitsgericht das Verfahren bezüglich der Kündigung des Geschäftsführeranstellungsverhältnisses abgetrennt und den Rechtstreit insoweit an das Landgericht verwiesen. Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss über die Verweisung hatte Erfolg.

Entscheidungsgründe

Das Arbeitsgericht habe zwar zutreffend eine Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen aus § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a) oder Buchst. b) ArbGG abgelehnt, jedoch folge die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen vorliegend aus § 2 Abs. 3 ArbGG.

Nach dieser Vorschrift können vor die Gerichte für Arbeitssachen auch nicht unter § 2 Abs. 1 und Abs. 2 ArbGG fallende Rechtsstreitigkeiten gebracht werden, wenn der Anspruch mit einer bei einem Arbeitsgericht anhängigen oder gleichzeitig anhängig werdenden bürgerlichen Rechtsstreitigkeit der in § 2 Abs. 1 und Abs. 2 ArbGG bezeichneten Art in rechtlichem oder unmittelbar wirtschaftlichem Zusammenhang steht und für die Geltendmachung des Anspruchs nicht die ausschließliche Zuständigkeit eines anderen Gerichts gegeben ist.

Vorliegend bestehe der geforderte Zusammenhang. Der Abschluss des Geschäftsführeranstellungsvertrages sei zwar rechtlich unabhängig von dem bereits zuvor bestehenden Arbeitsverhältnis gewesen. Das hätten die Parteien selbst geregelt, indem das Arbeitsverhältnis nur ruhen sollte.

Ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang bestehe aber, wenn der Anspruch auf demselben wirtschaftlichen Verhältnis beruht oder wirtschaftliche Folge desselben Tatbestands sei. Diese Voraussetzung sei im Interesse der Prozessökonomie weit auszulegen. Ein einheitlicher Lebenssachverhalt reiche aus. Dieser sei etwa gegeben, wenn ein Kläger neben Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis solche Ansprüche geltend macht, die ihm in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer einer GmbH zustehen. Vergleichbar damit sei der vorliegende Fall, in dem es um die Beendigung eines Geschäftsführeranstellungsverhältnisses geht, das in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem ruhenden Arbeitsverhältnis steht, und das aus dem, wie die Beklagte ausgeführt hat, selben Grund gekündigt wurde.

Hinweise für die Praxis

Nicht nur Streitigkeiten über den Arbeitnehmerstatus eines GmbH-Geschäftsführers beschäftigen immer wieder die Arbeitsgerichte, sondern auch die Frage über den richtigen Rechtsweg. Zwar sind grundsätzlich die ordentlichen Gerichte für Streitigkeiten zwischen dem Geschäftsführer und der Gesellschaft im Zusammenhang mit der Organstellung und dem Bestand oder der Beendigung des Geschäftsführeranstellungsvertrages zuständig, jedoch kann im Einzelfall auch die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte gegeben sein.

Vorliegend folgte die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte aus § 2 Abs. 3 ArbGG. Danach kann eine an sich vor die ordentlichen Gerichte gehörende Sache bei engem Zusammenhang mit einer arbeitsrechtlichen Streitigkeit vor die Arbeitsgerichte gebracht werden. Dieser Zusammenhang wurde vorliegend darin gesehen, dass die Beendigung des Geschäftsführeranstellungsvertrages in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem ruhenden Arbeitsverhältnis stand und aus demselben Grund gekündigt wurde.

Vor dem Hintergrund, dass nach Sinn und Zweck des § 2 Abs. 3 ArbGG rechtlich oder innerlich zusammengehörende Verfahren nicht in Verfahren vor verschiedenen Gerichten aufgespalten werden sollen (BAG, Beschluss vom 04.09.2018 – 9 AZB 10/18), erscheint dies folgerichtig. Denn gerade wenn derselbe Kündigungsgrund vorliegt, dürfte es der Prozessökonomie dienen, wenn eine gemeinsame Verhandlung und Entscheidung vor den Arbeitsgerichten ermöglicht wird.

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