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Rechtsextreme Aktivitäten des Arbeitnehmers

Arbeitgeber vermögen bei (rechts-)extremen Aktivitäten von Arbeitnehmern in ihrer Freizeit das Arbeitsverhältnis ausnahmsweise dann zu kündigen, wenn ein Zusammenhang zwischen der Aktivität und dem Arbeitgeber besteht sowie das Verhalten des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber ruf- und geschäftsschädigend sein kann. Das LAG Niedersachsen hat mit Urteil vom 21.03.2019 (13 Sa 371/18) ein Kündigungsrecht jedoch ausgeschlossen, sofern sich die (rechts-)extreme Aktivität allein im privaten Bereich des Arbeitnehmers abspielt.

Sachverhalt

Die Parteien stritten um die Wirksamkeit einer fristlosen, hilfsweise fristgemäßen Kündigung und um Weiterbeschäftigung. Im Juni 2017 breitete eine Gruppe Männer während des Auftritts einer Sängerin in einer Großraum-Diskothek auf Mallorca eine schwarz-weiß-rote Flagge aus, die einer Reichskriegsflagge nachempfunden war. Auch der seit 1998 bei der Beklagten beschäftigte Kläger befand sich in der Diskothek. Er hat unter seinem Namen ein Facebook-Profil angelegt. Nachdem ihn eine Zeitung über dieses Profil wegen des Vorfalls kontaktiert hatte, forderte der Kläger die Zeitung auf, ihn und die Beklagte nicht namentlich zu nennen. Die Beklagte befragte den Kläger zu dem Vorfall auf Mallorca und stellte ihn anschließend bezahlt von der Arbeit frei. Weitere Fragen, u.a. nach einer Mitgliedschaft bei den sogenannten Hammerskins, beantwortete der Kläger nicht. Mit Zustimmung des Betriebsrats sprach die Beklagte dem Kläger eine außerordentliche fristlose, hilfsweise eine fristgemäße Tat- und Verdachtskündigung aus verhaltens- und personenbedingten Gründen aus.

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Die Kündigung ist unwirksam. Es handelt sich um ein außerdienstliches Verhalten, das keine Nebenpflichten aus dem Arbeitsvertrag verletzt; die Beklagte ist kein öffentlicher Arbeitgeber und verfolgt auch keine politische Tendenz. Auch liegen keine hinreichenden Gründe vor, das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung aufzulösen. Daher kann der Kläger auch seine Weiterbeschäftigung verlangen; sein Begehren blieb lediglich insoweit erfolglos, als er seine Beschäftigung zu einer bestimmten Zeit, an einem bestimmten Ort und in einem bestimmten Bereich verlangt hat. Dies zu bestimmen, unterliegt dem Direktionsrecht der Arbeitgeberin.

Hinweise für die Praxis

Arbeitgeber sind häufig bestrebt, sich einseitig von Mitarbeitern zu trennen, die im beruflichen und privaten Umfeld (rechts-)extreme Äußerungen tätigen und Aktivitäten entfalten, die – nicht zuletzt durch die sozialen Medien – einem großen Teil der Öffentlichkeit bekannt werden. So sind z.B. – jedenfalls im Grundsatz – Äußerungen eines Arbeitnehmers auf seinem privaten Facebook-Nutzerkonto, die einen rassistischen und menschenverachtenden Inhalt haben, geeignet, eine außerordentliche Kündigung des Arbeitgebers zu rechtfertigen, wenn sich aus dem Facebook-Nutzerkonto ergibt, dass der Arbeitnehmer bei dem Arbeitgeber beschäftigt ist und die Äußerung ruf- und geschäftsschädigend sein kann (ArbG Mannheim, Urt. v. 19.02.2016, 6 Ca 190/15). Das Recht eines Arbeitnehmers auf freie Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG wird durch die in § 241 Abs. 2 BGB verankerte Pflicht zur vertraglichen Rücksichtnahme begrenzt.

Die Interessenabwägung fällt jedoch nur dann zu Ungunsten des Arbeitnehmers aus, wenn es sich nicht um eine Äußerung im rein privaten Bereich handelt. Wenn der Mitarbeiter beispielsweise ein Foto in Dienstkleidung vor einem Triebwagen des Arbeitgebers, verbunden mit einer fremdenfeindlichen Äußerung („Arbeit macht frei.“) auf seinem Facebook-Account hochlädt, erweist sich der Zusammenhang für den Arbeitgeber als äußerst ruf- und geschäftsschädigend. In dem vom LAG Niedersachsen zu beurteilenden Zusammenhang bestand dieser berufliche Zusammenhang nicht. Als private Arbeitgeberin durfte sie die allein im Privatbereich entfalteten rechtsextremen Aktivitäten ihres Arbeitnehmers nicht sanktionieren.

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