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Nachvertragliches Wettbewerbsverbot und Vorvertrag

Vorverträge zum Abschluss eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes sind ein sinnvolles Gestaltungsmittel für Arbeitgeber, wenn sich diese zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages noch nicht abschließend entschieden haben, ob sie ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot mit Pflicht zur Karenzentschädigung mit dem Arbeitnehmer vereinbaren wollen. Wichtig ist, dass es für die Wirksamkeit eines Vortrages darauf ankommt, dass der Anspruch des Arbeitgebers auf Abschluss eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots zeitlich beschränkt wird. Dies hat das BAG mit Urteil vom 19.12.2018 (10 AZR 130/18) nunmehr klargestellt und seine bisherige Rechtsprechung weiter konkretisiert.

Sachverhalt

Die Parteien streiten über eine Karenzentschädigung. Der Kläger war als Mitarbeiter im Vertrieb in einer neu gegründeten Niederlassung der Beklagten beschäftigt. § 20 seines Arbeitsvertrags lautete:

㤠20 Nachvertragliches Wettbewerbsverbot/Vorvertrag

Der Mitarbeiter erklärt sich bereit, auf Verlangen des Unternehmens ein Wettbewerbsverbot für die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses bis zu einer Dauer von maximal zwei Jahren (aber auch kürzer) zu vereinbaren, das der Anlage 1 zu diesem Vertrag entspricht. Das Verlangen kann gestellt werden, solange der Arbeitsvertrag nicht von einer Vertragspartei gekündigt wurde.“

In der Anlage 1 war dem Arbeitsvertrag ein ausformuliertes nachvertragliches Wettbewerbsverbot beigefügt. Beide Parteien haben sowohl den Arbeitsvertrag als auch die Anlage 1 zum Arbeitsvertrag unterschrieben. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision blieb der Kläger ebenfalls erfolglos.

Entscheidungsgründe

Das BAG ist der Ansicht, dass der Kläger keinen Anspruch auf die Karenzentschädigung habe. Denn zwischen den Parteien sei zu Beginn des Arbeitsverhältnisses kein nachvertragliches Wettbewerbsverbot, sondern lediglich ein hierauf bezogener Vorvertrag vereinbart worden.

Der Vorvertrag sei wirksam und begründe keine unbillige Erschwerung des Fortkommens iSv. § 74a Abs. 1 Satz 2 HGB für den Kläger.

Je nach ihrer Ausgestaltung im Einzelfall können auf den Abschluss eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots gerichtete Vorverträge eine unbillige Erschwerung des Fortkommens iSv. § 74a Abs. 1 Satz 2 HGB für den betroffenen Arbeitnehmer darstellen und deswegen unverbindlich sein. Die Rechtsfolge eines unverbindlichen Vorvertrags entspreche derjenigen eines unzulässig bedingten Wettbewerbsverbots. Die nachträgliche Wettbewerbsbeschränkung und der Anspruch auf die Zahlung einer Karenzentschädigung sollen in beiden Fällen von einer Entscheidung des Arbeitgebers abhängig gemacht werden. Bestehe dafür kein anerkennenswertes Interesse des Arbeitgebers, gebiete es der Schutz des Arbeitnehmers, ihm ein Wahlrecht einzuräumen. Nur so könne die eintretende Ungewissheit beendet und der Arbeitgeber entsprechend § 74a HGB an der dem Arbeitnehmer auferlegten Bindung seinerseits festgehalten werden.

Eine unbillige Erschwerung des Fortkommens iSv. § 74a Abs. 1 Satz 2 HGB sei jedenfalls dann gegeben, wenn der Arbeitgeber auch noch nach Erklärung einer Kündigung des Arbeitsvertrags durch eine Partei oder nach Abschluss eines Aufhebungsvertrags ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot verlangen könne.

Nach dem vorliegenden Vorvertrag könne das Verlangen auf Abschluss eines Wettbewerbsverbots jedoch nur gestellt werden, solange der Arbeitsvertrag nicht von einer Partei gekündigt wurde. Damit sei die äußerste zeitliche Grenze eingehalten, bis zu der das Recht aus dem Vorvertrag zur Begründung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots höchstens vorbehalten werden darf.

Hinweise für die Praxis

Vorverträge zu nachvertraglichen Wettbewerbsverboten sind für Arbeitgeber dann ein sinnvolles Gestaltungsmittel, wenn zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages noch nicht feststeht, ob sich der Arbeitgeber schon zu einem solchen frühen Zeitpunkt zur Zahlung einer Karenzentschädigung verpflichten will.

In der Praxis ist jedoch darauf zu achten, dass Vorverträge so gestaltet werden, dass das Verlangen des Arbeitgebers nach einer Wettbewerbsenthaltung des Arbeitnehmers nur bis zu einer Kündigung bzw. Aufhebung des Arbeitsverhältnisses ausgeübt werden kann. Andernfalls ist der Vorvertrag unverbindlich und der Arbeitnehmer kann wie bei einem bedingten Wettbewerbsverbot entweder Wettbewerbsfreiheit ohne Karenzentschädigung oder Wettbewerbsenthaltung zu den Bedingungen des Vorvertrags wählen.

Mit Urteil vom 14.07.2010 – 10 AZR 291/09 hat das BAG bereits entschieden, dass ein Vorvertrag, der den Arbeitnehmer ohne zeitliche Begrenzung zum Abschluss eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots verpflichtet, für den Arbeitnehmer unverbindlich sei. Vergleichbar mit einem unzulässig bedingten Wettbewerbsverbot, hänge in einem solchen Fall die Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Wettbewerbsenthaltung von einer Entscheidung des Arbeitgebers ab, wobei der Arbeitnehmer keinerlei Planungssicherheit habe. Würde sich der Arbeitnehmer für ein Konkurrenzunternehmen entscheiden, müsste er damit rechnen, dass der bisherige Arbeitgeber aufgrund des Vorvertrages den Abschluss des Wettbewerbsverbotes verlangt. Daher wird sich der Arbeitnehmer regelmäßig für eine konkurrenzfreie Anschlussbeschäftigung entscheiden, so dass der Arbeitgeber auf sein Optionsrecht verzichten kann. Letztlich käme dies jedoch einem entschädigungslosen nachvertraglichen Wettbewerbsverbot gleich.

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