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„Mobbing“ wegen ostdeutscher Herkunft

Die Herabwürdigung eines Mitarbeiters wegen seiner ostdeutschen Herkunft stellt keine Benachteiligung im Sinne des § 1 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) wegen der ethnischen Herkunft oder Weltanschauung dar. Das hat das ArbG Berlin mit Urteil vom 15.08.2019 (Az. 44 Ca 8580/18) entschieden.

Sachverhalt

Der Kläger wurde von einem Zeitungsverlag als stellvertretender Ressortleiter beschäftigt. Er hat den Arbeitgeber auf Entschädigung, Schadensersatz und Schmerzensgeld in Anspruch genommen, weil er von zwei vorgesetzten Mitarbeitern wegen seiner ostdeutschen Herkunft stigmatisiert und gedemütigt worden sei.

Seine Klage blieb vor dem Arbeitsgericht erfolglos.

Entscheidungsgründe

Dem Kläger stehe eine Entschädigung nach dem AGG nicht zu, weil eine Benachteiligung wegen seiner ethnischen Herkunft oder Weltanschauung nicht erfolgt sei, so das Gericht. Menschen ostdeutscher Herkunft seien nicht Mitglieder einer ethnischen Gruppe oder Träger einer einheitlichen Weltanschauung.

Einen Schadensersatzanspruch wegen einer Persönlichkeits- oder Gesundheitsverletzung hat das Arbeitsgericht abgelehnt, weil der Kläger den Arbeitgeber nicht rechtzeitig auf das Verhalten seiner Vorgesetzten und die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens – es waren ca. EUR 800.000,- im Streit – aufmerksam gemacht habe. Das Mitverschulden des Klägers an dem – einmal angenommenen – Schaden wiege derart schwer, dass eine Ersatzpflicht des Arbeitgebers entfalle.

Hinweis für die Praxis

Nicht zum ersten Mal hatte sich ein Gericht mit der Frage zu beschäftigen, ob eine Diskriminierung wegen „ostdeutscher Herkunft“ von § 1 AGG erfasst wird. So hat z.B. schon das ArbG Stuttgart im Urteil vom 15.04.2010 (Az. 17 Ca 8907/09) das Bestehen eines Entschädigungsanspruchs verneint, weil es das Tatbestandsmerkmal „ethnische Herkunft“ als nicht erfüllt ansah. Das Gericht erklärte damals, dass die Bezeichnung „Ossi“ zwar diskriminierend und auch so zu verstehen sein könne, mit § 1 AGG jedoch nicht jede denkbare Benachteiligung beseitigt oder verhindert werden solle. Insbesondere in Anbetracht des hohen Streitwerts und des Mitverschuldensarguments wird das bisher nur als Pressemitteilung vorliegende Urteil gewiss eine interessante Lektüre sein. Ob zwischenzeitlich ein Rechtsmittel eingelegt wurde, kann den bisherigen Veröffentlichungen nicht entnommen werden.

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