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Keine Bürgenhaftung von Bauherren nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz

Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 16.10.2019 (Az. 5 AZR 241/18) entschieden, dass ein Unternehmer, der als Bauherr einen anderen Unternehmer mit einer Bauleistung beauftragt, für die Verpflichtung dieses Unternehmers oder eines Nachunternehmers zur Zahlung des Mindestentgelts an seine Arbeitnehmer nicht gemäß § 14 Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) wie ein Bürge haftet, der auf die Einrede der Vorausklage verzichtet hat.

Sachverhalt

Die Beklagte hat auf einem ihr gehörenden Grundstück in Berlin ein Einkaufszentrum errichten lassen, das sie verwaltet und in dem sie Geschäftsräume an Dritte vermietet. Für den Bau des Gebäudes beauftragte sie einen Generalunternehmer, der mehrere Subunternehmer einschaltete. Bei einem dieser Subunternehmer war der Kläger als Bauhelfer beschäftigt. Dieser Subunternehmer blieb ihm – trotz rechtskräftiger Verurteilung in einem Arbeitsgerichtsprozess – Lohn schuldig. Über das Vermögen des Generalunternehmers wurde zwischenzeitlich das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kläger hat deshalb wegen des ihm für seine Arbeit auf der Baustelle des Einkaufszentrums noch zustehenden Nettolohns die Beklagte in Anspruch genommen und gemeint, auch die Beklagte hafte nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz als Unternehmerin für die Lohnschulden eines Subunternehmers. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers hatte vor dem Fünften Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Die Beklagte unterliegt als bloße Bauherrin nicht der Bürgenhaftung des Unternehmers nach § 14 AEntG. Der Begriff des Unternehmers ist nach dem vom Gesetzgeber mit dieser Bestimmung verfolgten Sinn und Zweck einschränkend auszulegen. Erfasst wird nur der Unternehmer, der sich zur Erbringung einer Werk- oder Dienstleistung verpflichtet hat und diese nicht mit eigenen Arbeitskräften erledigt, sondern sich zur Erfüllung seiner Verpflichtung eines oder mehrerer Subunternehmer bedient. Gibt er auf diese Weise die Beachtung der zwingenden Mindestarbeitsbedingungen aus der Hand, ist es gerechtfertigt, ihm die Haftung für die Erfüllung der Mindestlohnansprüche der auch in seinem Interesse auf der Baustelle eingesetzten Arbeitnehmer aufzuerlegen. Dies trifft auf die Beklagte nicht zu. Sie hat lediglich als Bauherrin den Auftrag zur Errichtung eines Gebäudes für den betrieblichen Eigenbedarf an einen Generalunternehmer erteilt und damit nicht die Erfüllung eigener Verpflichtungen an Subunternehmer weitergegeben. Mit der Vergabe des Bauauftrags schaffte sie nur die Grundlage dafür, ihrem Geschäftszweck, der Vermietung und Verwaltung des Gebäudes, nachgehen zu können.

Hinweise für die Praxis

Die Entscheidung des BAG dürfte u.a. auf die Zustimmung von privaten Immobilien-Investoren stoßen. Sie müssen auch in Zukunft keine generelle Einstandspflicht für von General- und Subunternehmern nicht geleistete Lohnzahlungen befürchten. Das BAG folgt mit dem Urteil seiner bisherigen Rechtsprechung zu der Vorgängerregelung in § 1a AEntG a. F.

Das AEntG gilt – anders als der Name vermuten lässt – nicht nur für grenzüberschreitend entsandte, sondern auch für regelmäßig im Inland beschäftigte Arbeitnehmer. Die Regelung aus § 14 AEntG dient der sicheren Umsetzung des Mindestlohns. Gleichzeitig soll sie Auftragnehmer dazu veranlassen, ihre Aufgaben verstärkt an zuverlässige Unternehmen zu delegieren, die die gesetzlichen Bestimmungen einhalten. Dadurch soll auch die Verbreitung von Schwarzarbeit in der jeweiligen Branche eingedämmt werden.

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