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Hinterbliebenenversorgung - Mindestehedauer

Das BAG hat mit Urteil vom 19.02.2019 (Az.: 3 AZR 150/18) entschieden, dass eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Versorgungsregelung, nach der die Hinterbliebenenversorgung entfällt, wenn im Zeitpunkt des Todes des Versorgungsberechtigten die Ehe nicht mindestens zehn Jahre bestanden hat, den unmittelbar Versorgungsberechtigten unangemessen benachteiligt und daher nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam ist.

Sachverhalt

Die Klägerin ist Witwe ihres im Jahr 2015 verstorbenen Ehemanns, dem von seinem ehemaligen Arbeitgeber u.a. eine Hinterbliebenenversorgung zugesagt worden war. Nach der Versorgungszusage entfällt die Witwenversorgung, wenn die Ehe im Zeitpunkt des Todes des Versorgungsberechtigten nicht mindestens zehn Jahre bestanden hat. Die Ehe war im Juli 2011 geschlossen worden. Die Klägerin hält den Ausschluss der Witwenversorgung für unwirksam. Die auf Zahlung einer Witwenrente ab Mai 2015 gerichtete Klage wurde von den Vorinstanzen abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin hatte Erfolg. Nach Auffassung des BAG gilt nämlich Folgendes: Enthält eine Versorgungszusage Allgemeine Geschäftsbedingungen, so bewirkt eine hierin enthaltene Mindestehedauerklausel von zehn Jahren eine unangemessene Benachteiligung des Versorgungsberechtigten. Sagt der Arbeitgeber eine Hinterbliebenenversorgung zu, entspricht es der im Gesetz angelegten Vertragstypik, dass die Ehepartner der Arbeitnehmer abgesichert sind. Schränkt der Arbeitgeber den danach erfassten Personenkreis zulasten des Arbeitnehmers in der Versorgungszusage weiter ein, unterliegt diese Einschränkung der Angemessenheitskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Wird die Zusage auf Ehepartner beschränkt, mit denen der Arbeitnehmer im Zeitpunkt des Todes mindestens zehn Jahre verheiratet war, wird von der die Hinterbliebenenversorgung kennzeichnenden Vertragstypik abgewichen. Orientiert sich eine Ausschlussklausel an willkürlich gegriffenen Zeitspannen ohne inneren Zusammenhang zum Arbeitsverhältnis und zum verfolgten Zweck, so ist eine unangemessene Benachteiligung des Versorgungsberechtigten gegeben, weil der Zweck der Hinterbliebenenversorgung durch eine solche zehnjährige Mindestehedauer gefährdet ist.

Hinweis für die Praxis

Ungeachtet der jüngeren Entscheidung, kann der Anspruch auf eine Versorgung des hinterlassenen Ehegatten durchaus von einer Mindestehedauer abhängig gemacht werden (vgl. z.B. BAG, Urt. v. 28. 07.2005, 3 AZR 457/04). Das BAG hatte jedoch bislang lediglich Klauseln zu beurteilen, die einen ein- oder zweijährigen Bestand der Ehe zur Voraussetzung des Bezugs einer Witwen-/Witwerrente vorsahen. Das BAG hat nunmehr eine 10-Jahres-Frist für den Bestand der Ehe als unangemessen bewertet und für unwirksam erklärt. Unter dem Aspekt der Rechtssicherheit ist die Entscheidung daher sehr zu begrüßen. Hinzuweisen ist auch darauf, dass die – wirksam vereinbarte – Mindestehedauer bei einem Ausscheiden mit unverfallbarer Anwartschaft noch nicht zum Ausscheidezeitpunkt erfüllt sein muss. Vielmehr reicht es aus, wenn sie bis zum Eintritt des Versorgungsfalles erfüllt werden kann.

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