sabine schroeter arbeitsrecht 3.jpgnadine honzen arbeitsrecht p.jpg

Die Unabdingbarkeit der Feiertagsvergütung gilt auch für Zeitungszusteller!

Das BAG hat mit Urteil vom 16. Oktober 2019 (Az: 5 AZR 352/18) entschieden, dass eine vertragliche Regelung, die eine Sechs-Tage-Woche (Montag bis Samstag) vorsieht, aber ferner festlegt, dass Arbeitstage nur solche Tage sind, an denen Zeitungen im Zustellgebiet erscheinen, gegen den Grundsatz der Unabdingbarkeit des gesetzlichen Anspruchs auf Entgeltzahlung an Feiertagen verstößt.

Sachverhalt

Der Kläger ist bei der Beklagten als Zeitungszusteller beschäftigt. Arbeitsvertraglich ist er zum Einsatz von Montag bis einschließlich Samstag verpflichtet. Arbeitstage sind nach der getroffenen Vereinbarung alle Tage, an denen Zeitungen im Zustellgebiet erscheinen. Fällt ein Feiertag auf einen Werktag, erhält der Kläger somit keine Vergütung, weil an dem Tag keine Zeitungen im Zustellgebiet erscheinen. Mit seiner Klage verlangte er für fünf Feiertage im Jahr 2015 (Karfreitag, Ostermontag, Tag der Arbeit, Christi Himmelfahrt und Pfingstmontag), an denen er nicht beschäftigt wurde, eine Vergütung von insgesamt EUR 241,14 brutto. Er hat gemeint, die Arbeit sei allein wegen der Feiertage ausgefallen, weshalb die gesetzlichen Voraussetzungen für den Entgeltzahlungsanspruch vorlägen. Sowohl die erste als auch die zweite Instanz hatten der Klage stattgegeben.

Entscheidung

Die Revision der Beklagten führte zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht. Die Vorinstanzen haben zunächst zutreffend erkannt, dass der Kläger dem Grunde nach Anspruch auf die begehrte Feiertagsvergütung hat. Gemäß dem Entgeltfortzahlungsgesetz hat der Arbeitgeber für Arbeitszeit, die infolge eines gesetzlichen Feiertags ausfällt, das Arbeitsentgelt zu zahlen, das der Arbeitnehmer ohne den Arbeitsausfall erhalten hätte. Die Beschäftigung des Klägers ist an den umstrittenen Feiertagen einzig deshalb unterblieben, weil in seinem Arbeitsbereich die üblicherweise von ihm zuzustellenden Zeitungen nicht erschienen sind. Die im Arbeitsvertrag enthaltene Vereinbarung zur Festlegung vergütungspflichtiger Arbeitstage ist, soweit sie darauf abzielt, Feiertage aus der Vergütungspflicht auszunehmen, wegen der Unabdingbarkeit des gesetzlichen Entgeltzahlungsanspruchs unwirksam. Das Berufungsurteil unterlag gleichwohl der Aufhebung, weil das Berufungsgericht die Höhe des fortzuzahlenden Entgelts fehlerhaft berechnet hat.

Hinweise für die Praxis

Das Entgeltfortzahlungsgesetz regelt nicht nur die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall (§ 3 EntgFG), sondern auch etwas so Selbstverständliches wie den Lohnfortzahlung für „Arbeitsausfälle“ an gesetzlichen Feiertagen, vgl. § 2 EntgFG. Von dieser Regelung kann nicht zuungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden, das bestimmt jedenfalls das Gesetz, vgl. § 12 EntgFG. Die dem Streit zugrundeliegende Regelung zur Definition der Arbeitstage umgeht aber gerade diesen gesetzlichen Lohnfortzahlungsanspruch.

Vor wenigen Jahren mussten sich Zeitungszusteller noch über eine BAG–Entscheidung ärgern, die eine Übergangsregelung - als Ausnahme für Zeitungszusteller - zur schrittweisen Heranführung des Stundenlohns an den Mindestlohn, für rechtmäßig hielt. Diese Entscheidung des BAG wirkt sich ausgleichend für die Branche aus und gewährt keine (weitere) Ausnahme zu Lasten der Zeitungszusteller.

Kontakt > mehr