Dr. Christoph Fingerle, Fachanwalt für Arbeitsrecht

Ausschlussfrist in kirchlicher Arbeitsrechtsregelung und Nachweisgesetz

Häufig wird in Arbeitsverträgen auf »allgemeine Arbeitsvertragsrichtlinien«, also externe Regelungswerke verwiesen. Regelmäßig geschieht dies in den Arbeitsverträgen kirchlicher Arbeitgeber. Ob dies zur Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Nachweisgesetz, die wesentlichen Arbeitsvertragsbedingungen schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen, ausreicht, hatte das Bundesarbeitsgericht zu entscheiden.

Sachverhalt

Der Kläger war bei der beklagten katholischen Kirchengemeinde als Küster und Reinigungskraft beschäftigt. Der Arbeitsvertrag nahm die Kirchliche Arbeits- und Vergütungsordnung (KAVO) in Bezug. Diese sieht in § 57 eine sechsmonatige einstufige Ausschlussfrist vor. Der Kläger macht Differenzvergütungsansprüche wegen angeblich fehlerhafter Eingruppierung geltend. Die Beklagte verweigert die Erfüllung dieser Ansprüche unter Berufung auf die Ausschlussfrist. Der Kläger stellt die Wirksamkeit der Fristenregelung in Abrede und verlangt hilfsweise Schadensersatz, den er ua. darauf stützt, dass ihm die Beklagte die Ausschlussfrist nicht hinreichend nachgewiesen habe.

Das Landesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Revision des Klägers hatte vor dem Sechsten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg (Urteil vom 30.10.2019, 6 AZR 465/18).

Entscheidungsgründe

Ein etwaiger Erfüllungsanspruch auf die Differenzvergütung wäre zwar verfallen, da die Inbezugnahme der KAVO auch deren Ausschlussfrist umfasse und diese wirksam den Verfall von Entgeltansprüchen anordnet, die wie vorliegend den gesetzlichen Mindestlohn übersteigen.

Dem Kläger könnte jedoch ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung des Nachweisgesetzes zustehen. Bei kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen handele es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen, welche als „ähnliche Regelungen“ nach dem Willen des Gesetzgebers nur im Anwendungsbereich des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 bis 9 und § 2 Abs. 2 Nr. 2 und 3 sowie gemäß § 3 Satz 2 NachwG bei Änderungen der kirchlichen Regelungen erleichterten Nachweismöglichkeiten unterliegen sollen. Der Nachweis der Ausschlussfrist bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses werde von diesen Erleichterungen nicht erfasst. Weise der kirchliche Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Ausschlussfrist bei Begründung des Arbeitsverhältnisses nicht im Volltext nach, könne der Arbeitnehmer ggf. im Wege des Schadensersatzes verlangen, so gestellt zu werden, als ob er die Frist nicht versäumt hätte.

Mangels hinreichender Feststellungen des Landesarbeitsgerichts konnte der Senat allerdings nicht abschließend entscheiden, ob dem Kläger die begehrte Eingruppierung zusteht und deshalb ein Schadensersatzanspruch in Höhe der eingeklagten Differenzvergütung besteht. Er hat deshalb den Rechtsstreit an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Hinweise für die Praxis

Kirchlichen Arbeitgebern, die in ihren Arbeitsverträgen auf kirchliche Arbeitsrechtsregelungen hinweisen, ist aufgrund dieses Urteils dringend die Überprüfung ihrer Musterarbeitsverträgen anzuraten. Alle wesentlichen Arbeitsbedingungen – namentlich auch Ausschlussfristenregelungen – müssen, auch wenn sie in den einheitlichen Arbeitsrechtsregelungen normiert sind, im Volltext nachgewiesen werden, am besten im schriftlichen Arbeitsvertrag. Anderenfalls drohen über den Umweg des Schadensersatzanspruches wegen Verstoßes gegen die Verpflichtungen aus dem Nachweisgesetz erhebliche Rechtsnachteile für den jeweiligen Arbeitgeber.

Dies gilt freilich für nicht kirchliche Arbeitgeber, die in ihren Arbeitsverträgen auf »Arbeitsvertragsrichtlinien« oder sonstige allgemeine Regelungen verweisen, bei denen es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen im Rechtssinn handelt, gleichermaßen.

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