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Auskunftsrecht eines Arbeitnehmers nach Art. 15 DS-GVO

Seit jeher können Arbeitnehmer Auskunft über den Inhalt ihrer Personalakte verlangen. Der Automobilhersteller Daimler musste nun erfahren, dass dieses Auskunftsrecht durch die neuen Regelungen der DSGVO weiter gestärkt wurde. Auf Grundlage von Art. 15 Abs. 3 DSGVO können Arbeitnehmer auch die Herausgabe sensibler Ermittlungsakten gerichtlich durchsetzen. Das hat das LAG Baden-Württemberg mit Urteil vom 20. Dezember 2018 (Az. 17 Sa 11/18) entschieden.

Sachverhalt

Der Kläger war seit 2007 als Führungskraft in der Rechtsabteilung eines großen deutschen Fahrzeugherstellers tätig. Das Arbeitsverhältnis war über Jahre hinweg durch eine Reihe von Auseinandersetzungen belastet, die zum Ausspruch von Änderungskündigungen, zu einem im Ergebnis fruchtlosen Mediationsverfahren sowie zu mehreren Abmahnungen führten. Im Herbst 2017 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis wegen Minderleistung. Der Kläger erhob Kündigungsschutzklage und griff die ihm erteilten Abmahnungen an. Auch machte er geltend, die Beklagte sei zur Auskunft über sämtliche betreffend seine Person gespeicherte Daten verpflichtet. Hintergrund war eine im März 2017 an den Kläger gerichtete Mitteilung der Beklagten, nach der aufgrund des konzerninternen Hinweisgebersystems „Business Practices Office“ (BPO) ein ihn betreffender Compliance Check durchgeführt und festgestellt worden war, dass Regelverstöße vorlagen. In der Berufungsinstanz verfolgte der Kläger sein Bestandsinteresse weiter und präzisierte das Auskunftsbegehren. Zusätzlich stützte er sich auf den im Mai 2018 in Kraft getretenen Art. 15 Abs. 1 und 3 DS-GVO und verlangte nun auch die Herausgabe einer Kopie der ihn betreffenden BPO-Akte. Die Beklagte hielt an der Kündigung und den Abmahnungen fest. Dem Auskunftsanspruch stellte sie sich unter Hinweis auf den Schutz berechtigter Interessen der „Whistleblower“ entgegen.

Entscheidungsgründe

Das LAG Baden-Württemberg gab dem Kläger Recht. Sowohl die Beendigungskündigung als auch die Abmahnungen hielten einer gerichtlichen Überprüfung in der Berufungsinstanz nicht stand. Das Auskunftsrecht des Klägers sah die 17. Kammer ebenfalls als gegeben an. Dieses umfasse nicht nur die Möglichkeit einer Einsichtnahme in die Personalakte, sondern auch die umfassende Offenlegung der internen Ermittlungen im Rahmen des BPO-Verfahrens. Die Beklagte verarbeite personenbezogene Daten über den Kläger, weshalb diesem sowohl die erweiterte Auskunft nach Art. 15 Abs. 1 DS-GVO als auch ein Anspruch auf Herausgabe einer Kopie der Daten nach Art. 15 Abs. 3 DS-GVO zustünden. Die Ansprüche seien vorliegend nicht durch berechtigte Interessen Dritter eingeschränkt. Der pauschale Verweis auf die Schutzbedürftigkeit der Hinweisgeber reiche für die Begründung eines hinreichenden Interesses nicht aus. Zudem sei nicht konkret dargetan, welche personenbezogenen Daten infolge des Schutzes Dritter einer Auskunft entzogen sind.

Hinweis für die Praxis

Durch die DS-GVO haben die bisher schon bestehenden Auskunftsrechte von Arbeitnehmern gegenüber ihrem Arbeitgeber einen noch höheren Stellenwert erhalten. So ist im Rahmen von Art. 15 Abs. 3 DS-GVO das Recht des Betroffenen auf Herausgabe einer Kopie seiner gespeicherten personenbezogenen Daten hinzugekommen. Auf diese Regelung berief sich die klagende Daimler-Führungskraft in zweiter Instanz mit Erfolg. Der bloße Einwand des Entgegenstehens schützenswerter Interessen anderer Arbeitnehmer, die als Hinweisgeber fungierten, änderte hieran nichts. Er war vom Arbeitgeber viel zu pauschal formuliert, als dass das Gericht überhaupt eine Interessenabwägung zwischen arbeitgeberseitigem Geheimhaltungsbedarf und arbeitnehmerseitigem Offenlegungsinteresse hätte durchführen müssen. Bei Konflikten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern könnte das Auskunftsrecht in Zukunft verstärkt zu einem beliebten Druckmittel werden.

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