Stefan Daub, Fachanwalt für Arbeitsrecht

Aufhebung einer Einstellung – nachträgliche Beteiligung des Betriebsrats

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit Beschluss vom 21.11.2018 (AZ. 7 ABR 16/17) entschieden, dass eine erst nach Aufnahme der Tätigkeit durch einen Arbeitnehmer vorgenommene nachträgliche Unterrichtung des Betriebsrats die gesetzliche Zustimmungsfiktion nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG zu der bereits erfolgten Einstellung nicht bewirken kann. Der Arbeitgeber muss die bereits erfolgte Einstellung aufheben und ggf. ein neues Besetzungsverfahren betreiben, solange der Betriebsrat der ursprünglichen Einstellung nicht nachträglich zustimmt.

Sachverhalt

Ein Arbeitgeber stellte zum 01.10.2015 einen Arbeitnehmer ein und informierte den Betriebsrat nur gem. § 105 BetrVG, da er den Arbeitnehmer für einen leitenden Angestellten hielt, nicht aber im Verfahren nach § 99 BetrVG.

Der Betriebsrat verlangte am 11.01.2016 die Aufhebung der Einstellung des Arbeitnehmers gestützt auf § 101 Satz 1 BetrVG. Erstmals und im Anschluss an die Güteverhandlung vor dem Arbeitsgericht unterrichtete der Arbeitgeber den Betriebsrat am 22.02.2016 nunmehr auch vorsorglich nach § 99 Abs. 1 BetrVG über die Einstellung. Er hielt an seiner bisherigen Rechtsauffassung fest, dass es sich bei dem Arbeitnehmer um einen leitenden Angestellten handelt. Der Betriebsrat stimmte mit Schreiben vom 25.02.2016 der rückwirkend beantragten Einstellung nicht zu.

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag des Betriebsrats stattgegeben. Auf die Beschwerde des Arbeitgebers hat das Landesarbeitsgericht den erstinstanzlichen Beschluss abgeändert und den Antrag abgewiesen. Noch während des Rechtsbeschwerdeverfahrens vor dem BAG stellte das Arbeitsgericht Essen auf Antrag des Betriebsrats rechtskräftig fest, dass der Arbeitnehmer kein leitender Angestellter i.S.d. § 5 Abs. 3 BetrVG ist.

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats hatte vor dem Siebten Senat des BAG Erfolg. Der Arbeitgeber ist nach § 101 Satz 1 BetrVG verpflichtet, die Einstellung des Arbeitnehmers aufzuheben.

Eine Zustimmung des Betriebsrats zu einer personellen Einzelmaßnahme gilt als erteilt, wenn dieser dem Arbeitgeber die Verweigerung der Zustimmung nicht frist- und formgerecht mitteilt. Voraussetzung dafür, dass die gesetzliche Fiktion überhaupt eintreten kann, ist eine ordnungsgemäße Unterrichtung des Betriebsrats durch den Arbeitgeber gem. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG, nur eine solche setzt die Frist für die Zustimmungsverweigerung in Lauf. Die Zustimmung des Betriebsrats galt nicht als erteilt, weil der Arbeitgeber den Betriebsrat nicht rechtzeitig über die Einstellung des Mitarbeiters unterrichtet hatte. Eine erst nach Aufnahme der tatsächlichen Beschäftigung im Betrieb erfolgte Unterrichtung des Betriebsrats ist nicht fristgerecht und damit nicht ordnungsgemäß i.S.v. § 99 Abs. 1 BetrVG, diese kann den Eintritt der gesetzlichen Zustimmungsfiktion nicht bewirken. Die allein nach § 105 BetrVG vorgenommene Mitteilung war nicht ausreichend.

Eine Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats verliert nach der Rechtsprechung des BAG auch nicht dadurch ihre Wirkung, dass der Arbeitgeber vorsorglich nochmals einen Antrag auf Zustimmung zu der personellen Maßnahme stellt, wenn der Arbeitgeber nicht von der ursprünglichen Maßnahme Abstand nimmt und eine eigenständige, neue personelle Einzelmaßnahme einleitet.

Falls der Betriebsrat auf eine unvollständige Unterrichtung hin seine Zustimmung zu einer personellen Maßnahme verweigert, kann der Arbeitgeber zwar im Zustimmungsersetzungsverfahren die fehlenden Informationen noch nachholen. Für den Betriebsrat ist dann erkennbar, dass der Arbeitgeber die Informationen vervollständigt, weil er seiner ggf. noch nicht vollständig erfüllten Unterrichtungspflicht aus § 99 Abs. 1 Satz 1 und 2 BetrVG nachkommen will. Die Beseitigung des betriebsverfassungswidrigen Zustands kann der Arbeitgeber aber bei einer vollkommen fehlenden Anhörung nur erreichen, wenn er die Einstellung des Arbeitnehmers zunächst aufhebt, einen neuen Stellungsbesetzungsvorgang einleitet und den Betriebsrat zur neuen Einstellung des Arbeitnehmers um Zustimmung ersucht.

Hinweise für die Praxis

Hat ein Arbeitnehmer die Tätigkeit bereits aufgenommen und hat der Betriebsrat einen Antrag auf Aufhebung beim Arbeitsgericht gestellt, muss ein Arbeitgeber nach dieser Entscheidung des BAG die Einstellung wieder aufheben, sollte der Betriebsrat nicht doch noch im Laufe des Verfahrens zustimmen.

Ein Arbeitgeber sollte deshalb genau überlegen, ob er bei der Einstellung eines leitenden Angestellten nicht zumindest auch vorsorglich den Betriebsrat gem. § 99 BetrVG parallel zu einer Anhörung gem. § 105 BetrVG anhört, wenn die Stellung als leitender Angestellter nicht eindeutig ist. Die Entscheidung des BAG kann z.B. auch Bedeutung haben, wenn ein Arbeitgeber einen freien Mitarbeiter, bei dem eine Unterrichtung gem. § 99 BetrVG im Einzelfall erforderlich sein kann, oder einen Leiharbeitnehmer einstellen will.

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