Anwendbarkeit der 40-Euro-Verzugspauschale auf arbeitsrechtliche Entgeltansprüche
Erst im Herbst 2018 hatte das BAG entschieden, dass die 40-Euro-Verzugspauschale auf arbeitsvertragliche Entgeltansprüche nicht zur Anwendung kommt. Nun gibt es hierzu Gegenwind aus erster Instanz – das Arbeitsgericht Köln (Urteil vom 14.02.2019 – 8 Ca 4245/18) bringt das Thema wieder auf die Agenda und stellt die neue höchstrichterliche Rechtsprechung in Frage.
Sachverhalt
Die Beklagte stellt Automobile her. Seit über zwanzig Jahren beschäftigte sie den Kläger als Elektroniker in der Instandhaltung. Dieser erkrankte Ende 2016 und fiel für rund anderthalb Jahre aus. Die Rückkehr des Klägers in den Betrieb begann mit einer Wiedereingliederung, die aus Sicht der Beklagten scheiterte. Einen medizinischen Test beim Betriebsarzt bestand der Kläger allerdings – dieser bescheinigte seine Arbeitsfähigkeit. Die Beklagte setzte den Kläger daraufhin gleichwohl nicht sofort wieder ein. Für die Monate Juni bis August 2018 leistete sie zudem keine Vergütungszahlungen. Nach langem Hin und Her arbeitete der Kläger seit September 2018 wieder. Die Vergütungsansprüche der vergangenen Monate standen weiter im Streit. Der Kläger nahm gerichtliche Hilfe in Anspruch. Vor dem Arbeitsgericht Köln klagte er nicht nur den Vergütungsbetrag, sondern auch die zivilrechtliche Verzugspauschale ein.
Entscheidungsgründe
Das Arbeitsgericht Köln sprach dem Kläger nicht nur die geltend gemachten Entgeltforderungen, sondern darüber hinaus auch die Verzugspauschale gemäß § 288 Abs. 5 S. 1 BGB zu. Es stellte sich hierbei ausdrücklich gegen die Rechtsprechung des BAG, nach der § 12a Abs. 1 ArbGG einer Anwendung der Verzugspauschale entgegensteht. Nach dieser Norm besteht in Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs u.a. kein Anspruch der obsiegenden Partei auf Entschädigung wegen Zeitversäumnis. § 12a Abs. 1 ArbGG, so das erstinstanzliche Gericht, sei jedoch wie § 288 Abs. 5 S. 1 BGB eine bundesgesetzliche Vorschrift auf ein und derselben Normhierarchie. Da die Vorschrift lange vor § 288 Abs. 5 S. 1 BGB in Kraft getreten sei, könne sie die jüngere Norm nicht verdrängen. Im Gegenteil, die Regelung zur Verzugskostenpauschale müsse streng genommen § 12a ArbGG verdrängen, was dazu führe, dass der Arbeitgeber nicht nur die zu Unrecht gezahlte Vergütung, sondern auch die Verzugskostenpauschale leisten müsse.
Hinweis für die Praxis
Mit dem Urteil des BAG vom 25.09.2018 zur Unanwendbarkeit der Verzugspauschale für arbeitsrechtliche Entgeltansprüche ging erfreuliche Klarheit einher. Die Diskussion über den zusätzlichen Anspruch fand zu Gunsten der Arbeitgeber ihr Ende. Ohne größeren Aufwand konnte entsprechenden Anträgen in arbeitsgerichtlichen Verfahren seither der Wind aus den Segeln genommen werden. Nunmehr ist damit zu rechnen, dass diese Anträge wieder häufiger in arbeitsgerichtlichen Verfahren auftauchen werden. Wer am Ende Recht hat bleibt derzeit offen, da ein jedes Instanzgericht in seiner Würdigung frei bleibt. Die Höhe der Verzugspauschale wird in vielen Fällen weit unter dem Wert der streitigen Hauptforderung liegen und deshalb in aller Regel nicht wirtschaftlich ausschlaggebend sein. Der vorsichtige Arbeitgeber mag der nun erneut uneinheitlichen Rechtsprechung aber Gestaltungsbedarf für seine Arbeitsverträge entnehmen. So ist ggf. noch mehr Vorsicht bei der Formulierung von Ausschlussklauseln geboten, die sich – die Auffassung des ArbG Köln als zutreffend unterstellt – analog zu Ansprüchen aus dem MiLoG nicht auf die gesetzliche Verzugspauschale beziehen dürfen, damit sie wirksam sind.
24. Mai 2019