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Mitbestimmungsrecht bei der Erfassung von Anwesenheitszeiten der Mitarbeiter in Excel

Der Betriebsrat hat über die Verwendung von Microsoft Excel mitzubestimmen, wenn der Arbeitgeber das Programm zur Erfassung von Anwesenheitszeiten seiner Mitarbeiter einsetzt (Beschluss des BAG vom 23.10.2018, Az.: 1 ABN 36/18).

Sachverhalt

Die Parteien streiten über das Bestehen eines Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats bei der Verwendung von Microsoft Excel zur Erfassung von Anwesenheitszeiten der Mitarbeiter. Der Arbeitgeber hatte die Anwesenheitszeiten der Mitarbeiter zuvor immer händisch erfasst. Der Einwand des Arbeitgebers, die per Hand eingegebenen Informationen würden durch das Programm nicht verändert werden, war im Ergebnis erfolglos. Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht gaben dem Antrag des Betriebsrats statt und untersagten dem Arbeitgeber, ohne vorherige Zustimmung des Betriebsrats die Anwesenheitszeiten in einer Excel-Tabelle zu erfassen.

Entscheidungsgründe

Auch das BAG wies die Nichtzulassungsbeschwerde als unbegründet zurück. Zwar gäbe es im Rahmen der durch den Arbeitgeber gestellten Rechtsfrage durchaus interpretationsfähige Begrifflichkeiten wie die „alltägliche Software“ sowie „gewisse Geringfügigkeitsschwelle“. Diese sind nach dem BAG jedoch nicht klärungsbedürftig. Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats besteht bei jeder Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen. Ein datenverarbeitendes System ist dann zur Überwachung von Verhalten und Leistung bestimmt, wenn es die individualisierten Daten der Arbeitnehmer selbst erhebt oder aufzeichnet, unabhängig davon, ob diese vom Arbeitgeber ausgewertet werden. Damit zählt nach dem BAG auch das Sammeln von Information bereits vorliegender Informationen dazu. Nichts anderes soll für ein Standardprogramm gelten. Ferner kann keine Geringfügigkeitsschwelle als Voraussetzung für ein Mitbestimmungsrecht angenommen werden, da dies dem Zweck des Mitbestimmungsrechts widerspricht. Durch die Mitstimmung des Betriebsrats sollen die Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer geschützt werden, die durch die Überwachungstechnik des Arbeitgebers gefährdet werden können.

Hinweise für die Praxis

Das BAG stellt mit dieser Entscheidung klar, dass der Betriebsrat auch bezüglich „alltäglicher“ Standardsoftware ein Mitbestimmungsrecht hat, sofern der Arbeitgeber dort Informationen seiner Arbeitnehmer einpflegt. Selbst wenn darin kein wesentlicher Unterscheid zur händischen Erfassung liegt. Es reicht die Möglichkeit der Summenfunktion zur Annahme einer technischen Überwachungseinrichtung aus und damit bleibt die Verwendungsabsicht des Arbeitgebers weiter unbeachtlich. Ebenfalls der Mitbestimmung unterliegt damit z.B. die Nutzung von Mobiltelefonen oder von E-Mail-Programmen. Im Zuge der stetigen Modernisierung sind Arbeitgeber dazu angehalten jede technische Modernisierung der Datenerfassung im Bereich des Personals sorgfältig auf das Erfordernis einer vorherigen Mitbestimmung zu überprüfen, selbst wenn die Daten nicht weiter verarbeitet werden sollen.

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