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Informationsaustausch beim Unternehmenskauf – was ist bei der Due Diligence zu beachten?

Der Austausch wettbewerblich sensibler Informationen zwischen Erwerber und Zielunternehmen oder zwischen potentiellen Beteiligten eines Gemeinschaftsunternehmens ist aus kartellrechtlicher Sicht als wettbewerbsbeschränkendes Verhalten zu bewerten. Er ist deshalb nur insoweit zulässig, als es für die Prüfung des Targets und die Verhandlungen notwendig ist. Dieses Thema rückt immer öfter in den Fokus der Wettbewerbsbehörden. 2016 verhängte die französische Wettbewerbsbehörde eine Rekordgeldbuße von EUR 80 Mio., weil Käufer- und Zielunternehmen vor der fusionskontrollrechtlichen Freigabe u.a. in erheblichem Umfang strategische und wettbewerbsrelevante Informationen ausgetauscht hatten.

Wettbewerblich sensibel sind alle Informationen, die Rückschlüsse auf das konkrete Wettbewerbsverhalten zulassen, z.B. Preise und Preisgestaltungen, Kosten, kundenspezifische Informationen, Umsätze, Verkaufszahlen, Kapazitäten, Marketingpläne, Investitionen, Konditionen, strategische Planungen und Prognosen. Insbesondere bei Transaktionen zwischen aktuellen oder potenziellen Wettbewerbern muss während des gesamten Verhandlungs- und Due Diligence-Prozesses sowie bei der Integrationsplanung darauf geachtet werden, dass Kartellrisiken minimiert werden. Zum Informationsaustausch gibt es jedoch von den europäischen Wettbewerbsbehörden nur einige allgemeine Hinweise, nicht aber im Transaktionskontext.

Empfehlungen der US-Wettbewerbsbehörde FTC

Im März 2018 hat nun eine der beiden Wettbewerbsbehörden in den USA, die Federal Trade Commission (FTC), in ihrem Blog Hinweise veröffentlicht, wie man die kartellrechtlichen Risiken eines Informationsaustausches im Rahmen einer Due Diligence minimiert. Die FTC erkennt ausdrücklich an, dass der potentielle Erwerber eines Unternehmens oder Partner eines Gemeinschaftsunternehmens ein legitimes Interesse daran hat, detaillierte Informationen über das Geschäft des Zielunternehmens oder des Joint Venture-Partners zu erhalten, um die Transaktion zu verhandeln und durchzuführen. Allerdings seien die Zusammenschlussbeteiligten bis zum Closing eigenständige Unternehmen, die sich unabhängig auf dem Markt bewegen und ihre strategischen Informationen schützen müssen.

Die Angaben der FTC entfalten zwar keine unmittelbare Geltung für Unternehmenszusammenschlüsse innerhalb Deutschland oder Europas, sie enthalten jedoch auch für die hiesige Transaktionspraxis einige nützliche Hinweise zur Best Practice, die wir – ergänzt um einige Empfehlungen aus unserer Praxis – gerne weitergeben:

Empfehlungen für die Informationen preisgebende Partei:

  • Alle Beteiligten sollten in einem möglichst frühen Stadium über die kartellrechtlichen Risiken informiert werden. Es empfiehlt sich, einen Plan zum Ablauf und Umfang des Informationsaustausches während des gesamten Due Diligence- und Verhandlungsprozesses und dem Umgang mit sensiblen Informationen zu erstellen.
  • Alle Informationen und Unterlagen, die wettbewerblich relevant sein können, sollten genau kontrolliert werden, bevor sie übergeben oder in einen Datenraum eingestellt werden. Auch durch eine Zusammenschau verschiedener Dokumente könnten - versehentlich - wettbewerbsrelevante Informationen preisgegeben werden.
  • Der Austausch an Informationen ist auf das für die jeweilige Phase einer Transaktion notwendige Maß zu beschränken. In den frühen Phasen des Verkaufsprozesses und dann, wenn noch mehrere potentielle Erwerber Informationen einsehen, sollten weniger Informationen überlassen werden als später im Prozess, da ein Scheitern der Transaktion noch wahrscheinlich ist.
  • Es ist allgemein anerkannt, dass in späteren Phasen des Verkaufsprozesses detailliertere Informationen notwendig sind. Deren Austausch erfordert jedoch stärkere Schutzmaßnahmen. Hierzu gehören neben der Schwärzung oder Aggregation von Kunden- und anderen wettbewerbsrelevanten Informationen auch Clean Team-Vereinbarungen. Diese beschränken den Zugang zu sensiblen Informationen im Datenraum auf Personen, die im Käuferunternehmen keine operativen Funktionen wahrnehmen, d.h. insbesondere nicht im Management, Einkauf oder Vertrieb tätig sind oder für eine gewisse Zeit aus dem operativen Geschäft herausgenommen werden.
  • Noch sicherer ist es, wettbewerblich sensible Informationen nur externen Beratern der Käuferseite zur Verfügung zu stellen. Die Berater sollten sich persönlich verpflichten, an die andere Seite nur zusammenfassende Ergebnisse, aber keine sensiblen Details weiterzuleiten und alle Berichte vorab durch Anwälte der Verkäuferseite prüfen zu lassen.
  • Für den Fall, dass die Verhandlungen scheitern, sollten von vornherein klare Regeln kommuniziert werden, insbesondere die Pflicht zur Rückgabe oder Vernichtung aller überlassenen Dokumente, ggf. kombiniert mit einer Vertragsstrafe bei einem Verstoß.

Empfehlungen für die Informationen empfangende Partei:

  • Alle Mitarbeiter, die wettbewerblich sensible Informationen erhalten, müssen zum Umgang mit den erhaltenen Informationen entsprechend geschult und zur Verschwiegenheit verpflichtet werden.
  • Für den Austausch wettbewerbsrelevanter Informationen sollten Clean Teams oder externe Berater eingeschaltet werden.
  • Die Clean Teams benötigen klare Regeln darüber, wie wettbewerbsrelevante Informationen behandelt werden sollen und mit wem sie ausgetauscht werden dürfen (z.B. innerhalb des Clean Teams und mit externen Beratern, aber nicht mit Unternehmensangehörigen außerhalb des Clean Teams).
  • Es muss sichergestellt sein, dass Mitarbeiter wettbewerbsrelevante Informationen, die für die Due Diligence oder das Clean Team bestimmt sind, nicht auf frei zugänglichen Laufwerken innerhalb des Unternehmens speichern.
  • Erstellen das Clean Team oder die externen Berater zusammenfassende Berichte für die über den Unternehmenskauf entscheidenden Personen, sind wettbewerbsrelevante Informationen unkenntlich zu machen oder zu aggregieren. Außerdem sollte der Bericht vor der Weitergabe von einem Berater der anderen Seite und/oder Kartellrechtsanwalt geprüft werden.

Fazit

Der Austausch von Informationen unter Wettbewerbern ist kartellrechtlich problematisch. Die Beteiligten einer Transaktion müssen sich vor Beginn einer Due Diligence die kartellrechtlichen Risiken bewusst machen und Prozesse festlegen, die den Ablauf des Informationsaustausches und die Regeln zum Umgang mit wettbewerbsrelevanten Daten festhalten. Bis zuletzt sollten sie davon ausgehen, dass die Verhandlungen scheitern könnten und der andere die ihm überlassenen Informationen ggf. im Wettbewerb nutzen wird. Je wettbewerbsrelevanter die Informationen sind, desto stärker müssen sie deshalb geschützt werden. Ein Austausch von wettbewerblich sensiblen Informationen ist erst dann uneingeschränkt zulässig, wenn die Transaktion vollzogen ist und die Kartellbehörden – soweit erforderlich – ihre Freigabe erteilt haben.

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