

Insolvenzanfechtung bei Rückzahlung stiller Beteiligungen an Gesellschafter
Beteiligt sich ein Gesellschafter auch als stiller Gesellschafter an seiner Gesellschaft, ist dies einem Gesellschafterdarlehen gleichgestellt i.S.d. § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO. Es gelten daher die gleichen Regelungen für die Insolvenzanfechtung der Rückzahlung.
Hintergrund: Stille Einlage eines (mittelbaren) Alleingesellschafters
Die Beklagte war Alleingesellschafterin einer GmbH, die wiederum die alleinige Gesellschafterin der später insolventen Enkel-GmbH war. 2005 beteiligte sich die Beklagte an der Enkel-GmbH als stille Gesellschafterin. Wenige Tage, nachdem die Enkel-GmbH die stille Einlage teilweise an die Beklagte zurückgezahlt hatte, wurde Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Enkel-GmbH gestellt. Im darauffolgenden Jahr wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter der Enkel-GmbH bestellt. Er erhob gegen die Beklagte Anfechtungsklage auf Rückzahlung der zurückgezahlten stillen Einlage an die Enkel-GmbH. Nachdem das Landgericht der Klage stattgegeben und die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten keinen Erfolg hatte, begehrte die Beklagte mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde die Zulassung der Revision.
Rückzahlung der stillen Beteiligung eines Gesellschafters unterliegt der Insolvenzanfechtung
Der BGH wies die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten als unbegründet zurück und stellte klar, dass der Anspruch eines mittelbaren Gesellschafters auf Rückzahlung einer durch ihn zusätzlich gewährten stillen Beteiligung eine „einem Darlehen gleichgestellte Forderung“ ist und deswegen – wenn und soweit er erfüllt wird – nach §§ 135 Abs. 1, 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO der Insolvenzanfechtung unterliegt.
Auswirkungen auf die Praxis
Wer neben seiner Beteiligung als Gesellschafter eine stille Einlage in die Gesellschaft leistet (wofür es mit Blick auf den mezzaninen (Finanzierungs-)Charakter einer stillen Beteiligung gute Gründe geben kann), sollte sich nach dem Beschluss des BGH bewusst sein, dass damit das Risiko einer möglichen Insolvenzanfechtung einhergeht: wenn in solchen Konstellationen die stille Einlage bis zu einem Jahres vor Stellung des Insolvenzantrags an den Gesellschafter zurückgezahlt wird, unterliegt diese Rückzahlung der stillen Einlage nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO der Insolvenzanfechtung. Auch wenn für den Rückzahlungsanspruch eines solch „doppelt beteiligten“ Gesellschafters Sicherheiten gewährt werden (und zwar sogar bis zu 10 Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens), kann dies nach § 135 Abs. 1 Nr. 1 InsO der Insolvenzanfechtung unterfallen.
Dies gilt nicht nur für unmittelbar beteiligte Gesellschafter, sondern – wie vom BGH entschieden – auch für mittelbar beteiligte Gesellschafter, wenn deren Rechtsposition der eines unmittelbar beteiligten Gesellschafters entspricht (z.B. weil mehrere Einpersonengesellschaften dazwischengeschaltet sind).
Von diesem Anfechtungsrisiko verschont bleibt vor allem, wer unter das Kleinstbeteiligungsprivileg des § 39 Abs. 5 InsO fällt, d.h. die nicht geschäftsführenden Gesellschafter, die mit nicht mehr als 10 % am Haftkapital der Gesellschaft beteiligt sind. Auch wer bei drohender/eingetretener Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung einer Gesellschaft Anteile zum Zwecke der Sanierung erwirbt, unterfällt nach § 39 Abs. 4 Satz 2 InsO ausdrücklich nicht dem Anwendungsbereich des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO (und damit auch nicht der Insolvenzanfechtung nach § 135 Abs.1 InsO). Gerade für diese Fälle kann die Gewährung einer stillen Einlage durch den Gesellschafter daher eine sinnvolle Finanzierungsalternative sein, um z.B. das Eigenkapitalrating einer Gesellschaft zu verbessern.
22. Januar 2018