jan henning martens gesellschaftsrecht 3.jpgjonas laudahn gesellschaftsrecht.jpg

Unwirksamkeit einer formell ordnungsgemäßen Ladung zur GmbH-Gesellschafterversammlung

Ladungen zu GmbH-Gesellschafterversammlungen unterliegen bestimmten formellen Anforderungen. Unter anderem muss eine mindestens einwöchige Ladungsfrist eingehalten werden. Selbst eine formell ordnungsgemäße Ladung kann jedoch unwirksam sein mit der Folge, dass sämtliche gefassten Beschlüsse anfechtbar oder sogar nichtig sind.

Anforderungen an Ladungen zu Gesellschafterversammlungen

Ladungen zu Gesellschafterversammlungen bergen für GmbH-Gesellschafter seit jeher Fallstricke. Wenn sich die Gesellschafter gut verstehen und auf die Einhaltung aller Formen und Fristen für die Ladung und Abhaltung (mit Ausnahme einer etwa notwendigen Beurkundung) verzichten, sind die Formalitäten egal und die Beschlüsse wirksam. Ansonsten können formelle Einberufungsmängel (etwa eine zu kurze Ladungsfrist, unvollständige Angabe der Tagesordnungspunkte oder Wahl des falschen Tagungsortes) zur Anfechtbarkeit oder sogar Nichtigkeit der gefassten Gesellschafterbeschlüsse führen.

Bei der Einladung zur Gesellschafterversammlung sollten Gesellschafter und Geschäftsführer (nicht nur von GmbHs, sondern auch von anderen Gesellschaftsformen) jedoch nicht nur gesetzliche und satzungsrechtliche Vorgaben im Auge haben. Auch die individuellen Verhältnisse der Gesellschafter sind zwingend zu berücksichtigen, um die Wirksamkeit der Beschlussfassung nicht zu gefährden. So folgt aus der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht für die Gesellschafter die Verpflichtung, über das in Gesetz und Satzung festgeschriebene Procedere hinaus alle vertretbaren Anstrengungen zu unternehmen, um einen bekanntermaßen schwer erreichbaren Gesellschafter über die bevorstehende Versammlung zu informieren.

Hintergrund

Das OLG Düsseldorf entschied kürzlich in diesem Kontext, dass etwa bei einer bekannten längeren Abwesenheit eines Gesellschafters die Mitgesellschafter sich nicht darauf berufen können, dass die Ladung an die Anschrift des Gesellschafters versendet worden sei.

So war in dem vom OLG entschiedenen Fall der Kläger zur Gesellschafterversammlung, wie in der Satzung der Beklagten vorgesehen, mittels formell ordnungsgemäßen Briefes an seine von ihm zuletzt mitgeteilte Anschrift in Abu Dhabi geladen worden. Da er sich jedoch zu diesem Zeitpunkt auf einer mehrmonatigen Segeltour befand, erschien er zu der Versammlung, bei der die Mitgesellschafter die Einziehung seiner Anteile und eine Satzungsänderung beschlossen, nicht.

Der Kläger wandte sich hiergegen und argumentierte, dass die Versendung der Ladung an seine Anschrift in Abu Dhabi nicht wirksam gewesen sei. So sei diese Anschrift eine reine Briefkasten-Anschrift für geschäftliche Kontakte gewesen, die seit längerer Zeit nicht mehr von ihm genutzt werde. Dies sei den Mitgesellschaftern ebenso bekannt gewesen wie die Tatsache seiner Abwesenheit. Deren Vorgehen sei daher treuwidrig. Hinzukäme, dass er problemlos über seine geschäftliche E-Mail erreichbar gewesen wäre. Sein E-Mail-Konto habe die Beklagte nämlich extra für ihn empfangsbereit gehalten.

Die Beklagte berief sich hingegen auf ihre Satzung. So entspräche die Zustellung in Abu Dhabi exakt der Satzungsregelung, weswegen die Ladung rechtmäßig sei.

Das Urteil des OLG Düsseldorf vom 19.04.2018, Az. 6 W 2/18

Das OLG entschied, dass die Ladung trotz formeller Rechtmäßigkeit aufgrund der Umstände des Einzelfalls unwirksam sei. Das Gewicht des Ladungsmangels führe zudem dazu, dass die Beschlussfassung zur Einziehung der Anteile des Klägers nicht nur anfechtbar, sondern nichtig sei.

Die Unwirksamkeit der Ladung ergebe sich nicht aus formellen Mängeln. Insbesondere habe die Beklagte sich an alle im Gesetz und in der Satzung vorgesehenen Vorschriften gehalten. Die Ladung sei jedoch als rechtsmissbräuchlich anzusehen. Ausschlaggebend hierfür seien mehrere Faktoren: Zum einen sei den übrigen Gesellschaftern bekannt gewesen, dass die Ladung den Kläger aufgrund dessen Segeltour voraussichtlich nicht erreichen werde. Zum anderen habe in Gestalt des geschäftlichen E-Mail-Kontos eine Möglichkeit bestanden, den Kläger unproblematisch zu erreichen. Entscheidend sei schließlich auch die hohe Bedeutung, die die Teilnahme an der Gesellschafterversammlung für den Kläger habe. So sei es bei den streitgegenständlichen Gesellschafterbeschlüssen nicht um alltägliche Geschäfte gegangen, sondern es sei die Einziehung der Anteile des Klägers beschlossen worden. Es habe somit dessen Gesellschafterstellung zur Disposition gestanden. Zusätzlich sei auch noch die Satzung der Gesellschaft, die die vertragliche Grundlage der Rechte und Pflichten der Gesellschafter darstelle, geändert worden. Diesen Tatsachen hätten die Mitgesellschafter in besonders hohem Maße Rechnung tragen müssen. Zumindest eine kurze Information per E-Mail sei ihnen ohne Probleme zumutbar gewesen.

Kontakt > mehr