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Kommanditist kann keine Ansprüche gegen Fremdgeschäftsführer geltend machen

Ein Kommanditist kann Ansprüche der Kommanditgesellschaft nicht direkt gegen den Fremdgeschäftsführer der Komplementär-GmbH geltend machen.

Hintergrund

Nach dem Tod der alleinigen Kommanditistin einer GmbH & Co. KG klagten deren Erben gegen den Fremdgeschäftsführer der Komplementär-GmbH auf Schadensersatz. Hintergrund war der Kauf eines Grundstücks im Jahr 2006, das die KG für rund 7 Mio. Euro erworben hatte. Bei dem Kauf des Grundstücks war die KG durch den Fremdgeschäftsführer der Komplementär-GmbH vertreten worden. Die Erben der verstorbenen Kommanditistin waren nun der Ansicht, dass der Kaufpreis für das Grundstück weit überhöht gewesen sei, was der Geschäftsführer auch gewusst habe. Den zu viel gezahlten Betrag verlangten die Erben von dem Fremdgeschäftsführer und erhoben Klage gegen ihn.

Das Berufungsgericht gab der Klage teilweise statt und verurteilte die Beklagten auf Zahlung von rund 1,7 Mio. Euro an die KG. Dagegen legten die Beklagten Revision ein.

Das Urteil vom 19.12.2017 (Az.: II ZR 255/16)

Der BGH wies die Zahlungsklage der Erben ab. Das Gericht führte aus, den Erben fehle bereits die in allen Instanzen erforderliche „Prozessführungsbefugnis“, also die Berechtigung, den Anspruch (hier die Erstattung des zu viel gezahlten Kaufpreises) geltend zu machen. Denn die geltend gemachten Ansprüche stünden nur der Komplementär-GmbH – und nicht der KG – zu. Die Erben waren also nicht berechtigt, einen Anspruch der KG gegen die Beklagten geltend zu machen. Eine Ausnahme in Form einer Gesellschafterklage (sog. „actio pro socio“), bei der ein Gesellschafter Ansprüche der Gesellschaft in eigenem Namen mit Leistung an die Gesellschaft verlangen kann, gelte nur unter bestimmten Voraussetzungen, unter anderem müsse es sich um Ansprüche gegen Mitgesellschafter der KG handeln. Der beklagte Geschäftsführer war aber kein Gesellschafter, sondern ein Fremdgeschäftsführer, also ein außenstehender Dritter, der die Geschäftsführung der KG übernommen hatte.

Zwar wird in der Literatur vertreten, dass bei einem besonderen persönlichen Interesse auch ein Durchgriff auf den Fremdgeschäftsführer gerechtfertigt sei. Dieser Ansicht schloss sich der BGH jedoch nicht an. Da das Fehlverhalten des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH zuzurechnen sei (§ 31 BGB), sei nur diese der KG zum Schadensersatz verpflichtet (und die GmbH müsse dann Ansprüche gegen den Geschäftsführer geltend machen). Die Kommanditisten könnten im Wege der actio pro socio daher nur Ansprüche der KG gegen die Komplementär-GmbH selbst geltend machen.

Anmerkung

Mit seiner Entscheidung ist der BGH seiner bisherigen Linie gefolgt. Dem ist zuzustimmen, da die Kommanditisten (hier die Erben) auch so, wenn auch über einen Umweg, hinreichend geschützt sind: Sie können schließlich die Komplementär-GmbH auf Schadensersatz verklagen. Wenn die GmbH keine hinreichenden Mittel hat, hilft ihr ggfs. eine Directors-and-Officers (D&O)-Versicherung oder sie können in den Ersatzanspruch der GmbH gegen den Geschäftsführer vollstrecken.

Die Entscheidung des BGH betrifft allerdings nur die Konstellation, dass der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH nicht zugleich auch Gesellschafter der GmbH oder der KG ist. Für den Fall, dass der Geschäftsführer auch Gesellschafter der GmbH und/oder der KG ist, kann der KG aufgrund bestehender Treuepflichten des Geschäftsführers ein direkter Anspruch gegen den Geschäftsführer zustehen. Dieser Anspruch kann dann unter Umständen auch im Wege der „actio pro socio“ von Kommanditisten direkt geltend gemacht werden.

Damit verbleibt es bei den bislang geltenden Voraussetzungen für eine actio pro socio, wenn Gesellschafter Ansprüche der Gesellschaft direkt geltend machen wollen: (1) Der Anspruchsteller muss ein Gesellschafter ohne eigene Vertretungsmacht sein, (2) der geltend gemachte Anspruch muss sich aus dem Gesellschaftsverhältnis gegen einen Mitgesellschafter ergeben (sog. „Sozialanspruch“, z.B. Anspruch der Gesellschaft auf Leistung der Beiträge, Schadensersatzansprüche wegen Verletzung von Gesellschafterpflichten) und (3) der Anspruch darf nicht, z.B. aufgrund von Treuepflichten, ausgeschlossen sein.

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