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Haftet man trotz Abgeltungsklausel?

Überschreitet ein Geschäftsführer seine im Anstellungsvertrag konkret festgelegte interne Geschäftsführungsbefugnis und verschweigt er diesen Missbrauch gegenüber der Gesellschaft arglistig, so haftet der Geschäftsführer für daraus entstandene Schäden. Das gilt auch dann, wenn in seinem Aufhebungsvertrag eine Abgeltungsklausel vorgesehen ist.

Ob der entsprechende Missbrauch der Geschäftsführungsbefugnis im Interesse der Gesellschaft lag, ist insoweit unerheblich.

Hintergrund

Der Beklagte war alleiniger Geschäftsführer der klagenden GmbH. Nach dem Geschäftsführeranstellungsvertrag durfte der Beklagte bestimmte Rechtsgeschäfte nur nach vorheriger Zustimmung der Gesellschafterversammlung abschließen. Hierzu gehörten etwa der Abschluss von Mietverträgen mit einer Laufzeit von mehr als drei Jahren oder einem Mietzins von mehr als EUR 24.000 pro Jahr. Ohne eine entsprechende Zustimmung einzuholen schloss der Beklagte einen Mietvertrag für die Klägerin mit einer Laufzeit von 10 Jahren zu einer Jahresmiete von über EUR 50.000 ab.

Wenige Monate später wurde der Beklagte als Geschäftsführer der Klägerin durch die Gesellschafterversammlung abberufen. Daneben vereinbarten die Parteien die Aufhebung des Geschäftsführeranstellungsvertrages und die wechselseitige Abgeltung aller Ansprüche aus dem Geschäftsführeranstellungsvertrag, gleichgültig aus welchem Rechtsgrund (sog. Abgeltungsklausel). In der Folgezeit konnte die Klägerin den o.g. Mietvertrag, der ihr bei Abschluss des Aufhebungsvertrages noch nicht bekannt war, gegen eine Abstandszahlung von EUR 60.000 vorzeitig aufheben.

Die Klägerin fordert von dem Beklagten u.a. die Zahlung von EUR 60.000. Der Beklagte verwies auf die Abgeltungsklausel. Darüber hinaus habe der Vertragsschluss im Interesse der Gesellschaft gelegen und stelle daher keine Pflichtverletzung dar.

Das Urteil des OLG München vom 18.04.2017, Az.: 7 U 3130/17

Die Berufung des Beklagten, der in der ersten Instanz verloren hatte, hatte keinen Erfolg. Der Beklagte habe gegen seine Pflichten als Geschäftsführer verstoßen, indem er den Mietvertrag ohne Zustimmung der Gesellschafterversammlung abgeschlossen und daher seine Geschäftsführungsbefugnis missbraucht habe. Dabei sei es insbesondere unerheblich, ob der Abschluss des Mietvertrages im Interesse der Klägerin gewesen sei. Das Handeln im Interesse der Gesellschaft könne zwar im Allgemeinen die Pflichtwidrigkeit eines Handelns ausschließen; über konkret vertraglich geregelte Pflichten wie die Beachtung von Geschäftsführungsbefugnissen helfe dies aber nicht hinweg.

Dem Beklagten sei es zudem nach Treu und Glauben verwehrt, sich insofern auf die Abgeltungsklausel zu berufen. Der Beklagte habe sein Verhalten und die daraus entstandenen Schäden gegenüber der Klägerin als Dienstherrin vor Abschluss des Aufhebungsvertrages arglistig verschwiegen. Zudem hätten die Gesellschafter auch nicht anderweitig Kenntnis erlangen können, da der Beklagte den Sachverhalt bewusst verschleiert habe. So tauchte etwa der Mietvertrag weder in den Geschäftsbüchern auf, noch wurde die Miete von einem Konto der Klägerin abgebucht.

Anmerkung

Die Befugnisse des Geschäftsführers werden regelmäßig limitiert, in der Regel im Anstellungsvertrag, einer Geschäftsordnung und oft auch im Gesellschaftsvertrag. Vor allem der Abschluss bedeutsamer Geschäfte wird dem Zustimmungsbedürfnis der Gesellschafterversammlung unterstellt. Während der Geschäftsführer also nach außen die Gesellschaft stets unbeschränkt vertritt, kann im Innenverhältnis (zwischen Gesellschaft und Geschäftsführer) die Geschäftsführungsbefugnis beschränkt werden. Das Urteil des OLG München stellt klar, dass diese interne Beschränkung strikt gilt. Eine Ausnahme bei vorteilhaften Geschäften gibt es nicht. In dringenden Fällen kann sich der Geschäftsführer allenfalls auf eine Zustimmungspflicht berufen, muss aber die Gesellschafter sofort informieren und um schnellstmögliche Zustimmung bitten.

Die Nichtberücksichtigung der Abgeltungsklausel ist folgerichtig: Der Geschäftsführer hatte absichtlich und wissentlich den Verstoß verschwiegen, also vorsätzlich gehandelt. Für vorsätzliches Handeln haftet man immer, es sei denn, der Verstoß ist der anderen Partei bekannt und sie hat wissentlich auf Schadensersatzansprüche verzichtet. Auch der oft gebräuchliche (aber hier nicht vereinbarte) Zusatz, dass auch unbekannte Ansprüche abgegolten sind, hätte dem Geschäftsführer daher wohl nicht geholfen.

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