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Compliance: Risiken beim sog. „Outstaffing“ in der Ukraine

Die Compliance-Pflicht der Geschäftsleitung endet nicht an der deutschen Grenze. Vielmehr haben Vorstände und Geschäftsführer neben der Einhaltung inländischen Rechts auch dafür zu sorgen, dass ausländische und international geltende Vorschriften beachtet werden, in deren Geltungsbereich das Unternehmen fällt. Dass gerade Auslandsachverhalte die Haftungsgefahren für Unternehmen und damit einhergehend der Geschäftsleitung drastisch erhöhen können, haben die Compliance-Skandale der jüngeren Vergangenheit und insbesondere das „Siemens/Neubürger“-Urteil des LG München I gezeigt. So waren es in nahezu allen Fällen von Non-Compliance Mitarbeiter auf Ebene ausländischer Tochter- und Enkelgesellschaften, die gegen geltendes Recht verstoßen haben. Die Folgen sind regelmäßig erhebliche unmittelbare oder mittelbare Schäden der nicht direkt beteiligten Muttergesellschaft und Reputationsverluste des Gesamtkonzerns.

Vor dem Hintergrund der politischen Spannungen und des schwierigen wirtschaftlichen Umfelds in der Ukraine haben zahlreiche dort ansässige ausländische Unternehmen in den letzten Jahren die Anzahl eigener einheimischer Mitarbeiter in den Niederlassungen vor Ort deutlich reduziert. Vielfach wird hierbei auf sog. „Outstaffing“-Lösungen zurückgegriffen, bei denen die Arbeitnehmer nicht mehr bei einer Konzerntochter, sondern einem hierauf spezialisierten Drittanbieter angestellt werden.

Diese Praxis birgt allerdings erhebliche Compliance-Risiken. Aufgrund der Besonderheiten des ukrainischen Arbeitsrechts könnten die zuständigen Behörden das jeweilige Outstaffing-Modell im Einzelfall als Gesetzesverstoß werten und sanktionieren. So müssen Outstaffing-Anbieter grundsätzlich in einer speziellen Liste der ukrainischen Arbeitsagentur registriert sein. Dies ist in der Praxis derzeit jedoch nicht möglich, da es noch immer an der Verabschiedung einer entsprechenden Durchführungsverordnung fehlt.

In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass die Generalstaatsanwaltschaft der Ukraine im Jahr 2017 offizielle Ermittlungen wegen Steuerhinterziehung und Geldwäsche gegen zwei Outstaffing-Anbieter eingeleitet hat. Die betreffenden Dienstleister, „Promotion Outsourcing“ und „Promotion Staff“, beschäftigen Mitarbeiter für eine Vielzahl der größten ukrainischen Unternehmen sowie für Niederlassungen diverser internationaler Konzerne. Nach Angaben der Ermittlungsbehörde haben die beiden Outstaffing-Anbieter ein Einstellungsmodell angewandt, durch das dem Staatshaushalt eine Milliarde UAH, umgerechnet ca. 32 Mio. EUR, vorenthalten wurden. Im Juni 2018 wurde der Behörde per Gerichtsbeschluss erlaubt, die Büros der Unternehmen zu durchsuchen und Dokumente zu beschlagnahmen sowie ggf. einzuziehen.

Unternehmen, deren Tochtergesellschaften oder Niederlassungen in der Ukraine auf Outstaffing-Lösungen setzen, sollten, angesichts der damit einhergehenden Compliance-Risiken, dringend überprüfen, ob die gewählte Konstruktion nicht gegen ukrainisches Recht verstößt. Ferner sollten auch die jeweiligen Dienstleister einer Prüfung unterzogen werden. Ein zeitnahes internes oder externes Compliance-Audit zur Ermittlung der sich aus dem Outstaffing ergebenden Risiken ist unbedingt zu empfehlen.

Kontakt:
Dr. Barbara Mayer
Victoria Melnychenko, Integrites, Kiew

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