uwe steingroever baurecht 9.jpg

Wer Geld für die Mangelbeseitigung will, muss auch reparieren

Wer ein mangelhaftes Werk behält und den Mangel nicht beseitigen lässt, kann Minderung oder Schadenersatz nicht mehr nach den fiktiven Mangelbeseitigungskosten berechnen (BGH, Urteil vom 22. Februar 2018, Az. XII ZR 46/17).

Der Fall

Die Natursteinplatten im Außenbereich eines viergeschossigen Wohnhauses weisen erhebliche Mängel infolge von Planungs- und Ausführungsfehlern auf. Die Auftraggeberin verklagt den Bauunternehmer und den Architekten parallel nach ihrem jeweiligen Verschuldensanteil auf Schadenersatz. Sie berechnet den Schaden nach dem fiktiven Mangelbeseitigungsaufwand, das Objekt verkauft sie während der laufenden Berufungsinstanz mit den Mängeln. Das OLG Düsseldorf gibt der Klage mit Ausnahme der verlangten Umsatzsteuer statt. Der BGH hebt die Entscheidung aber auf und weist das Verfahren an das OLG zurück. Damit gibt er seine bisherige Rechtsprechung auf und legt zugleich umfassende Leitlinien für die künftige Entscheidung vor.

Die Folgen

Der BGH versagt den Rückgriff auf die fiktiven Mangelbeseitigungskosten sowohl für die Berechnung des Schadenersatzes wie auch der Minderung, wenn der Mangel gar nicht beseitigt wird. Denn der tatsächliche Nachteil des Auftraggebers würde so überkompensiert, da dieser ja gerade nicht die Kosten der Mangelbeseitigung hat. Der Schaden muss vielmehr durch die Differenz zwischen dem Wert der Sache mit und ohne Mangel ermittelt werden, wobei im Zweifel auf den vereinbarten Preis für den mangelhaften Teil der Leistung zurückgegriffen werden kann. Beseitigt der Auftraggeber den Mangel, hat er weiterhin Anspruch darauf, dass ihm die tatsächlich entstandenen Kosten erstattet werden. Auch bleibt dem Auftraggeber weiterhin der Anspruch auf Vorschussleistung, wenn er denn tatsächlich die Mangelbeseitigung beabsichtigt. Die gleichen Grundsätze wendet der BGH auf das Rechtsverhältnis zum Architekten an. Auch dort soll der Schadenersatz – oder der Minderungsanspruch – nur dann auf die Mangelbeseitigungskosten gerichtet sein, wenn der Mangel tatsächlich beseitigt wird.

Was ist zu tun?

In den Vordergrund rückt künftig die Herstellung des mangelfreien Werks. Dies ist auch der Grundgedanke der VOB/B, wie der BGH mehrfach betont. Spannend wird die Lösung von Fällen werden, bei denen erfolgreich ein Vorschuss erstritten, dann aber die Mangelbeseitigung „vergessen“ wird. Der BGH erlaubt, dass von fiktiven Mangelbeseitigungskosten auf einen Kostenvorschussanspruch als später eingetretene Veränderung des Interesses nach umgestellt wird (§ 274 Nr. 3 ZPO). Insbesondere in bereits laufenden Verfahren bedarf es deshalb keiner zustimmungspflichtigen Klageänderung.

Kontakt > mehr