andreas imping arbeitsrecht 1.jpgnadja schmidt vertriebsrecht.jpg

Arbeitsvertragliche Ausschlussfristen

Das BAG hat mit Urteil vom 28.09.2017 (8 AZR 67/15) entschieden, dass nach § 310 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 1 BGB bei der Anwendung der §§ 305 ff. BGB auf Arbeitsverträge die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen sind. Deshalb könne eine arbeitsvertragliche beidseitig wirkende Ausschlussklausel, die zwar Personenschäden - im Einklang mit § 309 Nr. 7 Buchst. a BGB - ausdrücklich nicht erfasst, jedoch Schäden im Sinne des § 309 Nr. 7 Buchst. b BGB nicht ausnimmt, in der Regel Bestand haben. Denn im Arbeitsverhältnis führe eine Verfallmöglichkeit von Ansprüchen wegen sonstiger Schäden im Sinn des  § 309 Nr. 7 Buchst. b BGB typischerweise nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung des Arbeitnehmers.

Sachverhalt

Die Parteien streiten vor dem Hintergrund einer arbeitsvertraglichem Ausschlussfristenregelung im Wege der Klage über die Rückzahlung eines dem Arbeitnehmer gewährten Mitarbeiterdarlehens und im Wege der Widerklage über die Zahlung einer Provision.

Der Arbeitsvertrag enthält eine zweistufige Verfallsregelung, die konkret wie folgt lautet:

㤠13 Ausschlussfristen

(1) Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden. Die Nichteinhaltung dieser Ausschlussfrist führt zum Verlust des Anspruchs.

(2) Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von zwei Wochen nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von drei Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird. Die Nichteinhaltung dieser Ausschlussfrist führt zum Verlust des Anspruchs.

(3) Die Ausschlussfristen der Absätze 1 und 2 gelten nicht für Ansprüche wegen Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit und ebenfalls nicht bei vorsätzlichen Pflichtverletzungen.“

Erstinstanzlich wurde der Klage des Arbeitgebers im Hinblick auf bereits fälliger monatlicher Raten stattgegeben und im Übrigen, einschließlich der Widerklage, abgewiesen. Auf die Berufung des Arbeitnehmers hat das LAG die Klage insgesamt abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Dagegen richtete sich die Revision des Arbeitgebers, die erfolgreich war. Das BAG gab der Klage statt und wies die Widerklage des Arbeitnehmers ab.

Entscheidungsgründe

Das BAG befand, dass die Ausschlussfristenregelung des Arbeitsvertrags einer AGB-Kontrolle standhalte.

Dies begründetes das BAG damit, dass keine überraschende oder ungewöhnliche Klausel im Sinne des § 305c BGB vorliege, zumal sie durch die im Fettdruck hervorgehobene Überschrift „Ausschlussfristen“ deutlich erkennbar sei. Auch seien ein- und zweistufige Ausschlussklauseln im Arbeitsleben durchaus üblich.

Es liege auch kein Verstoß gegen § 202 Abs. 1 BGB, § 276 Abs. 3 BGB oder § 309 Nr. 7 BGB vor.

Weil die Ausschlussfrist in § 13 Abs. 1 i.V.m. § 13 Abs. 3 des Arbeitsvertrags nicht für Ansprüche wegen Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit und Ansprüche wegen vorsätzlichen Pflichtverletzungen gelte, seien sowohl § 276 Abs. 3 BGB – wonach die Haftung wegen Vorsatzes dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden darf –, als auch § 202 Abs. 1 BGB – wonach die Verjährung bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden kann – gewahrt. Ausdrücklich gewahrt sei dadurch auch § 309 Nr. 7 Buchst. a BGB, wonach ein Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit, die auf einer fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders oder einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Pflichtverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Verwenders beruhen, unwirksam ist.

Die Regelung sei auch nicht deswegen unwirksam, da von der Verfallmöglichkeit nach § 13 Abs. 1 des Arbeitsvertrages die Haftung für sonstige Schäden, die auf einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders beruhen (§ 309 Nr. 7 Buchst. b BGB) erfasst seien.

Denn nach § 310 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 1 BGB seien bei der Anwendung der §§ 305 ff. BGB auf Arbeitsverträge die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen. Daher sei es unschädlich, dass in § 13 Abs. 1 iVm. § 13 Abs. 3 des Arbeitsvertrags der Parteien das Klauselverbot des § 309 Nr. 7 Buchst. b BGB insofern nicht beachtet wird.

Im Arbeitsrecht seien „sonstige Schäden, die auf einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung“ iSv. § 309 Nr. 7 Buchst. b BGB beruhen könnten, typischerweise nicht solche Schäden, die der Arbeitnehmer gegen den Arbeitgeber – also gegen den Verwender der AGB –, sondern im Gegenteil solche, die der Arbeitgeber gegen den Arbeitnehmer geltend machen könnte. Von besonderer praktischer Bedeutung sei dabei die Haftung des Arbeitnehmers für Sachschäden bei betrieblich veranlassten Tätigkeiten.

Zuletzt hat das BAG festgestellt, dass die Klausel auch nicht gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verstoße.

Hinweise für die Praxis

Ausschlussfristen befinden sich in zahlreichen Arbeitsverträgen. Danach verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer bestimmten Frist geltend gemacht werden. Das BAG hat nunmehr für mehr Rechtsklarheit im Hinblick auf die AGB-Kontrolle von Ausschlussfristen gesorgt, so dass sich den Entscheidungsgründen wichtige Anhaltspunkte für die vertragliche Gestaltung von Ausschlussfristen entnehmen lassen. Aber nicht nur beim Abschluss neuer Arbeitsverträge sollte auf die Formulierung von Ausschlussfristen hohe Sorgfalt gelegt werden, sondern auch bei jeder Vertragsänderung sollte die bisherige Ausschlussfristenregelung auf den Prüfstand gestellt werden.

Kontakt > mehr