Stefan Daub, Fachanwalt für Arbeitsrecht

Widerruf einer Dienstwagenüberlassung aus wirtschaftlichen Gründen unwirksam

Das LAG Niedersachsen hat am 28.03.2018 entschieden, dass eine Klausel in einem Arbeitsvertrag, die den Arbeitgeber u.a. dazu berechtigt, die Dienstwagengestellung „aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens“ zu widerrufen, ohne nähere Konkretisierung des aus dieser Richtung kommenden Widerrufsgrundes, zu weit gefasst ist.

Sachverhalt

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit eines Widerrufs des Rechts des Arbeitnehmers, einen Dienstwagen auch privat zu nutzen.

Im schriftlichen Arbeitsvertrag hatten Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbart, dass der Arbeitgeber berechtigt ist, die Dienstwagengestellung jederzeit für die Zukunft aus sachlichen Gründen, insbesondere aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens, der Leistung oder des Verhaltens des Arbeitnehmers, zu widerrufen und die Herausgabe des Dienstwagens zu verlangen, sofern dies für den Arbeitnehmer zumutbar ist. Die Parteien hatten zudem einen erläuternden Katalog von Gründen im Vertrag aufgenommen („insbesondere“), in dem Gründe für einen etwaigen Widerruf genannt wurden. U.a. hatten sie die Freistellung des Arbeitnehmers von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung, den Wegfall der tatsächlichen Arbeitsleistung nach Ablauf etwaiger Entgeltfortzahlungszeiträume, die Änderung der Arbeitsaufgabe, das Ruhen des Arbeitsverhältnisses oder auch den Verlust der Fahrerlaubnis aufgeführt.

Da die Beklagte in den Geschäftsjahren 2014 und 2015 Verluste in zweistelliger Millionenhöhe erwirtschaftete, traf sie die unternehmerische Entscheidung, künftig Poolfahrzeuge einzusetzen, die nur zu dienstlichen Zwecken genutzt werden können, und sie widerrief mit Schreiben vom 06.06.2016 gegenüber dem Kläger wegen der schlechten wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens die Überlassung des Dienstwagens und damit die Gewährung der Privatnutzung mit Wirkung zum 30.06.2016.

Entscheidungsgründe

Klauseln, die dem Verwender das Recht einräumen, die Hauptleistungsplichten einzuschränken, zu verändern, auszugestalten oder zu modifizieren, unterliegen grundsätzlich einer Inhaltskontrolle. Das LAG Niedersachsen erachtete die Ausübung des Widerrufs im vorliegenden Fall bereits deshalb für unwirksam, weil die vertragliche Klausel als allgemeine Geschäftsbedingung nicht den formellen Anforderungen des § 308 Nr. 4 BGB entsprach. Für einen wirksamen Widerrufsvorbehalt müsse die Klausel in ihren Voraussetzungen und Folgen für den anderen Vertragsteil ein gewisses Maß an Kalkulierbarkeit der möglichen Leistungsänderungen gewährleisten. Der Sachgrund müsse in der Klausel in einer Weise konkretisiert werden, die dem Arbeitnehmer deutlich mache, was auf ihn zukommen kann. Bei den Widerrufsgründen müsse zumindest die Richtung angegeben werden, aus der der Widerruf möglich sein soll. Der Grad der Störung (wirtschaftliche Notlage des Unternehmens, negatives wirtschaftliches Ergebnis der Betriebsabteilung, nicht ausreichender Gewinn, Rückgang bzw. Nichterreichen der erwarteten wirtschaftlichen Entwicklung) müsse – je nach Lage der Dinge – konkretisiert werden. Diesen Anforderungen werde die im entschiedenen Fall vereinbarte Widerrufsklausel nicht gerecht.

Das Landesarbeitsgericht erkennt zwar an, dass der Arbeitgeber wegen der Ungewissheit der wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens und der allgemeinen Entwicklung des Arbeitsverhältnisses ein anerkennenswertes Interesse daran hat, bestimmte Leistungen, insbesondere „Zusatzleistungen”, flexibel auszugestalten. Der vereinbarte Widerrufsvorbehalt sei inhaltlich aber zu weit gefasst. Es sei unklar, ob mit der Formulierung „wirtschaftliche Entwicklung“ etwa eine wirtschaftliche Notlage des Unternehmens, Verluste oder aber bereits ein Gewinnrückgang, rückläufige Umsätze oder ein Nichterreichen der erwarteten wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens gemeint sei.

Nach Ansicht des Gerichts ist zudem auch nicht jeder Grund, der die wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens betrifft, ein anzuerkennender Sachgrund für den Entzug der Dienstwagennutzung und der damit verbundenen privaten Nutzungsmöglichkeit. Für den Arbeitnehmer sei es typisierend betrachtet auch unzumutbar, die Entziehung aus wirtschaftlichen Gründen hinzunehmen, wenn der Dienstwagen für die auszuübende Tätigkeit noch gebraucht werde und kostengünstigere Alternativen nicht vorhanden seien.

Eine hinreichende Konkretisierung sei schließlich auch nicht dadurch erfolgt, dass die Klausel den Entzug des Dienstwagens nur erlaube „sofern dies dem Arbeitnehmer zumutbar ist“. Mit dem Erfordernis der Zumutbarkeit habe der Arbeitgeber lediglich den Wortlaut des § 308 Nr. 4 BGB wiederholt.

Hinweise für die Praxis

Das LAG Niedersachsen folgt mit dieser Entscheidung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts.

Der Arbeitgeber wollte sich voraussichtlich mit der von ihm verwendeten Klausel an bisherigen allgemeinen Vorgaben der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes orientieren. Damit ein Widerrufsvorbehalt gem. § 308 Nr. 4 BGB formell wirksam vereinbart ist, müssen die widerrufbare Leistung und die Widerrufsgründe aber hinreichend konkret bezeichnet sein. Arbeitgeber sollten in Klauseln deshalb (zulässige) Widerrufsgründe möglichst konkret benennen – zu allgemein gefasste Klauseln halten die Gerichte im Streit für unzulässig.

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