Stefan Daub, Fachanwalt für Arbeitsrecht

Vergütung von Reisezeiten bei Auslandsentsendung

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit Urteil vom 17.10.2018 entschieden, dass die für Hin- und Rückreise erforderlichen Zeiten wie Arbeit zu vergüten sind, wenn der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer vorübergehend zur Arbeit ins Ausland entsendet.

Sachverhalt

Der Kläger wurde vom beklagten Bauunternehmen als technischer Mitarbeiter beschäftigt und arbeitsvertraglich verpflichtet, auf wechselnden Baustellen im In- und Ausland zu arbeiten. Das Bauunternehmen entsandte den Kläger vom 10.08. bis zum 30.10.2015 auf eine Baustelle nach China. Auf Wunsch des Arbeitnehmers buchte der Arbeitgeber für die Hin- und Rückreise anstelle eines Direktfluges in der Economy-Class einen Flug in der Business-Class mit Zwischenstopp in Dubai. Er zahlte dem Arbeitnehmer für die angefallenen vier Reisetage die arbeitsvertraglich vereinbarte Vergütung für jeweils acht Stunden an diesen Tagen.

Der Arbeitnehmer verlangt mit seiner Klage Vergütung für weitere 37 Stunden an diesen Tagen. Seiner Ansicht nach sei die gesamte Reisezeit wie Arbeit zu vergüten.

Entscheidungsgründe

Während das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen hatte, gab das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz ihr auf Basis des zur Anwendung kommenden Tarifvertrages statt. Die Revision des Arbeitgebers hatte vor dem Fünften Senat des BAG teilweise Erfolg.

Das BAG ging davon aus, dass bei einer vorübergehenden Entsendung ins Ausland die Reisen zur auswärtigen Arbeitsstelle und von dort zurück ausschließlich im Interesse des Arbeitgebers erfolgten und deshalb „in der Regel“ wie Arbeit zu vergüten seien. Für „erforderlich“ hat das BAG dabei aber nur die Reisezeiten angesehen, die bei einem Flug mit der Economy-Class angefallen wären. Da das Landesarbeitsgericht zum Umfang der tatsächlich erforderlichen Reisezeiten keine ausreichenden Feststellungen getroffen hatte, verwies das BAG den Rechtsstreit unter Aufhebung des Berufungsurteils zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurück.

Hinweise für die Praxis

Ob sich die Entscheidung in die bisherige Rechtsprechung des BAG zur Frage der Reichweite des Begriffs der vergütungspflichtigen Arbeitszeit einreiht, kann erst beurteilt werden, wenn der Volltext der Entscheidung vorliegt.

Das BAG hatte mit Urteil vom 03.09.1997 entsprechend der gesetzlichen Regelung in § 612 Abs. 1 BGB entschieden, dass Reisezeiten, die ein Arbeitnehmer über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus im Interesse des Arbeitgebers aufwendet, dann als Arbeitszeit zu vergüten sind, wenn das vereinbart oder eine Vergütung „den Umständen nach“ zu erwarten ist. Es hat mit Entscheidung vom 20.04.2011 für einen Beifahrer im Kraftgewerbe ausgeführt, dass die gesetzliche Regelung die Vergütungspflicht des Arbeitgebers allein an die „Leistung der versprochenen Dienste“ knüpft. Für die gesetzliche Vergütungspflicht sei ausschließlich entscheidend, ob der Beifahrer mit dem Verbringen von Zeit während der Fahrt neben dem Fahrer oder in einer Schlafkabine vertraglich geschuldete Arbeit erbracht habe, was das BAG bejahte. Zu beachten ist, dass der Vergütungsanspruch für die Reisezeit vom Landesarbeitsgericht auf Regelungen eines anwendbaren Tarifvertrages und nicht auf die gesetzliche Regelung gestützt wurde.

Weiter ist zu beachten, dass es im nach wie vor anhängigen Rechtsstreit „nur“ um die Frage geht, ob Reisezeiten zu vergüten sind, nicht hingegen um die weitere für die Praxis wichtige Frage, ob passive Reisezeiten, wie vorliegend im Flugzeug, auch Arbeitszeiten im Sinne des Arbeitszeitgesetzes sind.

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