Dr. Christoph Fingerle, Fachanwalt für Arbeitsrecht

Übergangsregelung zum Mindestlohn für Zeitungszusteller verfassungsgemäß - Nachtarbeitszuschlag

Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 25. April 2018 - 5 AZR 25/17 -  entschieden, dass die Übergangsregelung des § 24 Abs. 2 MiLoG, die für Zeitungszustellerinnen und Zeitungszusteller einen bis zum 31. Dezember 2015 auf 75 %, ab dem 1. Januar bis zum 31. Dezember 2016 auf 85 % herabgesetzten und für das Jahr 2017 auf 8,50 Euro festgesetzten gesetzlichen Mindestlohn vorgesehen hat, verfassungsgemäß ist und insbesondere nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt. Außerdem hat das Gericht festgestellt, dass dann, wenn die Zeitungszustellung dauerhaft in Nachtarbeit ausgeübt wird, ein Zuschlag i.H.v. 30 % der Grundvergütung als Nachtarbeitszuschlag nach dem Arbeitszeitgesetz angemessen ist, falls nicht eine höhere Vergütung vereinbart ist.

Sachverhalt

Die Klägerin ist seit 2013 bei der Beklagten als Zeitungszustellerin beschäftigt. Sie arbeitet mehr als zwei Stunden ausschließlich zur Nachtzeit und stellt die Zeitungen bis spätestens 6.00 Uhr morgens zu. Arbeitsvertraglich vereinbart sind eine Vergütung auf Stücklohnbasis und ein Nachtarbeitszuschlag von 25 % auf den Stücklohn. Tatsächlich zahlte die Beklagte seit dem 1. Januar 2015 den geminderten Mindestlohn nach § 24 Abs. 2 MiLoG. Die Klägerin hat geltend gemacht, § 24 Abs. 2 MiLoG verstoße gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG und sei deshalb unwirksam. Sie hat mit ihrer Klage für den Zeitraum Januar 2015 bis April 2016 die Differenz zum vollen gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro brutto je Stunde (§ 1 Abs. 2 Satz 1 MiLoG) und einen höheren Nachtarbeitszuschlag verlangt. Dieser müsse nach § 6 Abs. 5 ArbZG auf der Basis des gesetzlichen Mindestlohns berechnet werden und wegen Dauernachtarbeit 30 % betragen.

Die Vorinstanzen hatten einen Vergütungsanspruch lediglich in Höhe des geminderten Mindestlohns angenommen und darauf ein Nachtarbeitszuschlag von 25 % als angemessen angesehen.

Das Bundesarbeitsgericht hat der Klägerin auf ihre Revision einen Nachtarbeitszuschlag i.H.v. 30 % auf das ihr zustehende Bruttoarbeitsentgelt auf der Grundlage des geminderten Mindestlohns zugesprochen, im Übrigen die Revision zurückgewiesen.

Entscheidungsgründe

Das Bundesarbeitsgericht bestätigte hinsichtlich des geminderten Mindestlohns die klagabweisenden Entscheidungen der Vorinstanzen.

Die Klägerin hatte nach Auffassung der Bundesarbeitsrichter im Streitzeitraum nur Anspruch auf den abgesenkten Mindestlohn. § 24 Abs. 2 MiLoG verstoße nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Der Gesetzgeber habe die ihm bei zeitlich begrenzten Übergangsvorschriften vom Bundesverfassungsgericht eingeräumte besondere Gestaltungsfreiheit mit der auf drei Jahre begrenzten Sonderregelung des Mindestlohns für Zeitungszustellerinnen und Zeitungszusteller nicht überschritten.

Allerdings habe die Klägerin auf der Grundlage des § 6 Abs. 5 ArbZG wegen ihrer Dauernachtarbeit Anspruch auf einen angemessenen Nachtarbeitszuschlag. Angemessen sei dieser in Höhe von 30 % des ihr zustehenden Bruttoarbeitsentgelts.

Hinweise für die Praxis

Das Urteil ist für die betroffene Branche von erheblicher Bedeutung. Es schafft Rechtssicherheit hinsichtlich der auf der Grundlage der Sonderregelung gezahlten abgesenkten Vergütung. Über diesen durch Zeitablauf an Bedeutung verlierenden Punkt hinaus schafft das Urteil auch Klarheit in der Frage, welcher Nachtarbeitszuschlag nach dem Arbeitszeitgesetz als angemessen anzusehen ist.

Kontakt > mehr