Dr. Christoph Fingerle, Fachanwalt für Arbeitsrecht

Sozialversicherungspflicht von GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführern

Das Bundessozialgericht hat in zwei neuen Entscheidungen seine jüngere Rechtsprechung zur Sozialversicherungspflicht von GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführern bestätigt (Urteile vom 14.03.2018 - B 12 KR 13/17 R und B 12 R 5/16 R).

Sachverhalte

Die Vorinstanzen hatten jeweils die Sozialversicherungspflicht der beiden klagenden Geschäftsführer bejaht.

Im ersten Fall verfügte der klagende Geschäftsführer über einen Anteil von 45,6% am Stammkapital. Mit seinem Bruder, der als weiterer Gesellschafter die restlichen Anteile hielt, hatte er eine "Stimmbindungsabrede" getroffen. Außerdem war ihm das Angebot unterbreitet, künftig weitere Anteile zu erwerben.

Im zweiten Fall verfügte der klagende Geschäftsführer über einen Anteil von 12% am Stammkapital. Außerdem hatte er vorgetragen, dass er im Außenverhältnis weitreichende Befugnisse habe und ihm häufig Freiheiten hinsichtlich der Tätigkeit, zum Beispiel bei den Arbeitszeiten, eingeräumt würden.

Entscheidungsgründe nach Pressemitteilung

Das Bundessozialgericht hat die Entscheidungen der Vorinstanzen bestätigt und damit die Sozialversicherungspflicht der beiden klagenden Gesellschafter bejaht.

Ein Geschäftsführer – zugleich Gesellschafter der GmbH – ist im sozialversicherungsrechtlichen Sinn nur dann nicht abhängig beschäftigt, wenn er die Rechtsmacht besitzt, durch Einflussnahme auf die Gesellschafterversammlung die Geschicke der Gesellschaft zu bestimmen. Das ist regelmäßig nur dann der Fall, wenn er mehr als 50% der Anteile am Stammkapital hält (Mehrheitsgesellschafter). Ist der Geschäftsführer kein Mehrheitsgesellschafter, kann ausnahmsweise eine Rechtsmacht, die eine abhängige Beschäftigung ausschließt, dann angenommen werden, wenn er exakt 50% der Anteile hält oder bei einer noch geringeren Kapitalbeteiligung kraft ausdrücklicher Regelungen im Gesellschaftsvertrag (Satzung) über eine umfassende ("echte"/qualifizierte) Sperrminorität verfügt, sodass es ihm möglich ist, ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschafterversammlung zu verhindern.

Es kommt nicht darauf an, dass ein Geschäftsführer einer GmbH im Außenverhältnis weitreichende Befugnisse hat und ihm häufig Freiheiten hinsichtlich der Tätigkeit, zum Beispiel bei den Arbeitszeiten, eingeräumt werden. Entscheidend ist vielmehr der Grad der rechtlich durchsetzbaren Einflussmöglichkeiten auf die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung.

Hinweise für die Praxis

In der älteren Rechtsprechung, als sogenannte »Herz-und-Seele-Rechtsprechung« bezeichnet, hatte das Bundessozialgericht der faktischen Wirksamkeit eines GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführers nach außen und innen wesentliche Bedeutung bei der Prüfung der »abhängigen Beschäftigung« und damit der Sozialversicherungspflicht beigemessen.

Diese Rechtsprechung ist ausdrücklich aufgegeben und durch die nunmehr bestätigte abgelöst worden, die man als »Rechtsmacht-Rechtsprechung« bezeichnen könnte. Es kommt damit im Ergebnis nicht darauf an, wer faktisch, also beispielsweise kraft überlegene Fachkunde, Sachkunde, Persönlichkeit etc. die Geschicke der Gesellschaft leitet; es kommt vielmehr darauf an, wer die Rechtsmacht hat, die Geschicke der Gesellschaft leiten zu können – egal ob von dieser Rechtsmacht tatsächlich Gebrauch gemacht wird oder nicht.

Falls die Sozialversicherungspflicht bzw. Nicht-Sozialversicherungspflicht für den/die GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer ein wesentlicher Punkt ist, muss bei der Gestaltungberatung diese – nunmehr als gefestigte zu betrachtende – Rechtsprechung berücksichtigt werden.

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