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Kirchliche Arbeitsvertragsregelungen haben keine drittschützende Wirkung

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat am 24.05.2018 (6 AZR 308/17) entschieden, dass ein kirchlicher Arbeitgeber in den durch das staatliche Arbeitsrecht gesetzten Grenzen wirksam Arbeitsverträge abschließen kann, welche keine oder nur eine eingeschränkte Bezugnahme auf kirchliche Arbeitsvertragsregelungen vorsehen.

Sachverhalt

Die Klägerin war für einen Zeitraum von knapp zwei Jahren bei der Beklagten als Alltagsbegleiterin angestellt. Die Beklagte ist eine gemeinnützige GmbH und Mitglied im Diakonischen Werk evangelischer Kirchen in Niedersachsen e.V., dessen Satzung wie auch kirchengesetzliche Regelungen die Beklagte zum Abschluss von Arbeitsverträgen verpflichtet, die entweder die einschlägigen Tarifverträge oder die Arbeitsvertragsrichtlinien der Diakonie Deutschland in der jeweils geltenden Fassung zur Anwendung bringen. Zwar wurde die Klägerin nach Entgeltgruppe 3 dieser Arbeitsvertragsrichtlinien bezahlt. Hinsichtlich der Entgeltsteigerungen und der in den Arbeitsvertragsrichtlinien vorgesehenen Jahressonderzahlung vereinbarte die Beklagte mit der Klägerin jedoch eine Vergütungshöhe, die hinter dem Niveau der Arbeitsvertragsrichtlinien zurückblieb. Die Klägerin hält die vertraglichen Vereinbarungen, die den Arbeitsvertragsrichtlinien entgegenstehen, für unwirksam und verlangt mit ihrer Klage die Differenzbeträge, die sich aus der Abweichung ergeben.

Die Klage blieb in allen Instanzen erfolglos.

Entscheidungsgründe

Nach Ansicht des BAG entfalten die einschlägigen Satzungsbestimmungen des Diakonischen Werks keine drittschützende Wirkung zugunsten der Arbeitnehmer. Die kirchengesetzlichen Regelungen bänden den kirchlichen Arbeitgeber vielmehr nur im kirchlichen Rechtskreis. Zwar habe der kirchliche Arbeitgeber ggf. kirchenrechtliche Konsequenzen zu befürchten und mit einer Zustimmungsverweigerung der Mitarbeitervertretung zur Eingruppierung zu rechnen, wenn er gegen kirchenrechtliche Vorschriften verstößt. Die Wirksamkeit einer anderslautenden vertraglichen Vereinbarung werde aber durch die Missachtung kirchengesetzlicher Vorgaben hinsichtlich der Ausgestaltung von Arbeitsverträgen nicht berührt. Einem kirchlichen Arbeitgeber sei es in einem solchen Fall auch nicht nach den Grundsätzen von Treu und Glauben nach § 242 BGB verwehrt, sich auf den Inhalt des Arbeitsvertrags zu berufen.

Hinweise für die Praxis

Die Entscheidung des BAG, deren schriftliche Gründe bislang nicht veröffentlicht sind, ist zu begrüßen. Denn es gehört zu den Wesensmerkmalen der verfassungsrechtlich gewährleisteten Kirchenautonomie, dass Anlass und Intensität der Kontrolle und Einflussnahme auf die Einrichtungen der Kirche in eigener Verantwortung bestimmt werden (so bereits BAG, 5.12.2005, 7 ABR 72/06). Es obliegt daher allein den Kirchen und ihren Verbänden, auf ihre Mitglieder dahingehend einzuwirken, die Arbeitsvertragsrichtlinien im Verhältnis zu den Mitarbeitern zur Anwendung zu bringen. Die staatlichen Gerichte sind hierzu nicht berechtigt. Kirchlichen Arbeitgebern ist gleichwohl zu empfehlen, etwaige Abweichungen von den einschlägigen Arbeitsvertragsrichtlinien im Einzelfall sorgfältig zu prüfen, auch um mögliche Konflikte mit den kirchlichen Trägern zu vermeiden.

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