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Kein Zuschuss zum Mutterschaftsgeld für Tagesmütter

Wird eine selbständige „Tagesmutter“, die nach §§ 22 ff., § 43 SGB VIII als Tagespflegeperson Kinder in der Kindertagespflege betreut, schwanger, hat sie keinen Anspruch auf Zuschuss zum Mutterschaftsgeld nach dem Mutterschutzgesetz oder dem Unionsrecht, so das BAG (23.05.2018 - 5 AZR 263/17).

Sachverhalt

Die Klägerin ist als Tagespflegeperson in der Kindertagespflege tätig. Der beklagte Landkreis erteilte ihr als örtlich zuständiger Träger der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe die Erlaubnis zur Betreuung von bis zu fünf gleichzeitig anwesenden fremden Kindern in der Kindertagespflege. Die Betreuungszeiten wurden in Absprache zwischen der Klägerin und den Eltern festgelegt. Für die Betreuung gewährte der beklagte Landkreis der Klägerin laufende Geldleistungen nach § 23 SGB VIII in Höhe von 3,90 Euro pro Kind und Betreuungsstunde. Dieser Anerkennungsbetrag wurde pro Betreuungsjahr für bis zu sechs Wochen Urlaub und bis zu zwei Wochen Krankheit weitergezahlt.

Die Klägerin gebar im März 2014 ein Kind. Sie verlangt vom beklagten Landkreis für den Zeitraum der Mutterschutzfristen von sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt die Zahlung eines Zuschusses zum Mutterschaftsgeld in Höhe der durchschnittlichen wöchentlichen laufenden Geldleistungen. Sie meint, sie sei Arbeitnehmerin des beklagten Landkreises, jedenfalls sei sie als eine solche zu behandeln. Der Anspruch ergebe sich bei unionsrechtskonformer Auslegung des Mutterschutzgesetzes, des § 23 SGB VIII sowie unmittelbar aus der Richtlinie 2010/41/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. Juli 2010 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen, die eine selbständige Erwerbstätigkeit ausüben.

Entscheidungsgründe

Das Bundesarbeitsgericht hat die Vorinstanzen bestätigt und die Klage in der Revisionsinstanz abgewiesen.

Die Klägerin sei als Tagespflegeperson keine Arbeitnehmerin des beklagten Landkreises im Sinne des Mutterschutzgesetzes und auch nicht im Sinne des Unionsrechts. Die Klägerin verrichte für diesen nicht Tätigkeiten nach dessen Weisung. Aus der Richtlinie 2010/41/EU folge kein unmittelbarer Anspruch auf die begehrte Zahlung gegen den beklagten Landkreis, denn die Richtlinie bestimme den Schuldner nicht hinreichend konkret. Gleiches gelte für die UN-Frauenrechtskonvention.

Damit folgt das BAG dem LAG Niedersachsen (29.03.2017 – 13 Sa 399/16), welches feststellte, dass zwischen den Parteien schon kein privatrechtlicher Vertrag bestehe, der eine persönliche Abhängigkeit begründe, sondern dass die Rechtsbeziehung öffentlich-rechtlicher Natur sei. Die Klägerin hatte bei der Betreuungsarbeit nur die gesetzlichen Bestimmungen und das Kindeswohl zu berücksichtigen, im Übrigen war sie in der Gestaltung ihrer Arbeit frei. Auch das SGB VIII gehe von einer selbständigen Tätigkeit aus. Ebenso verlange der unionsrechtliche Arbeitnehmerbegriff eine weisungsabhängige Tätigkeit. Insbesondere sei im vorliegenden Fall zu berücksichtigen, dass die Klägerin regelmäßig mehrere Kinder unterschiedlicher Personensorge bzw. Erziehungsberechtigter in eigenen bzw. von ihr angemieteten Räumlichkeiten betreut. Anders als bei einer Pflegetätigkeit im Haushalt der Personensorge bzw. Erziehungsberechtigten sei die Selbstbestimmtheit der Tagespflegeperson hier deutlich stärker ausgeprägt. Soweit sich Weisungsbefugnisse, etwa hinsichtlich Zeit sowie Art und Weise der Betreuungsleistung ergeben, stünde diese eher den Personensorge bzw. Erziehungsberechtigten zu, mit denen die Klägerin einen Betreuungsvertrag schließt, nicht aber dem Beklagten.

Hinweise für die Praxis

Das LAG hatte bereits sehr klar und ausführlich die Voraussetzungen der verschiedenen Anspruchsgrundlagen geprüft, welche die Klägerin anführt. Dass diese als selbständig und damit nicht als Arbeitnehmerin zu qualifizieren ist, leuchtet ohne Zweifel ein. Die Entscheidung des BAG ist damit – auch wenn das Urteil noch nicht veröffentlicht ist – zutreffend und lässt wenig Raum für Kritik.

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